Das dreizehnte Opfer: Thriller (German Edition)
die Plattform, eine Hand auf den Mund gepresst, und starrte auf das Blut hinunter. »Was haben Sie getan ? Ich hab’s Ihnen doch gesagt ! Was soll ich … Wie soll ich das nur erklären?«
Benny nickte. »Sind aneinandergeraten, die zwei, hm? Was hab ich dir gesagt – du darfst Arnie nich’ reizen, sonst verschlingt er dich mit Haut un’ Haaren.«
Royce atmete ein paarmal tief durch und rieb sich nervös die Hände an den Hosenbeinen. »Ich muss das melden. Muss die Leitstelle anfunken und es melden. Nicht deine Schuld, Royce, da konntest du gar nichts machen. O Gott …«
Benny packte einen Sack Fischfutter und wuchtete ihn auf die Plattform. »Hat doch kein’ Sinn, deswegen in die Luft zu geh’n, Royce, mein Bestester. Arnie is’ nun mal Arnie, das weißte doch.«
Der Constable trat von einem Fuß auf den anderen. »O Gott, wir werden die Bucht absuchen müssen. Was ist, wenn die Leiche aufs Meer rausgetrieben wird? Dann werden sie mir die Schuld geben!«
Arnold Burges kam aus dem Schuppen, den Taucheranzug bis zur Hüfte abgestreift, die Arme um die Wölbung seines Bauchs geschlungen. Sein weißes T-Shirt war an der Brust rot verschmiert, die Arme bis zu den Ellbogen voller Blut. Er wischte sich die Hände mit einem Handtuch ab. »Hast du das restliche Futter gebracht, Benny?«
»Sie leben …« Royce packte die Reling mit beiden Händen und schloss die Augen, dann beugte er sich vor, bis seine Stirn auf dem rostigen Metall ruhte. »Oh, Gott sei Dank …«
»Wo bist’n gewesen, Arnie? Der arme Constable Clark hat sich schon Sorgen gemacht. Dachte, du wärst über’n Jordan gegangen.«
Burges grinste. »Ich hab ihn erwischt.«
»Nee!« Bennys Kinnlade klappte herunter, und man sah mehr Füllungen als Zähne. »Du has’ den ollen Gierschlund erwischt?«
Ein Nicken in Richtung des Schuppens. »Da drin.«
»Ha, ha!« Benny vollführte ein kleines Tänzchen und flitzte dann hinein, um es mit eigenen Augen zu sehen.
Royce richtete sich auf, wischte sich mit der Hand über die Stirn, drehte sich um und warf einen Blick in den Schuppen. »Ach du dickes Ei …«
Der Kadaver des Seehunds hing mit dem Kopf nach unten über einer Segeltuchplane, aufgeschlitzt von der Schwanzflosse bis zur Kehle, und darunter lag ein Haufen Eingeweide, die in der kühlen Morgenluft dampften. Der Gestank nach faulem Fisch war so überwältigend, dass Royce würgen musste. Ich konnte es ihm nicht verdenken.
Er räusperte sich. »Sie haben ihn abgeschossen …«
»Ein richtiger Kaventsmann, nicht wahr?« Burges ging vor dem Berg Innereien in die Hocke und schnitt ein purpurfarbenes Stück heraus, das ungefähr die Form einer großen Wärmflasche hatte. Er klatschte die Leber auf ein Schneidbrett. »Ratet mal, was es zum Mittagessen gibt!«
»Ha!« Benny sprang zur Tür hinaus. »Ich hol das Bier.«
Royce reckte die Brust. »Arnold Burges, ich verhafte Sie wegen Verstoßes gegen den Marine Scotland Act von 2011, wonach es verboten ist, Seehunde ohne Genehmigung zu –«
»Ist schon in Ordnung.« Ich legte dem Constable die Hand auf die Schulter. »Darum habe ich mich schon gekümmert. Er hat eine Genehmigung.«
Burges wies auf ein offiziell aussehendes Schreiben, das neben dem Futterbehälter an die Schuppenwand geheftet war. »Wir haben es mit Sperrnetzen versucht, mit Spannvorrichtungen, mit Schallkanonen – aber der gierige Mistkerl ist immer wiedergekommen. Hat uns an die dreitausend Fische geklaut.« Er ging wieder in die Hocke und schnitt etwas heraus, was wie eine Niere aussah. »Jetzt hat er bekommen, was er verdient.«
Burges und ich saßen mit dem Rücken zum Schuppen am Rand der Plattform, vor dem Wind geschützt, die Sonne im Gesicht. Der Blick auf dieser Seite des Prahms war atemberaubend: Berge auf beiden Seiten, deren Hänge zur glitzernden Bucht hin abfielen, die Inseln im Mittelgrund wie Smaragde auf blauer Seide, der Atlantik in der Ferne ein verschwommener, langgezogener Saphir.
Ein rasselndes Rauschen drang aus dem Inneren – Benny und Royce leerten die Fischfuttersäcke in den Metalltrichter. Es war warm in der Sonne. Und der Geruch nach Katzenfutter war gar nicht so übel, wenn man sich einmal daran gewöhnt hatte. Besser als ausgeweideter Seehund jedenfalls.
Burges blickte mit roten, geschwollenen Augen auf die gekräuselte Wasserfläche hinaus. »Kaum zu glauben, aber wir haben doch tatsächlich gedacht, das mit den Karten würde aufhören, wenn wir umziehen.«
»Es tut mir leid, dass Sie
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