Das Drachentor ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
bietet.«
»Und wenn es ein stinkender Piratenkahn ist«, murmelte Seradir.
Lamina lachte leise. »Es ist nicht nett von dir, die Seeschlange so zu beleidigen. Sie ist ein sehr schönes Schiff. Tom ist stolz darauf. Also lass ihn solche Worte nicht hören.«
»Nein, ich werde meine Zunge im Zaum halten«, versprach Seradir. »Und nun lass uns Tom und seine Seeschlange für eine Weile vergessen – soweit das bei diesem Geschaukel möglich ist.«
Lamina antwortete ihm nicht. Stattdessen küsste sie ihn zärtlich auf den Mund. Seradir erwiderte den Kuss, und für die nächsten Stunden gab es nichts mehr zu sagen. Ihre Körper verstanden sich auch ohne Worte. Nur das Rauschen der Wellen und das Knarren der Planken durchbrachen die Stille der Nacht.
*
Sie kamen gut voran. Erst blies der Wind von Nordwesten und blähte das weiße Tuch. Tom ließ alle Segel setzen. Der Wind war stürmisch, aber nicht zu stark. Am nächsten Tag drehte der Wind auf West. Der Rumpf des Schiffes legte sich auf die Seite, als Tom es so hart an den Wind legte, wie es die Bauweise des Zweimasters zuließ. Lamina blinzelte in die Sonne. Sie verstand nicht viel von Schiffen und der Seefahrt, doch etwas überraschte sie: Sie hatten gedreht und segelten nun genau nach Süden, obwohl die Insel im Osten oder Südosten lag. Der Wind konnte nicht der Grund dafür sein, denn je weiter sie nach Osten abfielen, desto einfacher würde er die Segel füllen und sie vorantreiben. Lamina beschloss, Tom aufzusuchen und ihn zu fragen. An ein Versehen konnte sie nicht glauben.
Sie fand den Kapitän am Ruder bei seinem Steuermann. Er sprach mit Seradir, der mit in die Hüften gestemmten Armen vor ihm stand. Der Wind verwehte ihre Worte, sodass Lamina sie nicht hören konnte, doch dass die beiden Männer sich stritten, war nicht zu übersehen. Rasch trat sie zu ihnen.
»Was ist los? Gibt es Verstimmungen, von denen ich wissen sollte?« Sie sah von einem zum anderen. Beide Männer wirkten trotz des kühlen Windes erhitzt. Tom hatte rote Flecken auf den Wangen.
»Vielleicht ist es dir entgangen«, antwortete Seradir als Erstes, »aber wir segeln in die falsche Richtung!«
»Es ist mir aufgefallen.« Lamina nickte. »Deshalb kam ich her, um Tom zu fragen, warum wir so hart am Wind nach Süden segeln. Wäre es nicht einfacher, den direkten Weg zu nehmen, vor allem, da der Wind von Westen kommt?«
Tom nickte anerkennend. »Du hast viel gelernt. Nicht vielen Passagieren wäre so etwas aufgefallen.«
»Das beantwortet aber nicht ihre Frage«, warf der Elb ein. »Es zeigt nur, dass du eigenmächtig vorgehst und diese Kursänderung nicht mit der Gräfin besprochen hast oder gar auf ihren Befehl hin handelst, wie du es eigentlich solltest. Lautete nicht so die Abmachung, als sie dich aus dem Turm freiließ?«
»Ich bin auf diesem Schiff der Kapitän, und ich nehme von niemandem Befehle entgegen«, antwortete Tom kühl.
Der Elb wollte etwas entgegnen, aber die Gräfin hob die Hand. »Ja, es ist richtig, dass du auf deinem Schiff die Befehle gibst. Auf der anderen Seite hast du mir aber geschworen, mein Vorhaben mit all deinen Kräften zu unterstützen. Und dazu gehört, dass du uns auf dem schnellsten Weg nach Xanomee bringst.«
»Ich habe meine Worte nicht vergessen«, wehrte Tom mürrisch ab. »Und ich werde mein Versprechen halten. Aber ich habe noch andere Verpflichtungen, die ich einhalten muss, wenn ich mir nicht für immer meinen Ruf verderben will.«
»Wodurch kann ein Pirat schon seinen Ruf gefährden?«, schnaubte der Elb.
Tom funkelte ihn gefährlich an. »Du nennst mich einen Piraten? Mag sein, dass ich Dinge auf meinem Schiff anordne, die den Ratsherren von Ehniport nicht gefallen und die sie gern verhindern würden, dennoch bin ich in erster Linie Kapitän eines Schiffes, der Waren und Menschen sicher über das Meer bringt und dem man vertrauen kann. Auf mein Wort ist Verlass!«
»Ach ja?« Der Elb funkelte ihn an. Lamina trat zwischen die beiden Männer.
»Was ist das für eine Verpflichtung, die du unbedingt einhalten willst?«, verlangte sie zu wissen.
»Einhalten muss, wenn ich nicht meinen Ruf ruinieren und die Existenz meiner Mannschaft gefährden will. Denn dann bleibt uns wirklich nur noch die Seeräuberei!«
»Erzähle mir von diesem Auftrag!«, forderte die Gräfin ihn noch einmal auf. »Wohin wird er uns führen und wie viel Zeit verlieren wir?«
»Gehen wir in meine Kajüte«, sagte Tom und wandte sich ab. Lamina und der Elb
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