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Das Drachentor

Titel: Das Drachentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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dazu, lauter, geschweige denn deutlicher zu sprechen. Revyn hatte alle Mühe, ihm durch das Durcheinander auf dem großen Platz zu folgen, ohne permanent in jemanden hineinzulaufen oder über etwas zu stolpern.
    »Weißte, ich bin der unterste Stallmeister der Winddrachen. Is nur neun Ränge weit weg vom obersten Stallmeister. Die Ställe der Reitdrachen sin heilig, Logonds Schatz, ja. Aber die Kronjuwelen, sag ich dir - die Kronjuwelen, das sin die Ställe der Winddrachen. Weißte, wie viel so’n Tier wert is? Bis die so eine Stunde fliegen können, mit dem schweren Reiter drauf, und bis die das überhaupt zulassen und trainiert sind, sodass sie den Reiter nich einfach abwerfen - das dauert und kostet schon mal’n paar Lehrlinge. Is natürlich viel schwieriger als bei den Reitdrachen, denen man einfach die Flügel festbindet.«
    Der Stallmeister hielt kurz im Sprechen inne, als ein krachendes Geräusch und anschwellende Rufe hinter ihm erklangen: Revyn wäre beinahe von einem Wagen überfahren worden und hatte den Heukorb eines Drachenkriegers umgestoßen. »Tut - tut mir leid!«, stammelte er, auf einem Bein hüpfend, und versuchte verzweifelt, das Heu aufzusammeln. Rücklings stolperte er gegen seinen Begleiter.
    »He, Kamerad …« Der Stallbursche grinste. »Was machste denn? Du wurdest nich zum Heuaufkehren eingeteilt. Und Vorschriften sin nun mal Vorschriften. Die Winddrachenställe sin gleich hier drüben.«
    Revyn beeilte sich diesmal, nicht wieder einem Wagen in die Quere zu kommen. Ungeduldig zupfte er sich ein paar Heuhalme aus den Zöpfen. Dann erreichten sie eine schmale Treppe, die so steil zu den Stadtmauern hinaufführte, dass Revyn fast ein wenig schwindelig wurde. Der Stallmeister erzählte ihm gerade von dem Brandmal, das er (oder jemand anderes, das bekam Revyn nicht ganz mit) versehentlich mit einem glühenden Eisen auf den Hintern bekommen hatte.
    »… und so war’s dann also’n Kochtopf«, schloss der Stallbursche feixend, als sie endlich oben ankamen. Revyn machte sich nicht die Mühe, etwas darauf zu erwidern. Vor ihnen lag ein fast zehn Meter breiter Weg, der in einem Halbkreis um den Stadtteil der Drachenkrieger führte und somit gut einen Kilometer lang war. Einen Augenblick verweilte Revyn, wo er stand, und konnte nichts anderes tun, als zu starren. Die Größe des Viertels, das ja nur den Drachenkriegern gehörte, raubte ihm den Atem. Funkelndes Gewimmel herrschte von hier bis zur gegenüberliegenden Wehrmauer. Dahinter erstreckte sich nichts als blauer Himmel, wie ein Seidentuch, das man über all das rege Leben gespannt hatte. Unter dem Platz der Drachengarde lag die restliche Stadt: ein Haus neben dem anderen, unzählige Turmspitzen und Dächer und Schornsteine in einem Dschungel aus Ziegelsteinen, Holz und Stroh. Logond erstrahlte in all seinem Glanz und seiner Größe im zarten Licht des Morgens. Revyn hatte nie etwas so Schönes, so Imposantes gesehen.
    »Na, auf geht’s, hier entlang, Kamerad«, näselte der Stallbursche und schwenkte den langen Arm in eine Richtung. Mit großen Augen ging Revyn ihm hinterher. Ein paarmal versuchte er, über die Stadtmauer zu spähen, aber die Holzpflöcke waren an dieser Stelle zu hoch.
    »Ähm - Scheschno !« Als der Stallbursche sich verwundert zu ihm umdrehte, räusperte Revyn sich. »Wie hoch ist eigentlich die Stadt? Logond, meine ich?« Er beeilte sich, neben den Stallmeister zu kommen, um ihn besser zu verstehen.
    »Na, es heißt, irgendwann wollte mal’n König von Haradon eine Stadt bis in Himmel baun. Wenn wer von der Mauer runterfällt, sollte er erst als Greis auf’m Boden wieder aufkomm. Stell dir mal vor, dein Leben geht weiter, während du fällst! Ich mein, verdammt verrückt, oder?« Revyn befürchtete, dass der Stallmeister diese Vorstellung tatsächlich für möglich hielt. »Jedenfalls ist Logond noch nich so hoch. Hab noch nie gehört, dass wer als Greis unten aufgekommen wär.«
    Bald erreichten sie eine Stelle, an der der Weg in einen Platz auslief, der aussah wie ein übergroßer, langer Balkon. Sie waren bei den Ställen der Winddrachen angekommen.
    Unter riesigen Überdachungen aus Stroh und Holzbalken standen die Tiere dicht gedrängt. Schwere Eisenketten verbanden die Drachen durch ihre Halsbänder miteinander. Ihre Flügel waren nicht wie bei Reitdrachen festgebunden und so wirkten sie noch beeindruckender als sonst.
    »So, und jetzt zur Arbeit«, sagte der junge Mann überraschend deutlich. »Die Ställe

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