Das dreizehnte Opfer: Thriller (German Edition)
Stoß Gelbe Seiten, alle noch in Plastikfolie eingeschweißt.
Dr. McDonalds Stimme hallte von irgendwo unter mir durchs Treppenhaus. »Ist es auch nicht gefährlich, da raufzugehen?«
»Gefährlich?« Ich blickte mich um und betrachtete die vergammelten Topfpflanzen. »O doch, hier wimmelt’s nur so von wild gewordenen Ninjas.« Pause. »Natürlich ist es nicht gefährlich!« Ich packte das Geländer und hievte mich die Stufen zum obersten Stock hoch.
Hier gab es zwei Wohnungstüren; vor einer lag ein Fuß abstreifer, ein schmuddeliges Rechteck auf dem sandigen Teppichboden. Der Name » MCMILLAN « stand in krakeliger Kinderschrift auf einer kleinen Holztafel über der Klingel.
Ich lehnte mich an die Wand und wartete.
Drei Minuten später sah ich Dr. McDonalds Kopf um die Ecke lugen. »Sie können sich den Sarkasmus sparen, okay? Es ist ja nicht so, als ob ich Sie absichtlich nerven will, ich habe einfach gewisse … Probleme mit unbekannten geschlossenen Räumen.«
Es war ein Wunder, dass man sie unbeaufsichtigt herumlaufen ließ.
Ich klopfte an die Tür.
Sie wurde von einem Polizeibeamten in weißem Hemd und Krawatte geöffnet, einem Outfit, das sämtliche Strei fenpolizisten schon vor Jahren gegen Darth-Vader-Schwarz eingetauscht hatten. Seine lange Nase war mit einem Netz von feinen Äderchen überzogen, die dunklen Augen unter der schmalen Stirn standen auffällig weit auseinander. Auf seinen schwarzen Epauletten glänzten silberne Streifen, die ihn als Sergeant auswiesen. Er musterte Dr. McDonald eingehend, dann wandte er sich mir zu und rümpfte die Nase. »Sind Sie Henderson? Lassen Sie doch mal Ihren Ausweis sehen.«
Alter Wichtigtuer. Ich zückte wieder meinen Dienstausweis. »Sind Sie vom Opferschutz?«
Ein Nicken. »Super, danke. Sie müssen entschuldigen, aber hier versuchen dauernd irgendwelche Pressefuzzis, sich mit allen möglichen Tricks Zutritt zu verschaffen – wollen uns weismachen, dass sie hier im Haus wohnen oder dass sie Verwandte oder Freunde der Familie sind …« Er wies mit dem Daumen über die Schulter. »Die Eltern sind im Wohnzimmer, zusammen mit so einem Gehirnkrüppel von der Klatschpresse.«
»Wie ist der denn reingekommen?«
»Die. Die McMillans haben sie raufgebeten. Sie und ihr Scheckbuch. Sie erlauben ihr, die Geburtstagskarte zu veröffentlichen.«
»Das ist doch … Die Karte ist ein Beweisstück in einer laufenden Ermittlung! Wieso haben Sie sie nicht rausgeschmissen? Muss ich denn wirklich –«
»Wir können die Familie des Opfers nicht daran hindern, Leute zu sich einzuladen – es ist schließlich ihre Wohnung.« Der Opferschutzbeamte wölbte die Brust. »Und im Übrigen, Detective Constable , ist es mir vollkommen egal, ob Sie zu Dickies ›Partycrasher-Truppe‹ gehören.« Er klopfte sich auf die Schulter, und die schwarze Epaulette mit den silbernen Streifen wackelte. »Sehen Sie die? Die heißen so viel wie › Sergeant ‹, also passen Sie auf, was Sie sagen. Ihr Typen von der sogenannten ›Special Task Force‹ seid doch alle gleich. Ich sag Ihnen mal was: Wenn ihr so speziell seid, wieso habt ihr dann den Gratulator noch immer nicht geschnappt? Partycrasher, hm? Ihr seid doch so verplant, dass ihr nicht mal den Weg zur Geburtstagsparty finden würdet.«
Schweigen.
Ich ballte die Fäuste – die Knöchel protestierten knirschend. Hau dem Kerl eine rein, los. Er ist Sergeant – und wenn schon: wär ja nicht das erste Mal –
Dr. McDonald stellte sich genau zwischen uns in die Tür. »Wirklich blöd – also, ich meine, natürlich nicht Sie, Sie sind ja nicht blöd, aber im übertragenen Sinn, ich meine, wir arbeiten doch alle auf ein gemeinsames Ziel hin, aber wir haben unterschiedliche Belastungen und Erwartungen.« Sie blickte lächelnd zu dem Sergeant auf, worauf dieser zurückwich. »Als Opferschutzbeamter müssen Sie ja sicher mit enormen Belastungen fertigwerden; ich heiße übrigens Dr. Alice McDonald, ich bin Kriminalpsychologin, also ich meine, nicht etwa eine kriminelle Psychologin – so was gibt es nur in Filmen und wahrscheinlich auch in Büchern und so weiter, aber nicht im wirklichen Leben –, ist es okay, wenn wir reinkommen?«
Die ganze Zeit wich der Sergeant immer weiter in den Flur zurück, und seine Augen zuckten nach links und nach rechts, als ob er verzweifelt versuchte, sich vor dem Psycho-Tsunami in Sicherheit zu bringen, der da über den beigefarbenen Teppichboden auf ihn zugerollt kam.
Dann stieß er mit dem Rücken
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