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Das Drachentor

Titel: Das Drachentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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stolperte Alasar fast in den Rücken, so schwungvoll war er vom Pferd gestiegen, und strich sich hastig die Haare glatt.
    »Hallo, Rahjel.« Magaura senkte den Blick. »Wie geht es dir?«
    »Oh, gut. Und dir?« Ein dritter Reiter kam bei ihnen an. Er zügelte sein grauscheckiges Pferd und lächelte Magaura an.
    »Tivam!« Sie ergriff seine Hände. »Und? War die erste Schlacht so aufregend für dich, wie du gehofft hast?«
    »Es geht«, erwiderte er langsam. Tivam zeigte seine Begeisterung nur selten offen. »Ich dachte, es würden mehr Männer sein. Aber da waren mehr Drachen als Krieger.«
    »Also habt ihr …?«
    Alasar nickte und blinzelte in die Sonne. Im Gegensatz zu Magaura genoss er jeden Augenblick, den er draußen verbringen konnte. »Die Männer, die wir überfallen haben, hatten gleich mehrere Drachen für uns gefangen, stell dir vor. Und ich denke, wir haben auch einen geeigneten Drachenfänger erwischt.«
    »Sind Kinder gestorben?«, fragte Magaura. Alasar hatte sich wieder auf sein Pferd geschwungen. Er reichte ihr die Hände und zog sie vor sich auf den Pferderücken.
    »Nein. Unbedeutend …«
    Magaura schwieg. Sie hatte sich an diese Antwort gewöhnt. Als sie die dunklen Höhlen erreichten, atmete sie erleichtert aus. Dabei gab es schon seit Jahren keinen Grund mehr, die Oberfläche zu meiden. Längst waren in der Nähe neue Siedlungen entstanden und die Menschen hatten sich an ihre haradonischen Besatzer gewöhnt. Selbst der neu ausgebrochene Krieg hatte den Großteil der Bevölkerung noch nicht erreicht. Und doch hegte Magaura nicht den Wunsch, die Höhlen zu verlassen. Nur hier, im Schutz der Dunkelheit und der meterdicken Felswände, fühlte sie sich geborgen.
    Jungen und Mädchen kamen ihnen entgegen und begrüßten Alasar und seine Mitstreiter. Die Karren mit den verwundeten Drachen und dem bewusstlosen Fänger wurden unter großem Aufwand in die Tiefen ihres Reiches geschleppt. Auch die Pferde der Reiter wurden in ihre unterirdischen Ställe geführt. Manchmal wenn Magaura die geschäftigen Arbeiter beobachtete, musste sie daran denken, dass sie Ameisen glichen. Wie von kleinen Insekten wurde alles rasch und selbstverständlich verrichtet und die Beute instinktiv in den richtigen Winkel ihres Baus geschleppt.
    Alasar, Magaura, Rahjel und Tivam gingen den Kriegern voran, spiralförmige Treppen hinunter, durch niedrige Tunnelgänge, Stollen und Hallen, in denen das Echo von Arbeit und Betriebsamkeit nie verstummte. Höhlenkinder waren überall; sie übten sich im Kampf, trugen Körbe voll mit getrocknetem Fleisch, geernteten Wurzeln und Gemüse zu den Kochkesseln, schnitzten an langen Holzspeeren und erneuerten Fackeln. Karren voll Salz wurden aus den entlegenen Tunnelschächten zu den Vorratsräumen geschafft. Hunderte von jungen Leuten tummelten sich in den großen Grotten, die Zentrum ihres Reiches waren. Die jüngsten Höhlenkinder waren erst sieben oder acht. Es waren Kriegswaisen wie alle, doch nicht seit der großen Schlacht, die länger zurücklag als ihre Geburt - ihre Eltern waren später durch die Hand der Haradonen gestorben. Die Ältesten waren über zwanzig. Aber hier unter der Erde, im dunklen Reich der Grotten und Felsen, die vor allen Städten der Welt da gewesen waren - was zählten da schon die Jahre eines Menschenlebens? Sie waren die Kinder der jahrtausendealten Höhlen und würden immer Höhlenkinder bleiben.
    Als sie Alasar sahen, machten sie ihm und den Kriegern Platz. Zufrieden glitt sein Blick über die geschäftige Menge, während Magaura neben ihm so beschwingte Schritte machte, dass ihr Rock die Salzreste vom Boden aufwirbelte.
     
    Stöhnend richtete Revyn sich auf. Es war dunkel um ihn bis auf ein schwaches rötliches Licht, das von irgendwoher strahlte. Vorsichtig betastete er seine Schläfe und führte seine Finger vor die Augen. Klebriges Blut haftete an ihnen. Ihm waren Rinnsale über das Gesicht gelaufen, unter denen seine Haut sich gespannt anfühlte. Revyn wollte sich den Dreck abreiben, doch jede Berührung mit seinem Kopf tat so weh, als wären alle Nerven bloßgelegt.
    Schließlich drehte er sich um - und entdeckte den Mann mit dem Wolfsfell, der unmittelbar vor seinem Gefängnis hockte. Erschrocken fuhr Revyn auf. Der Mann lächelte ein wenig. Er hatte sich den Ruß abgewaschen, und nun erkannte Revyn sein Gesicht, die schmalen, verkniffenen Lippen und die Augen, die in ihren dunklen Höhlen glommen wie glatter Stein.
    »Du bist im Reich der

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