Das Drachenkind (Die Drachenschwestern Trilogie) (German Edition)
Miri einen Drachen in
glänzendem Grün geschaffen. Für das Grün war Kaja verantwortlich. Miri hatte
sie vor einiger Zeit beiläufig gefragt, welche Farbe ihrer Meinung nach Sierras
Drachen hätte, wenn sie denn einen hätte. Kaja hatte erst gestutzt und dann
spontan Grün genannt. Nachdem Kaja diejenige mit der präzisesten Intuition war,
hatte sie sich daran gehalten. Sie war gespannt, ob und wann sich Sierras
geflügelter Begleiter outen würde. Sierra selbst glaubte nicht daran, dass das
bei ihr je der Fall werden sollte. Was sie nicht weiter störte. Ihre exakten
Worte, als die Freundinnen dieses Thema einmal erörtert hatten, waren: „Ich
habe keinen Drachen, aber das ist auch gut so. Ich freue mich total, dass Lance
uns bekannt gemacht hat. Mit ihm und auch mit Maxi herumzualbern, finde ich
toll. Aber einen eigenen? Das ist nichts für mich. Wir würden ja doch nur
streiten. Zwei solche Dickköpfe, nein, das wäre vermutlich ein Desaster.“
Miri
hoffte, sie würde sich trotzdem über das Geschenk freuen. Von Kaja hatte sie
eine Mutter-Kind-Kerze bekommen mit sanftem Orangen-Lavendel-Duft. Sie fühlte
sich sofort in den Süden versetzt. Herrlich.
Tim
hatte Kaja und Simon ein Bild von seiner Pantanal-Reise mitgebracht, wo er
diesen Herbst gewesen war. Die beiden fragten ihm gerade Löcher in den Bauch,
wie ihre Bilder zustande gekommen waren. Auf Kajas Bild war ein Riesenotter
beim Spielen im Wasser zu sehen. Diese bedrohte Tierart war der Grund für seine
Reise ins Pantanal gewesen. Auf Simons Bild war ein Jaguar zu sehen, der im
Schatten am Rand des Dschungels eine Ruhepause eingelegt hatte.
„Jaguare
sind ähnlich schwierig zu fotografieren wie Leoparden“, erklärte er gerade.
Einzig die Möglichkeiten für den Fotografen sind vielfältiger. Vom Wasser aus
kann man sich unauffällig nähern. Auch Bäume, hinter denen man sich verstecken
kann, gibt es in Ufernähe reichlich. Trotzdem hatte ich auch einfach ein
Riesenglück, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein.“
Miri
hörte nur mit halbem Ohr zu. Sie zog die Karte hervor, die sie zusammen mit
ihrem Geschenk von Sierra erhalten hatte.
Liebe
Miri
Schon
wieder ein Stofftier, ich weiß. Ich kann diesen pelzigen Dingern einfach nicht
widerstehen. Und da du mir momentan die perfekte Ausrede lieferst, dieser
Obsession zu huldigen, wirst du jetzt eingedeckt damit. Allerdings ist dieser
kleine Dachs (da staunst du, was, dass es Dachse als Stofftiere gibt? Verstehst
du jetzt, dass ich ihn unbedingt kaufen musste?) für das kleine Drachenkind.
Aber bis das Kleine geliefert wird, ist er für seine so herrlich normale
Mutter, die nach wie vor auch über andere Dinge spricht, ein eigenes Leben lebt
und mutiger ist als alle anderen. Pass auf dich auf, kleine Drachenschwester!
Fröhliche Weihnachten
Ein
glückliches Lächeln spielte um ihre Lippen, als sie die Karte nochmals las und
dem ungefähr zehn Zentimeter großen Stofftier über den Kopf strich. Sie hatte
vergessen, wie schön es sein konnte, eine Familie zu haben. Ein warmes Gefühl
machte sich in ihrem Inneren breit. „Wir schaffen das schon, kleines Drachenkind.
Du und ich, wir haben Familie. Fehlender Papa hin oder her“, flüsterte sie
entschlossen. Maxi, die sich unauffällig dazu gesellt hatte und im Moment in
Kleinformat auf ihrer Schulter saß, nickte zufrieden.
Wenig
später löste sich die Runde auf. Tim zeigte Simon das Gästezimmer. Kaja half
Miri, die letzten Überreste des Weihnachtsessens zu beseitigen. „Danke. Zu
zweit geht’s einfach schneller. Zudem macht es mehr Spaß.“
„Kein
Problem. Habe ich gerne gemacht.“ Sie hing das Geschirrtuch an seinen Haken. „Ich
geh ins Bett, gute Nacht.“
Miri
umarmte sie. „Ja, schlaf auch gut. Ich gehe nochmal kurz rüber, meine neue
Küche bewundern. Wundere dich also nicht, falls du mich rumoren hörst.“
Kaja
gähnte. „Ist gut. Bis morgen.“
Mit Maxi
an ihrer Seite und Chili, der ihnen auf leisen Pfoten durch den frisch
gefallenen Schnee folgte, wanderte Miri zu ihrem Häuschen. Der Schnee knirschte
leise. Ansonsten herrschte Stille. Hier oben war kein Auto zu hören. Inzwischen
hatte es aufgehört zu schneien. Die Wolkendecke hatte sich an einigen Stellen
gelichtet. Ganz viele Sterne waren sichtbar. Der Schnee glitzerte silbern im
fahlen Mondlicht. Miri blieb ein paar Meter vom Haus entfernt stehen und ließ
den märchenhaften Ausblick auf sich wirken. Chili nutzte die Pause, um eine
Mäusespur zu verfolgen. Durch
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