Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Dunkel der Lagune

Das Dunkel der Lagune

Titel: Das Dunkel der Lagune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
Vom Netzwerk:
rauschte dröhnend an seinen Ohren vorbei. Tausend bunte Lichter schienen vor seinen Augen zu tanzen. Sein Körper tauchte klatschend ins Wasser ein. Ihm kam es vor, als würde er tiefer und tiefer versinken in einem unendlichen schwarzen Abgrund. Eine Ewigkeit später tauchte er an der Wasseroberfläche wieder auf. Er sah hoch zu den Sternen über der dunklen Silhouette des Lagerhauses und bemerkte dabei, dass Rose neben ihm schwamm und er ihre Hand hielt – dass sie sich die ganze Zeit an den Händen gehalten hatten. »Alles in Ordnung bei dir?«, erkundigte er sich schwer atmend. Sie rang ebenfalls nach Luft und nickte. »Anscheinend. Aber was jetzt?«
      »Kannst du fünfhundert Meter weit schwimmen?«
    »Ich weiß nicht.«
      »Dann hast du jetzt Gelegenheit, es rauszufinden. Wir schwimmen quer durch den Hafen. Dadurch können wir unseren lieben Freund abschütteln. Mach dich jetzt nicht verrückt. Schön langsam und gleichmäßig schwimmen ist angesagt. Wenn du in Schwierigkeiten kommst, dann hab keine Angst. Ich bin ja auch noch da.«
      Sie schwammen los. Das Wasser war zum Glück recht warm. Der Mond verschwand wieder hinter einer Wolke. Die beiden waren allein mit sich und der Dunkelheit. Kossoff und das Gold und die ganze Welt schienen immer unwichtiger zu werden. Sie schwammen nebeneinander, und manchmal berührten sich ihre Hände. Hagen empfand ein ungewöhnliches Gefühl der Ruhe und des Friedens mit sich selbst.
      Sie schienen eine Ewigkeit geschwommen zu sein, als endlich Dschunken und Sampans aus der Dunkelheit auftauchten und ihnen anzeigten, dass sie die Nordseite des Hafens erreicht hatten. Sie schwammen zwischen den Booten hindurch zu einer steinernen Treppe, die hinauf zum Kai führte. Erschöpft ruhten sie sich eine Weile auf den Stufen aus. Hagen fragte Rose besorgt, wie es ihr ginge. »Fantastisch«, erwiderte sie. »Habe mich noch nie besser gefühlt.« Stolz schwang in ihrer Stimme mit.
      Schließlich stiegen sie die Treppe hinauf und liefen durch das Hafenviertel.
      Hagen kannte eine Kneipe ganz in der Nähe, die die ganze Nacht geöffnet hatte. Als sie sie betraten, fanden sie dort nur einige Betrunkene vor, die an den Tischen ihren Rausch ausschliefen. Hagen führte Rose in eine Nische und bestellte bei dem übermüdeten, gelangweilt dreinblickenden Barkeeper einige Brandys.
      Danach ging er zum Telefon und wählte Claras Nummer. Sie meldete sich sofort, als habe sie neben dem Apparat gesessen und gewartet. Hagen hielt sich nicht damit auf, lange Erklärungen zu geben, sondern nannte nur ihren derzeitigen Aufenthaltsort und bat Clara, Lee mit dem Wagen vorbeizuschicken. Er bezahlte beim Barkeeper mit einer nassen Banknote und kaufte sich noch ein Päckchen Zigaretten. Der Mann verzog keine Miene. Es hatte den Anschein, als sei er längst darüber hinweg, sich noch über irgendetwas wundern zu können.
      Sie saßen schweigend in der Nische und rauchten. Nach einer Weile schlief Rose am Tisch ein. Hagen bekam plötzlich starke Kopfschmerzen und wünschte sich nichts mehr als ein sauberes, kuscheliges Bett und mindestens fünfzehn Stunden Schlaf. Zum Glück hörte er kurz darauf Lee mit dem Wagen vorfahren. Er rüttelte Rose vorsichtig wach und führte sie hinaus.
      Auf dem Rücksitz lag eine Decke. Hagen hüllte Rose darin ein und legte ihr den Arm um die Schultern. Sie schmiegte sich eng an ihn, und bevor ihr wieder die Augen zufielen, flüsterte sie noch: »Du bist immer da, wenn ich dich brauche.«
      Mit einem Mal schien jeder Muskel in Hagens Körper zu erschlaffen. Er sank in den Sitz. Seine Gedanken jagten wirr durcheinander. Ständig von neuem stellte er sich die Frage, wie um alles in der Welt er aus dieser Sache wieder herauskommen könnte.

5. Kapitel

    In Claras Villa nahmen zwei chinesische Dienstmädchen Rose sofort in Empfang, führten sie nach oben und bereiteten ihr ein heißes Bad. Hagen fand Clara an ihrem Schreibtisch über dem Hauptbuch sitzen. Sie trug eine einfache Hornbrille, die ihr das Aussehen einer gestrengen Lehrerin verlieh. Da sie ihm nicht sofort ihre Aufmerksamkeit schenkte, goss er sich am Barschrank in der Ecke einen Brandy ein und stellte sich neben sie. Dabei tropfte ständig Wasser aus seiner durchnässten Kleidung auf den dicken Teppich. Nach einer Weile schlug sie das Buch zu und setzte die Brille ab.
      »Um diese Zeit machst du deine Buchführung?«, fragte er spöttisch.
      Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück.

Weitere Kostenlose Bücher