Das Drachenkind (Die Drachenschwestern Trilogie) (German Edition)
sich. „Komm nach oben. Irgendetwas scheint mit
deinem Freund, der auch hier wohnt, nicht zu stimmen.“
Mein
Freund der auch hier wohnt? wiederholte Miri verwirrt, bis ihr dämmerte, dass ihre
geflügelte Freundin von Adrian sprach. Sie konnte sich nach wie vor nicht
durchringen, ihn beim Namen zu nennen. Drachen. Sturer geht’s nicht. Sie machte
sich auf den Weg ins Obergeschoss. Oh. Hier war auch schon gearbeitet worden,
wie an den Sägespänen am Boden gut zu erkennen war. Anscheinend hatte sie in
den letzten zwei Tagen, während sie entweder in der Küche gehackt, geschnetzelt
oder geschält beziehungsweise am Vortag beim Fertigstellen der Geschenke
gemalt, geformt, verziert und eingepackt hatte, das Meiste verpasst, was so um
sie herum vor ging. Sie beschloss nachher einen Blick ins Badezimmer zu werfen.
Jetzt musste sie erst einmal Maxi und Adrian finden.
Kapitel 24
Sie fand die beiden im
Zimmer gleich links neben der Treppe. Maxi hatte Adrian am Schlafittchen
gepackt und ließ ihn ein paar Zentimeter über dem Boden baumeln. Adrian sah
nicht sehr glücklich damit aus.
Seltsam,
dachte Miri. Sie hatte immer angenommen, Geister seien substanzlos. Aber dann
würde das ja gar nicht funktionieren.
„Das geht
auch nur, weil ich verschiedene Formen annehmen kann“, ließ die Drachin sie
wissen.
„Sozusagen
verschiedene Aggregatszustände?“
„Ja, das
trifft es ziemlich gut.“
„Meint
ihr, ihr könnt die wissenschaftliche Erörterung der Unterschiede zwischen Mensch,
Geist und Drache auf einen späteren Zeitpunkt verschieben?“
„Wieso
denn das? Wo wir es doch gerade so gemütlich haben…“
Miri
musste sich ein Grinsen verkneifen. Maxi genoss die Situation offensichtlich,
ihrer gedehnten Sprechweise nach zu schließen. Sie war sich einigermaßen
sicher, dass ein triftiger Grund für ihr Verhalten vorlag. Zumindest aus der
Sicht der Drachin ein triftiger Grund. Sie beschloss, der Sache auf den Grund
zu gehen und Adrian zu erlösen. Seine Haltung sah sehr ungemütlich aus.
„Maxi,
lass doch Adrian runter. Ich bin sicher, er bleibt auch hier, ohne dass du ihn
gleich aufhängst.“
„Da bin
ich mir nicht so sicher. Gaunern kann man nicht trauen.“
„Gauner?“
„Jawohl,
ein Gauner. Dein kleiner Freund hier klaut wie ein Rabe.“
Miri winkte
ab. „Das weiß ich doch schon längst. Der Briefbeschwerer ist wieder an seinem
alten Platz. Mein Armband hat er Kaja geschenkt. Die wiederum hat es natürlich
sofort zurückgegeben. Du siehst also, das Problem ist gelöst.“
„Das ist
ja alles ganz nett. Aber hast du das auch schon gesehen?“ Dabei drehte sie sich
um und trat einen Schritt zur Seite, Adrians Kragen immer noch in ihrer Pranke,
so dass der arme Kerl hilflos mitgeschwungen wurde.
Jetzt sah
Miri an ihr vorbei und erblickte einen kniehohen Haufen mit Dingen.
Verschiedenes erkannte sie wieder. Natürlich die eigenen Sachen. Aber auch
Sachen von Kaja und Tim. Sogar einer der farbenfrohen Schals von Sierra blitzte
an einer Ecke hervor.
Miri
blinzelte verdutzt. „Was ist das denn?“
„Das ist
privat“, murmelte Adrian.
Maxi
schüttelte ihn, so dass seine wilden Haarsträhnen nur so flogen. „Was hast du
gesagt? Ich kann dich nicht hören.“
„Das ist
privat“, schrie er, so dass selbst die Drachin unwillkürlich ein wenig das Kinn
einzog um mehr Abstand zwischen sich und den Schreihals zu gewinnen. „Laut
genug so? Ha.“ Obwohl ihm sichtlich unwohl war in seiner Situation, schien es
nicht so, als würde er klein beigeben.
Maxis
Augen verengten sich zu Schlitzen. „Wenn ich in deiner Haut stecken würde“, sie
ließ ihre Reißzähne blitzen, „würde ich mich um ein bisschen Kooperation
bemühen.“ Ihre Stimme war leise, besaß aber einen stählernen Unterton. „Soweit
ich mich erinnern kann, wurden Diebe im 18. Jahrhundert gehängt.“
„Und wenn
schon. Tot oder so ähnlich bin ich sowieso schon. Nein, meine Liebe, da musst
du dir schon etwas Besseres einfallen lassen.“
Völlig
perplex starrte der Drache den Gauner an.
Miri
nutzte die kleine Pause um sich einzuschalten. Dieses Spektakel war jetzt weit
genug gegangen. Sie räusperte sich. „Ähem, dieser kleine Exkurs in Geschichte
ist ja ganz interessant. Trotzdem, wenn ich kurz um eure Aufmerksamkeit bitten
dürfte…“ Sie ließ den Satz in der Luft hängen.
Insgeheim
war Maxi froh um die Unterbrechung. Sie war, was selten genug vorkam,
sprachlos. Jemanden zu bedrohen, der ganz offensichtlich nichts zu
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