Das dreizehnte Opfer: Thriller (German Edition)
makellos gestylt. »Ich glaube, wir werden nächste Woche gewinnen, was meinen Sie?«
Ich beendete das Gespräch mit Parker und steckte das Telefon wieder ein.
»Wer von den Jungs ist Dawson Whitaker?«
Sie runzelte die Stirn. »Entschuldigen Sie, aber ich glaube, wir kennen uns noch nicht. Sind Sie ein Vater?«
Noch bis morgen Nachmittag fünf Uhr. Ich zog meinen Dienstausweis aus der Tasche. »Ich muss mit Dawson sprechen.«
»Ah, verstehe … Ist er …«
»Nein, ein potenzieller Zeuge.«
»Nun, in diesem Fall wird Mr Atkinson sicherlich nichts dagegen haben, dass Sie mit ihm sprechen. Folgen Sie mir bitte.«
Wir gingen den Hang hinunter und über den Rasen zum Platz. Das riesige weiße H der Torstangen schimmerte wie Honig in der untergehenden Sonne, und der Himmel war von einem tiefen Kristallblau.
Die Pfeife schrillte, und die Jungs wechselten wieder die Richtung, wobei sie allmählich langsamer wurden. Der Typ im Trainingsanzug formte seine Hände zu einem Megafon. »Na los, keine Müdigkeit vorschützen. Noch fünf! Jenkins, nicht erdrücken, das Ding – das ist ein Rugbyball und nicht dein Teddybär!«
Aus dieser Entfernung war Brenda Chadwicks Freund leicht zu erkennen: Er war immer noch mager, hatte immer noch die blonde Matte, und dank seines offenen Munds war auch seine Zahnlücke weithin zu sehen.
»Sekunde, bitte.« Meine Führerin ging auf den Mann mit der Pfeife zu. Sie redete halblaut auf ihn ein und deutete auf mich.
Er zuckte mit den Achseln, dann gab er ein extra langes Signal mit seiner Trillerpfeife: Fiiiiiiiiiiiiiep. »Whitaker, zu mir, aber im Laufschritt! Alle anderen: Platzrunden drehen!«
Dawson kam auf uns zugetrabt, schlaksig, als ob er nur aus Ellbogen und Knien bestünde, einen Rugbyball unter den Arm geklemmt. »Sir?« Vornehmer Akzent, mit einer Stimme, die prekär zwischen Kinder- und Erwachsenen-Tonlage schwankte.
Die Jungs stürmten vorbei, schnaufend und keuchend und ächzend. In einiger Entfernung standen Mr Atkinson und die Frau im Hosenanzug und lachten über irgendeinen Witz. So konnten wir uns in Ruhe unterhalten.
Dawson hob die Schultern, eine übertriebene Geste, als ob seine Arme mit Fäden an den Ellbogen nach oben gezogen würden. »Ich weiß es nicht. Es ging alles total schnell, wir hatten uns gestritten – sie wollte zu ihrem Geburtstag am Mittwoch in den neuen Disney-Film gehen, und ich hatte Karten für eine Ingmar-Bergman-Retrospektive im Watershed. Es war nichts Ernstes. Und damit meine ich die Beziehung und den Streit.«
Beziehung? Der Junge war dreizehn; seit wann redeten dreizehnjährige Knaben von einer Beziehung ? »Aber du hast ihn gesehen, ja? Den Mann, der sie entführt hat?«
»Es war von Anfang an nur eine lockere Geschichte, aber dann hat sie ein bisschen geklammert. Um ehrlich zu sein, ich wollte eigentlich nach ihrem Geburtstag Schluss machen. Wollte ihr den Tag nicht verderben.«
Genau, denn wie konnte man schöner »Happy Birthday!« sagen als mit einer Einladung zu einem schwedischen Existenzialisten-Drama?
Ich zeigte ihm das Foto von Katie. »Das ist meine Tochter.«
Er zog eine Braue hoch. »Sehr goth-mäßig.«
»Der Gratulator hat sie, und er wird sie morgen töten. Hast – du – ihn – gesehen?«
Dawson machte den Mund zu und spähte über meine Schulter. »Mein Vater mag es nicht, wenn ich mit Polizisten rede. Sie hätten nicht herkommen sollen.«
»Er wird sie töten.«
»Das tut mir leid, ehrlich.« Ein angedeutetes Kopfschütteln.
Und dann landete eine Hand auf meiner Schulter. Eine große, behaarte, die zu einem Muskelberg in einem teuer aussehenden Anzug gehörte. Sonnenbrille, kugelrunder Schädel, kurz geschorene Haare, Brillant-Ohrring. »Belästigt der Typ dich, Dawson?«
»Es tut mir aufrichtig leid.« Der Junge wich ein paar Schritte zurück. »Ich muss jetzt zurück zum Training.« Er machte kehrt und trabte davon, um sich seinen joggenden Kameraden anzuschließen.
Ich ballte die Fäuste. »Nimm die Flosse weg, sonst brech ich dir jeden einzelnen Knochen.«
»Hast du das gehört, Ed? Der Haggisfresser hier will mir die Finger brechen?«
Ein Grollen, wie von einem Bären in einer Echokammer. »Glaub ich kaum.« Ed trat näher. Sein Gesicht war ein Gewirr von Narbengewebe mit einer Boxernase in der Mitte. Leicht angegraute Schläfen.
Scheiße – sie waren zu zweit. Wozu hatte ich die Waffe extra nach Bath mitgeschleppt, wenn ich sie dann in der verdammten Karre liegen ließ?
Der Himmel über uns
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