Das Drachentor ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
verbunden. Es führt über einen anderen Weg und darf nur von uns höheren Priesterinnen benutzt werden. Gebt Euch keine Mühe, Ihr werdet keinen der Zugänge auf der anderen Seite finden!« Sie maßen sich mit Blicken, und Tonya war sich nicht sicher, wer das Duell gewinnen würde.
»Geht nun«, sagte die Priesterin schließlich. »Auf der anderen Seite wartet eine Kutsche auf Euch, in der Ihr auch angemessene Kleidung finden werdet. Novizin Tonya sollte besser nicht in den Gewändern unseres Ordens nach Draka reisen. Außerdem rät ihr die Mutter Oberin, ihr Amulett zu behalten, es jedoch gut unter ihren Gewändern zu verbergen.«
Astorin nickte knapp und führte seinen Rappen unter den Bogen. Tonya folgte ihm. Es kam ihr vor, als träte sie in kühles Wasser. Ihre Bewegungen und selbst ihre Gedanken wurden träge. Jeder Schritt forderte mehr Anstrengung als der vorherige. Sie fühlte sich, als wäre sie in einen der Sumpftümpel mit ihrem zähen Schlamm geraten, der einen nicht wieder freigab, war man erst einmal in seine tödliche Falle getreten. Tonya blinzelte. Nur verschwommen konnte sie den Magier mit seinem Ross erkennen. Das Tier schien ganz normal weiterzugehen. Tonya ruderte mit den Armen und versuchte so, schneller voranzukommen. Als sie spürte, wie ihre Kräfte sie verließen, war es plötzlich vorbei. Sie befanden sich zwar immer noch in einer Art überwölbtem Gang, doch ihr Blick und ihre Gedanken waren wieder klar, und ihre Beine bewegten sich ohne Widerstand. Der Weg stieg nun an und endete in einem rechteckigen Raum. Durch die Ritzen eines Holztores fielen dünne Lichtbänder auf den Boden und ließen den tanzenden Staub aufleuchten. Irgendwo schnaubten Pferde. Astorin schob die Torflügel auf. Grelles Sonnenlicht blendete Tonya, sodass sie blinzeln musste. Nun sah sie die Kutsche hinten an der Wand. Eine leichte Reisekutsche mit moderner Federung und bequemem Polster, wie sie der Adel bevorzugte. Sie war schwarz mit goldenen Verzierungen und einem Wappen am Schlag, das Tonya nicht kannte. Zwei Rappen waren bereits eingespannt. Edle, kräftige Tiere. Die junge Frau wunderte sich immer mehr, und es war ihr, als könnte sie Unbehagen über das hagere Antlitz ihres Begleiters huschen sehen. Sicher dachten sie das Gleiche: Was wusste Mutter Morad, und wie weit reichte ihre Macht?
Ein Hüsteln ließ Tonya herumfahren. Ein Mann stand im offenen Torbogen. Im Gegenlicht konnte sie nur seine Silhouette erkennen. Er verbeugte sich und trat dann in die Schatten der Halle.
»Mein Name ist Ramon. Ich bin Euer Kutscher, verehrter Meister, verehrte Dame. Wenn Ihr Euch umgekleidet habt und bereit seid, können wir fahren.« Er trug eine dunkelblaue Livree mit goldenen Knöpfen. Nicht aufdringlich, aber edel, so wie es sich für einen Diener aus einem hohen Adelshaus gehörte. Er schnallte eine Ledertruhe von der Kutsche hinten los, stellte sie vor Tonya und öffnete den Deckel. Sie fand zwei prächtige Kleider, ein schlichtes Reisegewand, Hemd und Unterkleid, Schuhe und Schmuck.
Nach den langen Jahren in ihrer rauen Kutte würde sie sich an diese Stofffülle erst gewöhnen müssen. Hoffentlich behinderte sie sie nicht zu sehr in ihrer Bewegungsfreiheit. Sie warf Astorin einen fragenden Blick zu.
»Worauf wartest du? Zieh dich um und dann lass uns endlich aufbrechen.« Ungeduldig schritt er auf und ab.
Ramon führte Tonya in eine Kammer, reichte ihr die gewählten Kleider und zog sich dann diskret zurück. Die junge Frau hatte einige Schwierigkeiten mit den Haken und Bändern, doch dann saß das Reisekleid und hüllte ihre Figur perfekt ein. Selbst die Farbe war zu ihrem kastanienbraunen Haar gut gewählt. Zu gut, als dass es sich um einen Zufall handeln konnte! Sie bürstete ihre Locken, die sie schon lange nicht mehr offen getragen hatte, schlang ein Band um sie, damit sie ihr nicht ins Gesicht fielen, und kehrte dann in die Halle zurück.
»Meister Astorin, ich bin bereit.«
Er fuhr herum. Seine Ungeduld wandelte sich erst in Erstaunen und dann in Zufriedenheit.
»Recht ansehnlich«, lobte er knapp. »Was so eine Kutte alles verbergen kann. – Und nun steig ein.«
Er schwang sich in den Sattel. Ramon verneigte sich, öffnete den Schlag und half ihr beim Einsteigen. Dann stieg er auf den Kutschbock und knallte mit der Peitsche. Die Kutsche setzte sich schwankend in Bewegung. Eine Weile sah Tonya aus dem Fenster. Mutter Morad hatte ihnen starke, ausdauernde Pferde besorgt, die in gleichmäßigem
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