Das Duell der Hexen
Wenn er sich bewegte, übertrug sich das auch auf die Waffen an seinem Gürtel. Da klirrten die Kettenglieder, und die Köpfe der mit Nägeln verzierten Stahlstifte blinkten.
Er öffnete die Hände und schloß sie. Selten, vielleicht auch noch nie in seinem Leben hatte er sich in einer ähnlichen Situation befunden. Man verlangte von ihm eine Entscheidung, die mit der reinen Gewalt, wie er sie sonst gewohnt war, nichts zu tun hatte.
Wie sollte er sich verhalten?
Schwer und pfeifend stieß er den Atem in unsere Richtung. Auf seiner Stirn glänzte der Schweiß. Ich war sicher, daß er sich auch am übrigen Körper verteilt hatte.
»Sieht nicht gut aus, wie?« fragte ich noch.
Sein Mund verzog sich. »Verflucht!« zischte er. »Verdammt noch mal! Es ist ein Wahnsinn. Du bist allein, Bulle. Du bist…«
»Irrtum, er ist nicht allein!«
Die Stimme hallte über die Hauptstraße von Blackmoor, und mir fiel ein Stein vom Herzen, als ich sie hörte, denn so redete nur mein Freund und Kollege Suko.
Die anderen erstarrten. Sie wurden gewissermaßen noch steifer, als sie es ohnehin schon waren. Nur ich bewegte den Kopf und schaute in die Richtung, aus der ich die Stimme gehört hatte.
Da sah ich Suko.
Er stand auf dem Dach des Hauses, auf dem zuvor die Urwaldhexe gesessen hatte. Sein rechter Arm war ein wenig vorgestreckt, denn in der Hand hielt er die schußbereite Beretta.
Ich sah sogar das Schimmern des Metalls und erkannte, daß auch seine linke Faust nicht leer war. Aus ihr schaute der Stab, den Suko in einem tibetanischen Kloster bekommen hatte und wahrscheinlich von dem großen Religionsgründer und Friedensstifter Buddha stammte. Es war gut, daß mein Freund so lange gewartet hatte. Um so größer mußte der Schock für die anderen sein.
Die vier Rocker wußten auch nicht, was sie sagen sollten. Selbst Toxer war sprachlos. »Wer ist das?« fragte er schließlich nach einer Weile des Nachdenkens.
»Das ist der Freund dieses Geisterjägers. Ein Chinese. Er heißt Suko.«
Monica hatte gesprochen. Sie war sehr gut über mich informiert. Kein Wunder, sie wollte mich erledigen und suchte deshalb nach Schwachstellen.
Für die anderen war guter Rat teuer. Wollten sie ihr Gesicht nicht verlieren, mußten sie sich etwas einfallen lassen. Bisher hatte ich es ausschließlich mit der Hexe aus London und ihren Helfern zu tun gehabt. Dabei war Jirica die wesentlich gefährlichere Gegnerin, und sie mußte jetzt etwas tun.
Deshalb beobachtete ich sie auch.
Noch saß sie unbeweglich. Yakup hatte mir berichtet, wie schnell sie werden konnte. Dieser Panther glich schon einem Wundertier, da er aus dem Stand in die Luft jagen und praktisch fliegen konnte. Selbst Yakup hatte sie verfehlt, als er seinen Wurfstern schleuderte. Ich mußte mich weiterhin um Monica kümmern. Da ich mich nicht zweiteilen konnte, mußte Suko den schwierigeren Part übernehmen.
»Komm runter!« rief ich ihm zu.
»Okay, John. Gib gut acht, daß dir die Hexen nicht entwischen!«
Bisher hatte alles geklappt. Mein inneres Fieber stieg wieder. Ich ließ Jirica nicht aus den Augen und schielte gleichzeitig zu meinem Freund, der sich auf dem Dach in Bewegung setzte und sich vorsichtig der Kante entgegengleiten ließ.
Jirica wandte meinem Partner den Rücken zu. Dennoch war ich fest davon überzeugt, daß sie genau wußte, was geschah und bald eingreifen würde.
Ich hatte mich nicht getäuscht.
Urplötzlich reagierte sie, und sie war schneller als eine Kugel!
***
Vor meinen Augen verwandelte sie sich in einen fauchenden Flammenball. Ich hatte die Lohe noch aus dem Maul des Panthers stoßen sehen, dann waberte das Feuer plötzlich auf der gesamten Straßenbreite und versperrte mir den Weg zu ihr. Sie jagte in die Höhe. Deutlich zeichnete sich ihre Gestalt innerhalb des Feuervorhangs ab, und sie veränderte auch ihr Aussehen. Keine normale Frau hockte auf dem Pantherrücken, sondern ein rotes Skelett, dessen Knochen wie Feuerzungen aussahen.
Ich hörte die Rocker schreien, auch die Stimme der Hexe Monica, und bekam einen harten Tritt gegen das Schienbein, als sie auskeilte. Es ging so schnell, daß ich mit dem Kreuz nicht mehr zuschlagen konnte, denn ich mußte zurück, und sie konnte sich aus meinem locker gewordenen Griff drehen.
In das Feuer raste sie hinein. Auf nichts und niemand nahm sie Rücksicht. Ich war zurückgelaufen und rechnete damit, daß die Flammen sie vernichten würde, aber sie taten ihr nichts. Im Gegenteil, sie halfen ihr noch,
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