Das Drachentor
dürfen. Jetzt in der Dunkelheit erkennt ihr nicht viel, aber morgen im Tageslicht werdet ihr über die Größe des Platzes staunen.« Er wandte sich an die Soldaten, die mit ihnen gereist waren, und gab ihnen ein Zeichen. Sie stiegen von ihren Pferden.
»Folgt mir zu euren Schlaf lagern, damit ihr euch ausruhen könnt«, sagte einer der Soldaten, an die Männer des Dorfes gewandt, und ging auf die Baracken zu. »Morgen erwartet euch der erste Tag eurer Ausbildung.«
Zögernd und neugierig folgten die Männer ihm. Doch als Revyn ihnen nachreiten wollte, sagte Meister Morok: »Du nicht.« Im Schein der Fackeln funkelten seine kleinen Augen. »Du, mein Junge, wirst ein Drachenkrieger. Folge mir.«
Meister Morok, der jüngere Händler und Revyn überquerten mit den Drachen den Platz, der weitaus größer war, als Revyn anfangs vermutet hatte. Scheinbar endlos zogen sich die Hüttenreihen durch die Dunkelheit. Er versuchte, sich vorzustellen, wie viele Krieger in den Baracken wohnten. Es mussten mindestens dreitausend sein, aber Revyn war schlecht im Schätzen. Es hätten auch dreißigtausend sein können.
Er war so in schwindelerregende Zahlen vertieft, dass er die Treppe erst bemerkte, als er unmittelbar vor ihr stand: Wie die erste Treppe, die zu den Soldatenbaracken führte, war auch diese eine Abgrenzung zwischen zwei Stadtteilen. Ein Wachposten kam ihnen entgegen und ließ sie nach einem kurzen Wortwechsel mit Meister Morok weitergehen. Ehe der Händler den Treppenabsatz erreichte, drehte er sich noch einmal zu Revyn um.
»Willkommen«, sagte er geheimnisvoll, »bei der Elite Logonds. Du wirst arbeiten und trainieren. Du wirst schwitzen und dir wünschen, du wärst nie hergekommen. Aber dafür wird dir ganz Logond zu Füßen liegen. Logond - und die Welt.«
»Wieso ausgerechnet mir?«, entfuhr es Revyn. »Ich, ich habe Euch beleidigt … Wieso macht Ihr es mir leichter als den anderen?«
Wieder schien es, als habe Meister Morok nur darauf gewartet, dass Revyn ihn das fragte. »Ich dachte, das wäre uns beiden klar. Du hast ein Talent, das offensichtlicher ist als die Absichten einer Straßendirne. In dir fließt Heldenblut. Zusammen mit Starrsinn und Unverschämtheit, versteht sich.« Damit trieb er seinen Drachen an und erklomm die letzten Stufen. Revyn folgte ihm verstört. Talent - er ? Er war nicht stark, nicht ehrgeizig und mutig erst recht nicht. Was könnte er den anderen Männern seines Dorfes denn voraushaben, dass ausgerechnet er ein Drachenkrieger werden sollte?
Mit einem dunklen Blick starrte er den Rücken des Händlers an. Wahrscheinlich spürte Meister Morok das Böse, das in Revyn lauerte. Ja, das musste es sein. Was Revyn von den anderen Männern unterschied, war, dass er Menschen getötet hatte. Und wer könnte ein besserer Krieger sein als ein Mörder?
Sie erreichten einen runden Platz. Statt Baracken säumte ihn ein riesiges Gebäude, das von mächtigen Holzbalken gestützt wurde. Hier und dort führten steile Treppen zu einer Art Sims hinauf, das rund um die Stadtmauer zu verlaufen schien.
»Junge!« Meister Morok musterte ihn fragend. »Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen.«
Revyn wandte ihm flüchtig das Gesicht zu. »Tut mir leid.«
»Ha!«, lachte der andere Händler. »Siehst Geister, obwohl du hier viel Besseres zu sehen bekommen kannst. Guck mal nach oben. Was siehst du da? Ja, unsere berühmten Drachen der Windgarde!«
Revyn blickte hoch. Auf der Stadtmauer gab es tatsächlich Ställe. In der Dunkelheit erkannte er nicht mehr als Schatten, doch das Klirren und Rasseln der Ketten war unverkennbar: Über ihnen schliefen mehrere Dutzend Drachen.
»Na, da staunst du, was?«, bemerkte Meister Folchs. »Die tragen alle keine Drachengurte. Ihre Flügel sind frei und luftig wie der Himmel selbst!«
»Wie werden sie geritten?«, fragte Revyn. Ohne Gurte hatte ein Reiter kaum Platz auf dem Drachen und musste weit vorne sitzen, wo ihm die Hörner gefährlich werden konnten.
»Sie werden ja nicht geritten«, erklärte Meister Folchs, »sondern geflogen. Da ist jede Unbequemlichkeit des Reiters zweitrangig. Da geht es nur darum, in der kurzen Zeit, die sich der Drache mit dem Reiter oben halten kann, so viele Pfeile abzuschießen wie möglich.« Revyn nickte langsam. Es musste unglaublich sein, auf einem Drachen zu fliegen - allein sie zu reiten war schon ein Erlebnis. Der junge Händler schien ihm anzusehen, was er dachte, und grinste breit.
»Erwarte nicht, dass du
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