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Das Dunkel der Lagune

Das Dunkel der Lagune

Titel: Das Dunkel der Lagune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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die Luft jagen.«
      Er schnallte sich wieder die Taucherausrüstung um und ließ sich mit den Ladungen, den Zündern und dem Zündkabel ins Wasser gleiten. Leider konnte er nun nicht mehr so gut sehen, wie er es sich gewünscht hätte, denn die Dämmerung brach rasch herein. Er befestigte zwei Ladungen an ihm günstig erscheinenden Punkten des Trümmergewirrs, das den Eingang versperrte, und verdrahtete sie. Bereits nach wenigen Minuten tauchte er wieder auf, das Kabelende mit der Rechten umklammernd. Als er sich an Deck ausruhte, spürte er die körperlichen Anstrengungen, die hinter ihm lagen. »Wie lief's da unten?«, fragte Mason.
      »Eigentlich ganz gut«, erwiderte Hagen. »Die Sicht ist allerdings schlechter geworden.« Auf sein Nicken hin löste O'Hara die Zündung aus. Die Wasseroberfläche blähte sich auf, ein dumpfes Grollen war zu hören, und die Hurrier schaukelte heftig in den durch die Unterwasserexplosion aufgeworfenen Wellen. Nach wenigen Augenblicken stiegen die ersten Wrackteile aus der Tiefe. Sie beobachteten schweigend, bis das letzte Bruchstück an die Wasseroberfläche gekommen war; nach einer Viertelstunde war der ganze Spuk vorbei. Die blutrote Abendsonne versank am Horizont.
      Schlamm und Sand trübten das Wasser. Rose machte sich deswegen Sorgen. »Du kannst nicht mehr hinuntertauchen, Mark. Du siehst doch überhaupt nichts mehr.«
      Einen Moment lang war Hagen geneigt, ihr zuzustimmen, doch dann obsiegte die ihm eigene Starrköpfigkeit. Er trug O'Hara auf, die Lampe zu holen, erklärte anschließend Rose mit einem müden Lächeln: »Ich bin schon oft bei Nacht getaucht. Es geht nicht anders, wenn man in einem fremden Perlenrevier wildert.«
      O'Hara kam mit der Lampe aus dem Ruderhaus zurück, einem speziell für den Unterwassereinsatz gebauten großen Scheinwerfer an einem langen Kabel, das mit der Schiffselektrik verbunden war. Die Lampe in der einen, eine Brechstange in der anderen Hand ließ Hagen sich über Bord fallen.
      Der starke Strahl der Lampe reichte bis hinunter zum Wrack, das ihm nun, je näher er kam, unheimlich erschien. Vielleicht liegt es an der Müdigkeit, überlegte er sich, doch als er über das Wrack hinwegschwamm, verstärkte sich das flaue Gefühl in der Magengegend. Die Barkasse hatte noch immer starke Schlagseite; allerdings klaffte anstelle des Trümmergewirrs nun ein großes, schwarzes Loch. Er leuchtete mit der Lampe in die Kajüte, konnte aber nichts erkennen. Einen Augenblick zögerte er, doch dann wagte er sich, den Scheinwerfer vor sich haltend, ins Innere.
      Er leuchtete jede Ecke der Kajüte aus, entdeckte jedoch nichts Ungewöhnliches. Es war schon ein seltsames Gefühl, durch eine Kajüte zu schweben und die Decke unter den Füßen, den Fußboden über dem Kopf zu sehen. Genau vor ihm befand sich eine Tür, die zu einem zweiten Raum führte; als er auf sie zuschwamm, strich das Scheinwerferlicht über zerbrochene Kisten und Ziegelsteine in dem von Decke und Wand gebildeten Winkel. Die Goldbarren! Da lagen sie nun, greifbare Realität geworden nach allen Träumereien. Plötzlich bemerkte Hagen in den Augenwinkeln eine Bewegung, richtete die Lampe nach oben und erschrak zu Tode: Ein Mann kam mit ausgestreckten Armen auf ihn zu. Er stieß einen Schrei aus und schlug mit dem Brecheisen nach der Gestalt, die durch den Schlag gegen die Kajütenwand geschleudert wurde und dort verharrte.
      Changs Bruder! Hagen fühlte sich plötzlich völlig ausgelaugt und kraftlos. Seine Erschöpfung und die unheimliche Umgebung hatten ihm einen Moment lang vorgegaukelt, der Wasserteufel, von dem Chang gesprochen hatte, würde tatsächlich existieren. Eine seltsame Laune der Natur hatte dafür gesorgt, dass die Leiche von Changs Bruder aufrecht wie ein Lebender im Wasser schwebte. Aufgedunsen, wie sie war, bot sie einen Furcht erregenden Anblick. Hagen musste seine letzten Reserven an Willenskraft mobilisieren, um zu ihr hinüberschwimmen und sie an den Haaren packen zu können. Angewidert schwamm er aus der Kabine, die Leiche hinter sich herziehend.
      Alle Schwierigkeiten waren jedoch noch nicht überwunden. Die Leiche verfing sich in der aufgesprengten Türöffnung; Hagen musste sich also umdrehen und sie freizerren. Es war schon seltsam, dass er in ihr immer noch einen Menschen und keinen leblosen Körper sah. Er fasste die Leiche um die Hüfte und zog sie aus dem Wrack. Das sich schwammig anfühlende Fleisch ekelte ihn so stark, dass er seinen

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