Das Drachentor ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
ist Jahrzehnte her, dass ich das letzte Mal in Ehniport war.«
»Zu meiner Zeit war der Rappe ein ganz ordentliches Haus, in dem viele Kaufleute verkehrten und das nicht überteuert war«, gab Ibis Auskunft, hob aber dann die Schultern. »Keine Ahnung, ob es noch so ist. Das Gasthaus liegt im Südosten der Stadt, nahe am Hafen, aber nicht so, dass man den Gestank in der Nase hätte.«
Rolana nickte. »Gut, dann lasst uns hinreiten und es uns ansehen.« Lahryn runzelte die Stirn, nickte dann aber und setzte sein Pferd wieder in Bewegung.
Das Gasthaus erwies sich als annehmbar. Es hatte nicht nur einen weiträumigen Dachboden mit billigen Strohmatratzen. Es bot sogar Kammern mit zwei oder drei Betten zu einem anständigen Preis. Auch das Essen roch appetitlich und die Gaststuben machten einen gepflegten Eindruck. Die Freunde mieteten sich zwei Kammern und trafen sich dann zu einem Nachtmahl in der kleineren der beiden Gaststuben, in der es ruhiger zuging und nicht so voll war. Sie bestellten zwei Krüge Wein, eine Schüssel Bohneneintopf mit Speck, frisches Brot und zwei gebratene Hühner. Als das Essen serviert und der erste Hunger gestillt war, berieten sie, wie sie weiter vorgehen sollten.
»Wir können schließlich nicht in die Akademie platzen, mit der Axt auf den Tisch schlagen und die Herausgabe der Drachenfigur verlangen«, sagte Thunin. Ibis kicherte bei dieser Vorstellung.
»Nein, das wäre nicht ratsam«, stimmte ihm Lahryn mit einem Schmunzeln zu.
»Wie wäre es, wenn ich mich dort ein wenig unauffällig umsehe?«, schlug die Elbe vor. »Wenn mir der Drache zufällig begegnet, kann ich ihn mitbringen, und wir haben eine Sorge weniger.«
»Nein!«, wehrten die Freunde wie aus einem Munde ab. Ibis klappte beleidigt den Mund zu und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Ich denke, es ist am besten, wenn ich der Akademie einen freundschaftlichen Besuch abstatte und ein paar Gespräche führe«, schlug Lahryn vor.
»Wir begleiten dich«, sagte Cay. Der alte Magier schüttelte den Kopf.
»Nein, es würde den falschen Eindruck erwecken, wenn ich dort mit drei grimmig dreinsehenden, bewaffneten Begleitern ankäme. Ich würde vorschlagen, dass Rolana mich begleitet. Sie hat ein gutes Gespür für Menschen und kann sicher herausfinden, ob sie die Wahrheit sagen.«
Rolana, die in den vergangenen Tagen sehr schweigsam gewesen war, fuhr ein wenig zusammen, als ihr Name fiel. Ihr Blick huschte unstet durch die Gaststube und kehrte dann zu den Freunden zurück.
»Aber ja, ich komme gern mit«, sagte sie hastig.
»Würde es dir etwas ausmachen, dich umzukleiden?«, bat Lahryn. Rolana sah ein wenig verwirrt an ihrem neuen Wams und der wildledernen Reithose bis zu ihren Stiefeln herab. »Ach, du meinst, meinem Stand und dem Orden angemessen?« Sie lächelte.
Lahryn nickte. »Ja, so dachte ich.«
Am nächsten Morgen verließen die Gefährten das Gasthaus, um der Akademie der magischen Künste einen Besuch abzustatten. Sie war in einem schönen Gebäude untergebracht, an einem Park, der von prächtigen Villen gesäumt wurde. Die Schönsten lagen unten am Fluss mit weitläufigen Gärten, die bis zum Ufer hinunterreichten. Dieser Arm des Ehnis war nicht mit Schmutz und Abfällen verseucht, wie etwa die beiden Läufe, die durch das Marktviertel und die Quartiere der Handwerker flossen und die zuweilen mehr Kloaken glichen. Die Abfälle der Färbereien und Gerber in der Nähe des Hafens taten das Übrige, um das Wasser dort vollends zu vergiften. Armut, Krankheit und Verzweiflung herrschten in den Vierteln, die sich im Norden vom Meer bis zum Westtor zogen, doch davon bekamen die Reichen in ihren Villen im schönen Süden von Ehniport nichts mit.
Cay und Thunin hatten es sich nicht nehmen lassen, die beiden Freunde zur Akademie zu begleiten. An dem schmiedeeisernen Torbogen, der in den Park führte, schickte Lahryn sie weg. Sie gehorchten nur widerwillig.
»Glaubt ihr, uns könnte in der Akademie etwas zustoßen?«, fragte Rolana, die nun ein einfaches, langes Gewand aus dunkelgrauem Wollstoff und einen Mantel mit Kapuze trug.
»Nein, natürlich nicht«, gab Cay zu. »Vielleicht hat uns das Leben in der Wildnis zu misstrauisch gemacht, als dass wir uns so einfach umstellen könnten.«
»Ja, vielleicht«, stimmte ihm Rolana zu und lächelte zum Abschied. »Was werdet ihr tun?«
»Er will unbedingt zum Hafen und mir die großen Schiffe zeigen, die das Meer durchpflügen«, sagte Thunin mit einem Schaudern. Er
Weitere Kostenlose Bücher