Das Drachentor ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
Straßenräuber? Sie spürte, wie ihr Gürtel durchtrennt wurde und ihr Beutel herunterfiel. Eine Hand fing ihn auf. Ein paar Münzen klirrten.
Würden sie sich damit zufriedengeben? Es waren nicht viele. Sie konnte es verschmerzen. Rolana hatte ihre Angreifer nicht gesehen und konnte auch ihre Stimmen nicht erkennen, da sie ganz leise sprachen. Es gab also keinen Grund, sie umzubringen. Wussten die Diebe das? Sie blieb stocksteif stehen und versuchte ruhig zu atmen. Noch immer lag eine Hand auf ihrem Mund und noch immer berührte der Dolch ihren Hals. Rolana versuchte, den Geist ihrer Angreifer zu berühren. Sie musste sie davon überzeugen, dass es nicht lohnte, sie zu töten. Soma, hilf mir!, flehte sie im Stillen.
»Und?«, wisperte die Gestalt hinter ihr. Rolana spürte zwei tastende Hände über ihren Leib gleiten. Es fiel ihr schwer, ihnen nicht auszuweichen. Ergötzte sich der Kerl an ihrem Körper oder suchte er nach weiteren Dingen, die sich zu rauben lohnten? Für einen Moment sah sie eine zweite Klinge aufblitzen. Dann das Geräusch von durchtrenntem Stoff.
»Gehen wir«, raunte der Zweite. Rolana sah ein weißes Tuch. Ehe ihr klar wurde, was er vorhatte, drückte er es ihr auf Mund und Nase.
»Schön atmen«, sagte er.
Der Geruch stach ihr in der Lunge. Wollten sie sie vergiften? Sie bemühte sich, die Luft anzuhalten, aber lange hielt sie es nicht aus, dann sog sie den Atem und mit ihm die Dämpfe ein. Ihr letzter Gedanke galt ihrem Gott, dann schwanden ihr die Sinne.
*
»Wo bleibt sie nur? Da stimmt doch etwas nicht!« Cay sprang von seinem Schemel auf.
»Was?« Der Zwerg sah ihn verwundert an.
»Rolana!«, sagte Cay ungeduldig. »Sie wollte zur Grube hinters Haus, aber sie ist schon viel zu lange weg.«
»Vielleicht will sie am Pier noch ein wenig frische Luft schnappen. Hier drin ist es ja auch zu stickig«, gab der Zwerg zurück.
Doch Ibis erhob sich ebenfalls und zog einen ihrer gebogenen Dolche.
»Cay hat Recht. Das ist nicht Rolanas Art. Wir sollten nachsehen!«
Und schon war sie an der Tür. Cay beeilte sich, ihr zu folgen.
Sie mussten nicht lange suchen. Am Ende des engen Durchgangs zum Hof regte sich etwas am Boden und stöhnte. Ohne sich um den stinkenden Morast zu kümmern, ging Ibis neben der Gestalt in die Knie.
»Rolana«, hauchte Cay und schob seine Hände unter ihre Achseln, um ihr beim Aufstehen zu helfen. »Was ist passiert?«
Sie kam langsam zu sich, war aber noch nicht in der Lage, ihnen zu berichten.
»Ich vermute mal, sie ist nicht einfach ausgerutscht und hat sich den Kopf angeschlagen«, sagte die Elbe skeptisch. Sie schnupperte und bewegte ihre Nase hin und her. »Außerdem riecht hier etwas sehr seltsam.«
»Hier stinkt es furchtbar nach altem Fisch und Latrine«, bestätigte Cay. »Was erwartest du?«
»Nein, das meine ich nicht«, wehrte die Elbe ab. »Ich rieche etwas, das nicht hierher gehört. Ich kenne diesen Geruch, aber mir fällt nicht ein, woher.«
Nun näherte sich ihre Nase Rolanas Brust und dann ihrem Hals.
»Ich glaube, mir wird schwindelig!«
In diesem Moment entdeckte Ibis den Schnitt am Hals der Priesterin. Sie pfiff durch die Zähne.
»Bring sie mal näher ins Licht. Ich glaube, Rolana ist nur knapp einem Messer entgangen, das ihre Kehle durchschneiden wollte.«
Cay stieß einen erstickten Schrei aus und trug Rolana zur Gasse, auf der noch rege Betriebsamkeit herrschte und einige Fackeln brannten. Er wollte sie ins Gasthaus bringen, doch Ibis befand, dass ihr die frische Luft am Hafen sicher besser bekommen würde. So trug Cay sie an den Pier und setzte sie auf einen Felsblock. Rolana stöhnte und schlug die Augen auf.
»Was ist geschehen? Mir ist schlecht!« Cay hielt sie fest, während sie sich übergab. Ibis lief zum Gasthaus zurück, um die anderen zu holen.
»Du bist überfallen worden. Kannst du dich an irgendetwas erinnern?«, fragte Cay, als es Rolana wieder besser ging. Die Freunde standen um sie herum und sahen sie an.
»Ich weiß nicht mehr genau«, begann Rolana stockend. »Ich bin in den Hof zur Grube gegangen. Da waren ein paar Ratten. Sie liefen weg, als ich um die Ecke kam. Und als ich zurückgehen wollte, konnte ich sie wieder rascheln hören – das dachte ich jedenfalls. Ich habe etwas gespürt und meinem Gefühl keine Bedeutung beigemessen!« Sie seufzte und schwieg für einen Moment. Die anderen sahen sich beunruhigt an, drängten sie aber nicht. Endlich sprach Rolana weiter.
»Sie war kräftig. Eine Hand hat
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