Das dreizehnte Opfer: Thriller (German Edition)
geschlossen.«
Sie kletterte nach mir hinaus, schlang sich ihre Ledertasche über die Schulter – mit dem Riemen quer über der Brust, wie ein eigener Sicherheitsgurt zum Mitnehmen – und folgte mir, als ich auf das blau-weiße Absperrband zumarschierte. Mit ein bisschen Glück könnten wir uns zum Ausgrabungsort durchmogeln, ehe man uns bemerkte.
PC Duguid stand auf der anderen Seite der Absperrung vor dem Streifenwagen und starrte finster unter dem Schirm seiner zu großen Mütze hervor. Seine gelbe reflektierende Warnweste glänzte vor Nässe. Genau wie sein Gesicht, nur nicht ganz so hässlich.
Duguid hob ruckartig den Kopf und tippte sich mit zwei Fingern an die Nase. Hinter mir fiel eine Autotür ins Schloss. Und dann noch eine. Und dann vernahm ich direkt hinter mir einen schnöseligen englischen Akzent. »Officer Henderson? Hallo?«
Ich ging weiter.
Eine Frau in einem Dufflecoat schloss watschelnd zu mir auf und hielt mir ein Mikrofon unter die Nase. »Stimmt es, dass Sie die Überreste eines zweiten Opfers entdeckt haben?«
Jemand anderes fragte: »Haben Sie die erste Leiche schon identifiziert?«
»Können Sie uns etwas zu dem neuen Opfer in Dundee sagen, Helen McMillan? Wird Douglas Kelly mit ihren Eltern sprechen?«
»Ihre eigene Tochter wird ebenfalls vermisst – können Sie dadurch besser nachempfinden, was die Familien der Opfer durchmachen?«
Ich ging immer weiter – nur noch drei Schritte, dann wäre ich hinter dem Absperrband und in Sicherheit. »Wir ermitteln derzeit noch in verschiedene Richtungen.« Gib den Schmierfinken niemals irgendetwas, was sie zitieren können.
Ein untersetzter Mann drängte sich nach vorne – Ohren wie zwei Knorpelklumpen, gebrochene Nase, einen kleinen Digitalrekorder in der Hand. »Was sagen Sie zu den Vorwürfen, dass der Gratulator nur wegen Ihrer verpfuschten Ermittlungen nach Hannah Kellys Entführung vor acht Jahren noch auf freiem Fuß ist und deshalb weitere Morde – He!«
Ich stieß ihn zur Seite, schlüpfte unter dem Absperrband durch und hielt es für Dr. McDonald hoch. PC Duguid lehnte sich an die Motorhaube des Streifenwagens und grinste. Er hob die Hand zu einem angedeuteten Salut und sagte: »Morgen, Chef. Stehen Ihnen gut, die blauen Flecken. Sehr schick.«
»Sie haben es den Pressefuzzis gesteckt, hab ich recht?«
Das Grinsen wurde breiter und zog seine Pausbacken mit sich. »’ne Flasche Macallan, Chef. Wer würde da nicht schwach?«
Ich marschierte einfach vorbei und gönnte ihm nicht die Genugtuung. Ein Knie in die Eier wäre vielleicht die angemessenere Reaktion gewesen.
Dr. McDonald trabte neben mir her. »Hat er wirklich für eine Flasche Whisky diesen Reportern den Tipp gegeben? – Was sind denn das für Polizisten, die sich so bestechen lassen, ich meine, das ist doch nicht in Ordnung, oder? – Wir sollten ihn melden …«
Ja, mach nur – wirst schon sehen, was das bringt.
Ein ungeteerter Weg mit einem Grasstreifen in der Mitte zweigte von der Straße ab und verschwand in der Lücke zwischen zwei Sandsteingebäuden.
Der Cameron Park musste früher einmal beeindruckend gewesen sein – damals, als das hier noch eine feine Gegend war. Eine gepflegte Landschaft aus Eichen, Holunder und Eschen, Rhododendren mit glänzenden Blättern, Blumenbeeten und Sträuchern; ein Ententeich und ein Musikpavillon mit einer gepflasterten Tanzfläche drumherum … Jetzt war das Ganze nur noch ein Paradies für Unkraut und Müll. Ein Einkaufswagen ragte aus dem langen Gras heraus, die Schnauze gen Himmel gereckt. Ein Rad fehlte, und leere Chipstüten steckten zwischen den Metallstreben. Die Rhododendren waren riesige, wuchernde Monster, deren Blätter im Regen zitterten und den Boden darunter in tiefe Finsternis tauchten.
Drei blaue Plastikzelte waren im Unterholz errichtet worden, eines davon – das größte – direkt neben einem schmutzig gelben Bagger und einem langen Graben, der durch einen Stacheldrahtverhau aus Brombeersträuchern gezogen war. Das zweite stand neben dem baufälligen Pavillon, das dritte war fast ganz hinter einem der mächtigen Rhododendren verborgen.
In zwei Zelten blitzten die Kameras der Tatortfotografen und warfen die Silhouetten kniender Gestalten an die Plastikwände.
Eine Stimme dröhnte durch den Regen: »Ist mir egal – Sie klären das gefälligst!«
Dr. McDonald zuckte zusammen.
Ein Kotzbrocken in einem grauen Marks-&-Spencer- Anzug und dazu passendem Mantel kam aus dem Zelt neben dem Pavillon
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