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Das Dunkel der Lagune

Das Dunkel der Lagune

Titel: Das Dunkel der Lagune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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ich hab's noch mal überlegt. Wenn wir eine konstante Reisegeschwindigkeit beibehalten, fahren wir morgen um die Mittagszeit durch die Hainan-Straße. Dort sind normalerweise viele kleinere Kriegsschiffe, und wir mit unserer Nussschale würden die nur neugierig machen. Und noch was: Was ist, wenn Kossoff den Marinestützpunkt der Roten in Kiung Chow auf Hainan alarmiert hat? Er ist ein ganz gerissener Kerl. Er könnte die Anweisung gegeben haben, uns durchzulassen, ihn aber zu informieren, dass wir unterwegs sind. Das wäre schlecht für uns. Nein, ich will diesen Hund
    überraschen.«
      »Klingt gut. Aber wie geht's weiter? Wir können doch nicht am helllichten Tag in die Lagune fahren.«
      »Brauchen wir auch nicht. Wenn wir durch die HainanStraße durch sind, machen wir eben wieder langsamer.«
      O'Hara nahm seine Pfeife aus dem Mund und fing plötzlich an zu lachen. »Mensch, das ist schon ein Ding, was wir da drehen, mein Junge, und mir geht das erst jetzt so richtig auf. Aber was soll's. Unkraut vergeht nicht, heißt es doch immer.«
      Hagen ging ins Ruderhaus, gab Mason die Order, die Geschwindigkeit zu erhöhen, ging anschließend in die Kajüte und legte sich in seine Koje. Eine Zeit lang lag er da, starrte das Schott an und dachte an das Gold, die Lagune und das Mädchen. Aus der Kombüse drang Gemurmel. O'Hara probierte offensichtlich den von Rose zubereiteten Kaffee. Einmal hörte er sie deutlich lachen und freute sich mit ihr. Bald vermischten sich die Stimmen allmählich mit dem Tuckern des Motors und dem Rauschen des Meeres.
      Ihm war nicht bewusst, dass er tief geschlafen hatte. Er schoss nur plötzlich hoch, sah auf die Uhr und stellte mit einem gewissen Schrecken fest, dass es bereits drei Uhr morgens war. Er zog sich eine dicke Matrosenjacke an. Während er sie zuknöpfte, hörte er, wie jemand im Schlaf stöhnte. Er zündete ein Streichholz an und sah Mason in seiner Koje liegen. Sogar im Schlaf schien er noch zynisch zu lächeln. Leise verließ Hagen die Kajüte und ging an Deck.
      Die Hurrier pflügte mit hoher Geschwindigkeit durch die Wellen. Am mondlosen Nachthimmel funkelten Abertausende von Sternen, eigentümlich silbern glänzte das Meer. Hagen lief über das schwankende Deck und öffnete die Tür zum Ruderhaus. O'Hara stand am Ruder. Die einzige Lichtquelle im Ruderhaus, das Licht des Kompasses, strahlte ihm von unten ins Gesicht, sodass man im ersten Moment den Eindruck hatte, sein Kopf schwebe in der Luft. »Wie sieht's aus, O'Hara?«,
    wollte Hagen wissen.
      »Bestens. Man könnte meinen, die Hurrier wär ein Mädchen, das es nicht erwarten kann, sich mit seinem Schatz zu treffen, so schnell ist sie.«
      Hagen übernahm das Ruder. Eine Rumfahne stach ihm in die Nase. Spontan wollte Hagen den Iren zurechtweisen, doch dann unterließ er es. Schließlich hatte der Alte die ihm aufgetragenen Arbeiten tadellos erledigt. Als O'Hara das Ruderhaus verließ, rief Hagen ihm nach: »Mach etwas langsam mit dem Rum. Ich will nicht, dass du dich voll laufen lässt.«
      »Aber du weißt doch, dass du dich auf mich verlassen kannst«, erwiderte O'Hara fast beleidigt, schloss die Tür und entfernte sich, eine melancholische Melodie pfeifend.
      Hagen steckte sich eine Zigarette an, klappte einen an der Wand befestigten Sitz herunter und machte es sich darauf bequem. Er hielt das Ruder locker in den Händen und beobachtete die am Schiffsrumpf entlangschäumenden Wellen. Gelegentlich spritzte etwas Gischt gegen die Fensterscheiben. Hagens Gedanken gingen auf Wanderschaft, befassten sich mit einer gewissen Wehmut mit Personen und Ereignissen aus längst vergangenen Zeiten. Hagen freute sich immer wieder auf diese Abschnitte einer Fahrt, in der er allein war mit sich, der See, der Nacht und dem Schiff. Es kam ihm dann stets so vor, als würde die Welt nicht mehr existieren, als vergingen die Stunden wie im Fluge. Er sah auf die Uhr; es war zehn nach vier. Die Tür wurde leise geöffnet. Es roch nach Kaffee, doch auch noch ein anderer Duft, einer, der ihm inzwischen aufs Beste vertraut war, lag in der Morgenluft. »Wer hat dich denn um vier Uhr früh aus dem Bett geworfen?«, fragte er sie.
      Rose lachte. »Das erste Mal, dass wir beide allein sind, und dieser Mann stellt dumme Fragen. Wo kann ich mich hinsetzen?« Er klappte für sie den zweiten Sitz herunter. Sie nahm Platz und reichte ihm dann einen Becher Kaffee. »Möchtest du auch ein Brot?«
      Sie saßen schweigend

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