Das Duell der Hexen
nicht nur eine Heidenangst, sondern auch Respekt. Die Lage entspannte sich ein wenig.
Mich wunderte nur, daß Jirica nicht eingegriffen hatte. Sie hockte auf dem Rücken ihres Panthers und lächelte sogar. Im Gegensatz zu dem Raubtier. Der Panther hatte sein Maul nicht wieder geöffnet. Aus ihm drang ein gefährliches Knurren, das mich nicht weiter störte, da ich momentan die besseren Karten besaß.
Aus der Tür wollten die beiden anderen Rocker treten und hörten meinen scharf gesprochenen Befehl.
»Bleibt nur stehen!«
Sie gingen nicht mehr weiter.
Tief atmete ich durch. Bisher war alles gut verlaufen. Die beiden Hexen hatten tatsächlich geglaubt, mit mir spielen zu können. Sie hatten sich geirrt.
Es war nach wie vor kühl. Vom Moor her trieben die weißgrauen Schwaden heran, die wie ein durchsichtiges Gespinst wirkten, das überhaupt kein Ende nehmen wollte, denn der breite und tiefe Sumpf produzierte genügend Nachschub.
Zum erstenmal übernahm Jirica das Wort, während meine Gefangene nur keuchte: »Wolltest du das, Sinclair?«
»Das kann man sagen.«
»Es ist nicht gut, denn du überschätzt dich. Wahrscheinlich denkst du, daß du gewonnen hast. Es ist ein Irrtum, Geisterjäger. Du hast noch lange nicht gewonnen, der Gewinner in diesem Spiel bin allein ich. Schade, du hättest dir mich aussuchen sollen.«
»Ich verspreche dir, daß du als nächste an der Reihe bist«, erwiderte ich trocken.
»Dann versuch es!«
»Nein, noch nicht. Erst ist sie an der Reihe!«
Jirica blieb locker. In ihrem indianisch geschnittenen Gesicht regte sich kein Muskel. Die Haut blieb glatt und bekam auch wieder diesen öligen Glanz.
»Was hast du vor?«
»Wolltet ihr nicht den Hexenstein? Okay, ich bin dafür, gemeinsam zum Moor zu gehen. Vielleicht hole ich ihn euch…«
»Vielleicht aber auch nicht…«
»Sehr richtig.«
»Und dieses Risiko kann ich nicht eingehen. Schade, du hast dir deine Chancen selbst verscherzt. Ich werde die Situation übernehmen und dir beweisen, wie mächtig ich bin. Ein alter Dschungelzauber hat auch in einer fremden Welt seine Berechtigung. Monica ist nicht meine Freundin, wie du sicherlich festgestellt hast. In diesem Falle jedoch müssen wir zusammenhalten. Deshalb befehle ich dir, sie loszulassen, Geisterjäger. Laß sie los!« zischte sie.
»Nein!«
Da meldete sich einer der Rocker. »Bis hierher war es Spaß. Mir ist es egal, ob ihr Hexen seid, ich weiß nur, daß ich ein Mensch bin und keine Angst vor dem verfluchten Kreuz habe. Gib nur acht, Sinclair. Ich komme, um dich zu holen!«
Der Typ hatte recht. Er war ein Mensch. Zwar stand er nicht gerade auf meiner Seite, man konnte ihn zu den Verbrechern zählen, aber er brauchte keine Angst vor dem Kreuz zu haben.
Toxer hieß er, war ein Widerling, der noch widerlieher grinste, als er sich lässig und dabei schaukelnd in Bewegung setzte, von seinen drei Kumpanen scharf beobachtet.
Jirica hatte noch etwas zu sagen. »Ich würde mich nicht auf diesen Kerl verlassen, Monica. Sinclair wird mit denen sehr leicht fertig. Darauf kannst du Gift nehmen.«
»Halte du dich raus! Das ist mein Spiel!«
»Ich wollte dich auch nur warnen!«
»Verzichte!«
Inzwischen hatte Toxer etwa die Hälfte der uns trennenden Distanz zurückgelegt. Sein breites Grinsen deutete darauf hin, daß er sich sehr sicher fühlte.
Und auch seine Kumpane freuten sich. Sie hatten angespannte Haltungen eingenommen.
»Beim nächsten Schritt drücke ich zu!« Es war meine Stimme, die die Stille unterbrach.
»Wieso?«
Toxer war wohl leicht begriffsstutzig, deshalb präzisierte ich mein Vorhaben. »Ich werde deine Chefin das Kreuz gegen das Gesicht pressen«, erklärte ich. »Sie ist eine Hexe, vom Teufel gezeichnet, und wird kaum eine Chance zum Überleben haben!«
Meine Worte machten den Rocker unsicher. Er blieb tatsächlich stehen, blickte seine Kumpane an, die sagten nichts, und er schaute dann auf Jirica.
»Ja, Sinclair hat recht!« bestätigte die Urwaldhexe. »Das Kreuz wird sie verbrennen. Siehst du nicht ihre Angst? Sie hat sich zwar in der Gewalt, aber sie zittert innerlich. Ich spüre es. So mächtig seid ihr nicht. Auch wenn du schießt, Sinclair wird immer schneller sein und ihr noch in einer Reflexbewegung das Kreuz gegen das Gesicht pressen. Damit mußt du dich abfinden.«
Jirica hatte mir die Worte aus dem Mund genommen, so ähnlich dachte ich auch.
Der Rocker wußte nicht, wie er sich verhalten sollte. Er strich über sein lackschwarzes Haar.
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