Das dreizehnte Opfer: Thriller (German Edition)
die Augen, rieb mit der Hand darüber und versuchte die Kopfschmerzen wegzumassieren. »Und jetzt sei mal still; ich muss dich um einen Gefallen bitten.«
» Du wirst es auch niemandem verraten? «
»Du musst zu mir nach Hause gehen und … ein bisschen aufräumen.«
Eine Pause. Am anderen Ende der Leitung sang jemand im Hintergrund, und man hörte die Sirene eines Krankenwagens näher kommen. » Wieso? Was hast du angestellt? «
»Ich hatte ungebetenen Besuch.«
» Verstehe. « Ein tiefer Atemzug. » Ist er …? «
»Nein. Er sah nicht gerade topfit aus, als ich gegangen bin, aber er wird’s überleben.« Und wahrscheinlich würden sie sein Bein retten können.
Ein langgezogener, zischender Seufzer. » Okay, okay, ich seh mal zu, was ich machen kann. «
»Danke, Dave.«
» Und du versprichst mir, dass du es niemandem verrätst? «
»Mach’s gut, Dave.« Ich legte auf. Laut der Anzeige meines Handys warteten noch zwei weitere entgangene Anrufe auf mich. Die konnten ruhig noch ein bisschen länger warten.
Die Kabine schwankte von links nach rechts. Offenbar hatten wir gerade den Hafen verlassen und seine schützenden Arme gegen die kalte Umklammerung der Nordsee eingetauscht. Dann fing das Ding auch noch an, vor- und zurückzuschaukeln. Das Stampfen und Gieren verstärkte sich, je weiter wir aufs Meer hinausfuhren, und das Wummern der Maschinen wurde tiefer.
Irgendwie beruhigend …
Ich schloss die Augen. Ließ mich von dem Geräusch einlullen. Gähnte.
Ein kleines Nickerchen wäre jetzt nicht –
Es klopfte dreimal laut an die Tür. »Hallo? Ash? Constable Henderson? Hallo? Ich bin’s, Alice …« Dr. McDonald. Wunderbar. »Hallo? Sind Sie da drin?«
Ich biss die Zähne zusammen, rollte auf die Seite, schwang die Füße auf den Boden und wuchtete mich hoch. Dann stand ich einen Moment lang da wie ein Schluck Wasser in der Kurve, mit krummem Rücken und baumelnden Armen.
»Hallo?« Klopf, klopf, klopf.
Ich öffnete die Tür.
Sie stand in dem engen Korridor, beide Arme um die Brust geschlungen, und ihr Blick zuckte nervös nach links und nach rechts. »Die sagen, es hätte einen Fehler bei der Reservierung gegeben, der Teamassistent hat nur eine Kabine gebucht, und die anderen sind alle belegt, und es ist ja wohl klar, dass wir uns keine Kabine teilen können. Das wäre nicht in Ordnung: Wir arbeiten zusammen, und Sie sind ein Mann, und ich bin eine Frau, und was ist, wenn etwas passiert, es wäre nicht –«
»Bilden Sie sich bloß nichts ein.« Ich schlappte zurück zur Koje und ließ mich bäuchlings auf die zerknitterte Decke fallen. »Au …« Es war, als würde ich noch einmal zusammengeschlagen.
»Aber wir können uns keine Kabine teilen, das ist lächerlich, ich meine, es ist –«
»Glauben Sie mir«, nuschelte ich ins Kopfkissen, »so unwiderstehlich sind Sie nicht.«
Eine Pause und dann verriet ein Quietschen, dass sie sich auf das andere Bett gesetzt hatte. »Können Sie nicht woanders schlafen?«
»Ich denke, ich könnte es gerade so schaffen, meine sexuellen Gelüste im Zaum zu halten, wenn … Leck mich doch am …« Das verdammte Handy klingelte schon wieder. Ich fummelte es aus der Tasche und hielt es ans Ohr. »Was ist?«
Eine Stimme mit irischem Akzent, weiblich, abgehackt. » Officer Henderson, haben Sie zu allem anderen jetzt auch noch Ihre guten Manieren verloren? «
»Mrs Kerrigan.« Und ich hatte schon gedacht, der Tag könnte nicht mehr schlimmer werden.
»Oben gibt es Sitze, wo man die Lehne ganz weit zurückstellen kann, die sind bestimmt sehr bequem, Sie könnten doch einen von denen nehmen –«
» Ich habe eine Botschaft für Sie, Officer Henderson – «
»Oh, Ihre Botschaft hab ich bekommen, vielen Dank. Und wissen Sie was: Ich weiß auch, wo Sie wohnen.«
»– und Sie können sicher für ein paar Pfund einen mieten –«
» Sie haben ja vielleicht Nerven, so mit mir zu reden – «
»Sie wollten mich zum Krüppel schlagen lassen! Glauben Sie im Ernst, dass ich Ihnen das durchgehen lasse?«
»– ich kann so nicht schlafen, mit lauter fremden Menschen um mich herum, da könnte ja alles Mögliche passieren, ich meine, da würde ich kein Auge zutun, das wäre –«
» Wo ist unser Geld, Officer Henderson? Wir hatten eine Abmachung. «
»Das hätten Sie sich vorher überlegen sollen, anstatt mir gleich Ihren ›Mr Pain‹ auf den Hals zu hetzen.« Meine Knöchel taten weh, und das Gehäuse des Handys knarzte in meiner Faust. »Die Abmachung ist
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