Das Drachenkind (Die Drachenschwestern Trilogie) (German Edition)
allmählich. Die Tatsache, dass sie fast
täglich neues Material besorgte, tat ihr Übriges. Ihr neuestes Projekt waren
Filzdrachen. Sie hoffte nur, dass diese potentiellen Käufern auch so gut
gefallen würden wie ihr. Sie waren ziemlich groß, etwa so groß wie Chili, und
wurden an durchsichtigen Fäden an der Decke aufgehängt.
„Die
würden sich doch gut über einem Kinderbett machen. Du müsstest sie nur kleiner
machen, dafür mehrere. Für Leute, die sich nicht mit konventionellen Mobiles
anfreunden können“, mischte sich Maxi in ihre Gedanken.
„Hm“,
antwortete Miri unbestimmt, unwillig, sich in ein Gespräch verwickeln zu
lassen, das auch nur ansatzweise mit Nachwuchs zu tun hatte. Obwohl sie schon
in eine ähnliche Richtung gedacht hatte.
„Ich
gebe auf.“
„Was
denn?“, fragte Miri abwesend.
„Dich
zu einem Gespräch unter Erwachsenen über deinen Nachwuchs zu bewegen. Immerhin
ist mir inzwischen klar geworden, weshalb ihr die Kleinen intern brütet und
nicht in einem Ei. Bis ihr Menschen euch dazu entschließen würdet, tatsächlich
auf das Ei zu sitzen, wäre es schon längst zu spät.“
„Kommst
du morgen mit zu Kaja?“, fragte Miri übergangslos.
Maxi
verdrehte die Augen, gab sich für den Moment aber geschlagen. „Klar. Ich will
doch meinen großen Auftritt nicht verpassen.“
„Gut.
Dann rufe ich nachher gleich noch Sierra an und frage sie, ob sie auch kommt.“
Während Miri die Wolle beiseite räumte, fragte Maxi beiläufig: „Meinst du,
Kajas Drache wird auch da sein?“
„Lance?“
Miri warf ihr einen interessierten Blick zu. „Vielleicht. Ich weiß es nicht.
Seit er nicht mehr permanent bei Kaja wohnt, ist es schwierig vorherzusagen, ob
er da sein wird. Wieso? Hättest du denn gerne, dass er da ist?“
„Das
ist mir doch egal. Ich wollte nur wissen, wer alles kommt. So ganz allgemein.“
„Aha.
So ganz allgemein. Weißt du was, Maxi? Du lügst genau so schlecht wie ich.“
Diesmal ignorierte Maxi sie. Miri grinste. Jetzt hatte sie wenigstens etwas,
womit sie ihren Drachen ärgern konnte, wenn dieser wieder einmal schwierige
Themen anschnitt. Ablenkung funktionierte doch immer noch am besten.
„Meinst
du, sie mögen mich?“, fragte Maxi am nächsten Tag besorgt, während sie sich der
Autobahnausfahrt Schaffhausen näherten.
Miri
warf ihrer Begleitung einen verwunderten Blick zu. „Lampenfieber vor deinem
großen Auftritt?“ Da ihr aber auffiel, dass die Schuppen ihres sonst so
gelassenen Drachens tatsächlich nur ganz matt schimmerten anstatt wie sonst
strahlend zu glänzen, beeilte sie sich hinzu zu fügen: „Da bin ich mir sicher.
Kaja kennst du ja schon. Und wenn ich mich nicht irre, Lance auch?“ Die Frage
hing einen Moment unbeantwortet in der Luft.
„Lance
wer?“ Maxi gab sich alle Mühe, ihrer Stimme einen unbeteiligten Klang zu
verleihen. Sie konnte jedoch nicht verhindern, dass die matten, heute Morgen
gerade eben noch blass lilafarbigen Schuppen am Hals aufwärts einen kräftigen,
leuchtenden pink Ton annahmen. Miri verdrehte die Augen.
„Du
hältst entweder dich für einen besseren Schauspieler als du es in Wirklichkeit
bist, oder mich für besonders beschränkt. Lance, Kajas Drache. Und jetzt tu
nicht so, als wüsstest du nicht, von wem ich spreche.“
Pikiert
schaute Maxi sie an. Falls die Drachin Augenbrauen und einen Haaransatz
besessen hätte, wären erstere bis zum zweiten hochgezogen gewesen. Nachdem dies
aber nicht der Fall war, runzelte sich die von kleinsten Schuppen bedeckte Haut
auf der Stirn bis ins Unendliche. Sie machte eine wegwerfende Handbewegung.
„Ach
Lance.“ Sie sprach den Namen absichtlich ein wenig anders, mit einem helleren A
aus. „Kennen würde ich nicht sagen. Unsere Wege haben sich im letzten
Jahrhundert ein paar Mal gekreuzt, das ist alles. Die letzte Begegnung liegt
bestimmt schon 50 Jahre zurück.“
„Wer’s
glaubt wird selig“, schnaubte Miri amüsiert.
„Was
hast du gesagt?“, wollte Maxi mit finsterem Blick wissen.
„Nichts,
nichts“, beeilte sich Miri zu sagen. Ihr war gerade eingefallen, dass es wohl
nicht die schlauste Taktik war, den Drachen zu provozieren, solange sie selber
einige Themen hatte, die sie lieber nicht besprechen wollte.
„Hmpf.
Das will ich auch hoffen.“ Verstimmt schaute sie zum Fenster raus.
Inzwischen
fuhren sie bereits durch Beringen. Inzwischen hatte sich der hartnäckige
Hochnebel der letzten Tage gelichtet und die schwache Novembersonne schickte
ein paar
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