Das dreizehnte Opfer: Thriller (German Edition)
»Noch vier Monate, dann gehe ich in Rente. Acht Jahre habe ich an ein und demselben gottverdammten Fall gearbeitet, und nicht eine einzige mickrige Spur … Bis jetzt.« Seine Augen verengten sich hinter dem Rauchschleier. »Zwei Leichen, und wahrscheinlich wird es nicht dabei bleiben. Wir werden DNS bekommen und Faserspuren, und wir werden das Schwein schnappen. Und ich werde meine goldene Uhr entgegennehmen und mit hoch erhobenem Haupt heim nach Lossiemouth marschieren, während der Gratulator für den Rest seines verkorksten Lebens in einer versifften Zelle vor sich hin modern wird.«
»Kommen Sie mit, um uns bei den Anwohnerbefragungen zu helfen?«
Eine Pause. »Wär’s vielleicht möglich, dass Sie Dr. McDonald nach Oldcastle mitnehmen? Sie zeigen ihr den Leichenfundort, damit sie ein Gespür für die Umgebung bekommen kann?«
Ja, klar, weil ich ja kein höheres Ziel im Leben hatte, als für eine psychisch labile Psychologin den Babysitter zu spielen. »Kommen Sie denn nicht mit?«
Dickies Mundwinkel gingen auf Talfahrt. »Wissen Sie, warum ich immer noch hier bin, Ash? Warum sie mir den Fall nicht weggenommen und jemand anderen drauf angesetzt haben?«
»Weil keine Sau den Job haben will?«
Er nickte. »Ein Karrierekiller. Apropos … Ich muss Sie noch einmal um einen Gefallen bitten.« Er richtete sich gerade auf und rieb sich mit einer Hand das Kreuz. »Unser letzter Psychologe, Bremner, hat sich nicht bloß umgebracht, er hat auch seine Fallnotizen mit ins Jenseits genommen. Hat alles im Papierkorb des Hotelzimmers verbrannt: den Rauchmelder deaktiviert, Feuer gelegt, und dann – peng .«
Ich steckte die Hände in die Hosentaschen. Es wurde allmählich kalt. »Ich fand ja schon immer, dass er irgendwie nicht ganz sauber war.«
»Er hatte es auch irgendwie geschafft, an den Servern herumzupfuschen. Sämtliche Dokumente mit psychologischen Profilen und Gutachten, die wir hatten – pfft , wie in Luft aufgelöst. Sabir hat versucht, die Daten zu retten, aber Bremner hatte schon so früh mit dem Mist angefangen, dass auch sämtliche Backups im Eimer waren.« Dickie zog noch ein letztes Mal an seiner Zigarette und schnippte die glimmende Leiche hinaus in den Regen. »Man soll ja nicht schlecht über die Toten reden und so, aber trotzdem …«
»Welchen Gefallen denn?«
»Na ja, Sie sind doch immer noch mit Henry befreundet, oder nicht?«
»Welcher Henry?« Ich runzelte die Stirn. »Sie meinen Henry Forrester ? Also, vielleicht mal die eine oder andere Weihnachtskarte, aber gesehen habe ich ihn seit Jahren nicht mehr.«
»Die Sache ist die: Dr. McDonald muss wieder ganz von vorne anfangen; es wäre eine große Hilfe, wenn sie den Fall mit ihm besprechen könnte. Vielleicht hat er ja noch seine Akten von damals?«
»Dann rufen Sie ihn doch einfach an. Er soll Ihnen alles per Kurier ins Büro schicken.«
Drüben am anderen Ende des Balkons klappte Gillis sein Handy zu. Dann drückte er seine Zigarette an der Wand aus und ließ sie zu seinen Füßen auf die Fliesen fallen.
Dickie starrte über das Einkaufszentrum hinweg. »Sie sagt, sie muss ihn sehen. Persönlich.«
Gillis kam auf uns zugestapft. »Haben Sie’s ihm schon gesagt?«
»Was denn?«
Ein Grinsen tat sich zwischen dem nikotingelben Schnau zer und dem Rauschebart auf. »Shetland. Sie fahren mit Doc McDonald rauf, um Ihren alten Kumpel Forrester zu besuchen.«
Ich straffte die Schultern und reckte das Kinn. »Bringen Sie sie doch selbst hin. Sie sind hier schließlich derjenige, der wie ein Wikinger aussieht.«
»Der alte Sack will mit dem Fall nichts mehr zu tun haben. Wir brauchen seine Hilfe, und Sie sind sein Freund. Fahren Sie rauf, und überreden Sie ihn.«
Dickie seufzte. »Nun kommen Sie schon, Ash, Sie wissen doch, wie Henry ist, wenn er mal auf stur geschaltet hat …«
Ich bedachte die beiden mit meinem bösen Blick. »Shetland?«
Gillis starrte mit zusammengekniffenen Augen zurück. »Sie wollen uns also nicht helfen, das Schwein zu schnappen? Im Ernst ? Was sind Sie denn für ein Polizist?«
»Es sind doch nur ein paar Tage, Ash; maximal drei oder vier. Ich werde alles mit Ihrem Chef regeln.«
Dr. McDonald war nicht die Einzige, die einen an der Waffel hatte. »Ich gehe nicht nach Shetland! Wir haben gerade zwei Leichen ausgegraben, und –«
»In Oldcastle können Sie im Moment sowieso nicht mehr tun, als Däumchen drehen und auf die Laborergebnisse warten. Ach ja, und dreihundert Anwohnerbefragungen bearbeiten.«
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