Das Drachentor
ihn befreien.«
Als Khaleios schwieg, richtete Yelanah sich auf und drehte sich zu ihm um. »Du weißt, dass er der Menschenjunge ist, der die Elfen vor dem Verschwinden bewahrt. Dass er der große Ahirah ist. Nicht nur ich, auch du brauchst ihn! Mit deinen Visionen kannst du herausfinden, wo er ist, und dann schickst du deine Krieger, um ihn zu retten.«
»Meine Krieger?« Bitterer Spott trat in Khaleios’ Gesicht. »Ich habe keine Krieger. Wir haben Jäger und Fährtensucher, ja - aber was nützt uns das für eine Schlacht? Und außerdem: Wieso sollte ich mich jetzt um den Jungen bemühen, den du mir zuvor nicht geben wolltest? Du mischst dich in meine Pläne, die Pläne unserer Zukunft ein und dann soll ich deine Fehler wiedergutmachen! Sieh dich doch an: schwach und verletzt, die große Meleyis , die auf eigene Faust Krieg führt!«
Yelanah spürte, wie sich ihr Inneres verkrampfte. Sie packte die Umschläge an ihren Armen und Beinen und warf sie einen nach dem anderen auf die Erde. »Du - du musst mir helfen! Wenn du nicht tust, was ich sage, dann - ich will, dass du den Jungen zurückbringst! Du kannst es! Sag mir, wo er ist, dann hole ich ihn selbst!«
Khaleios erhob sich. »Befehle mir nicht, Yelanah. Ich lasse dich gesund pflegen, aber für deine Handlungen bist nur du verantwortlich. So wolltest du es doch: Du tust, was du für richtig hältst, und ich tue, was ich für richtig halte. Was das ist, geht dich nichts an.«
Yelanah starrte ihn an, doch sein Gesicht war verschlossen und hart. Er würde sich nicht erweichen lassen. Stattdessen kehrte er ihr den Rücken, um die Hütte zu verlassen. Wütend packte sie einen der Kräuterumschläge und warf ihn nach Khaleios. Er drehte sich empört um. »Du blinder Narr! Du liegst so falsch! Da hast du deine Hilfe zurück!«
»Genug!« Khaleios wehrte ärgerlich die Blätter und Körner ab, die Yelanah ihm entgegenschleuderte. Mit großen Schritten kam er auf sie zu, aber Yelanah war flinker und entwischte ihm. Bevor er sie fassen konnte, stand sie unter dem Laubvorhang.
»Wenn du mir nicht hilfst, dann schaffe ich es allein! Ich hoffe, deine Visionen haben dich einsam genug gemacht!« Noch ehe Khaleios die Tränen sehen konnte, die über ihre Wangen liefen, hatte Yelanah den Hang erreicht und rannte aus dem Dorf.
Rahjel winkte in die Menge. »Magaura! Hier!« Als sie ihn zwischen den anderen lachenden und tanzenden Kindern entdeckte, huschte ein Lächeln über ihre Lippen. Sie lief auf ihn zu. Umgeben von den drehenden Tanzpaaren, den wehenden Röcken und springenden Füßen, berührten Rahjels Hände kaum merklich die ihren.
»Willst du tanzen?«, fragte er und musste sich nah zu ihr vorbeugen, um im fröhlichen Lärm des Festes verstanden zu werden.
»Wo ist Alasar?«
»Er ist bei diesem Drachenfänger.«
Magaura lächelte wieder und Rahjel erwiderte das Lächeln. »Ja, gerne.« Sie trat einen Schritt näher. Seine linke Hand legte sich um ihre Taille. Einen Augenblick später wirbelten sie mit den anderen Tanzpaaren durch die Halle.
Der erfolgreiche Beutezug wurde in vollen Zügen gefeiert. Ganze dreiundzwanzig Drachen waren erobert worden und davon waren fünf sogar schon gezähmt. Ein großes Feuer prasselte in der Mitte der Halle, über dem zwei Ochsen gebraten wurden. Essensduft hing in der Luft und Rahjel atmete tief ein. Selbst gebrannter Kartoffelschnaps spritzte auf sie herab, als ein junger Mann seinen Krug schwenkte. Ein kleines Mädchen rannte lachend zwischen den Tanzenden hindurch, verfolgt von einer ganzen Horde von Kindern. Rahjel sah ihnen nachdenklich hinterher. Immer wieder vergaß er, wie schnell die Zeit verging. Jahre trennten ihn bereits von diesen Kindern. Dabei erinnerte er sich noch so gut an die Spiele, die er damals gespielt hatte.
Das Gefühl seiner Kindheit überkam ihn wie ein merkwürdiger Schauder. Wie viel sorgloser er damals gewesen war! Oder kam es ihm nur so vor, weil er seine einstigen Sorgen und Ängste vergessen hatte? Ja, auch früher hatten sie viele Schwierigkeiten gehabt, nur waren sie von immer neuen Problemen verdrängt worden.
Rahjel atmete tief aus und wirbelte weiter durch die Menge der Tanzenden, drehte und drehte sich im Kreis, bis alles rings um ihn verschwamm außer Magauras Gesicht.
Schicksal
Verzweifelt presste Revyn Daumen und Zeigefinger gegen die Nasenwurzel. Je länger er über seine Situation nachdachte, umso schlimmer schien sie zu werden. Er war von Myrdhanern verschleppt worden. Und
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