Das Dunkel der Lagune
als unüberwindliches Hindernis, doch dann teilte sich das Röhricht. Langsam schob sich die Hurrier in die kleine Lagune; Hagen stellte den Motor ab, rannte zum Bug und warf den Anker aus. Die anderen beobachteten ihn völlig verdutzt. »Was ist denn in dich gefahren?«, wunderte sich Mason.
Hagen lachte nur und rief Chang zu: »Du musst bis Sonnenuntergang hier bleiben. Dann habe ich die Leiche deines
Bruders hochgeholt.«
Er lief in die Kajüte, kam kurz darauf wieder und zog die Kiste mit seiner Taucherausrüstung hinter sich her.
»Du willst doch nicht etwa noch tauchen, Mark?«, rief Rose erschrocken. Er nickte nur und begann, seine Ausrüstung vorzubereiten. Rose wandte sich Hilfe suchend an Mason. »Steve, tun Sie doch etwas! Bringen Sie Mark dazu, dass er Vernunft walten lässt.«
»Rose hat Recht, Hagen. Du hast einen schweren Tag hinter dir. Warum die Eile? Wir haben doch morgen noch den ganzen Tag dafür. Wir wissen doch, dass das Zeug da unten ist.«
Hagen zog sich Schwimmflossen an und erklärte seine Absichten. »Könnt ihr das denn nicht kapieren? Kossoff ist noch nicht da. Das heißt, dass wir einen Vorsprung haben, und den möcht ich nicht verschenken. Da unten in der Kajüte ist eine Leiche, und die Tür ist blockiert. Ich will heut noch die Tür freimachen und die Leiche raufholen, damit wir morgen früh gleich damit anfangen können, das Gold zu holen.«
Er setzte sich das Atmungsgerät auf, und O'Hara zog die Gurte fest. Mason sah zum Himmel hoch. »Meiner Ansicht nach verschwendest du deine Zeit. In anderthalb Stunden wird's dunkel.«
Hagen ignorierte seinen Einwand und gab O'Hara Anweisung, den Flaschenzug so schnell wie möglich einsatzbereit zu machen. Nachdem er sich die Taucherbrille aufgesetzt und das Mundstück zwischen die Zähne gesteckt hatte, ließ er sich ins Wasser fallen. Noch einmal hörte er Roses heftigen Protest.
Er regulierte die Sauerstoffzufuhr und schwamm dann in die Tiefe. Das Gefühl der Schwerelosigkeit und des Alleinseins in einer Welt ohne Geräusche faszinierte ihn jedes Mal von neuem, versetzte ihn in einen heiteren, beinahe rauschähnlichen Zustand. Als er sich dem Wrack auf wenige Meter genähert hatte, musste er jedoch feststellen, dass sich sein Vorhaben schwieriger gestalten würde als angenommen.
Die Barkasse war auf dem schrägen Grund der Lagune auf die Seite gekippt, und ein Teil des Kajütendaches – offensichtlich durch einen Treffer des Kanonenbootes abgerissen – versperrte den Eingang zur Kajüte. Hagen betrachtete sich das Wrack von allen Seiten, unternahm auch ein, zwei zögerliche Versuche, zerbrochene Planken und verbogenes Metall beiseite zu schieben, doch die Vergeblichkeit seiner Bemühungen war ihm völlig klar. Er ließ sich nach oben treiben, kam hinter dem Heck der Hurrier wieder an die Oberfläche.
Mason half ihm an Bord. Hagen schob die Taucherbrille hoch und verlangte nach einer Zigarette. »Wie sieht es da unten aus?«, wollte Mason wissen.
»Nicht so gut«, erwiderte Hagen, drehte nachdenklich die Zigarette zwischen den Fingern, setzte schließlich seinen Bericht fort. »Soweit ich's beurteilen kann, speisen zwei Strömungen die Lagune. Deshalb ist sie auch fast kreisrund und frei von Schlamm. Der Untergrund fällt zur Mitte stark ab. Die Barkasse stand deshalb recht schräg, als der Bruder von Chang in die Kajüte eingedrungen ist. Er muss dann da drin etwas verändert haben, sodass die Barkasse ganz auf die Seite gekippt ist und sich das Kajütendach in den sandigen Untergrund gedrückt hat. Es sieht so aus, als ob Trümmer vom Dach den Eingang blockieren.«
»Das Dach war beschädigt«, bestätigte Rose. »Von einem Geschütztreffer, wenn ich nicht irre.«
»Und was jetzt?«, sorgte sich Mason.
Hagen wusste bereits eine Lösung. »Sprengen. Ich werd den Eingang freisprengen. Eine sehr gute Idee, dass Charlie den Plastiksprengstoff besorgt hat.«
Mason zuckte mit den Schultern. »Wie du meinst, Hagen. Du bist der Boss.« Er holte die Sprengausrüstung aus der Kajüte, während Hagen den Anker lichtete, O'Hara die Maschine anwarf und die Hurrier an den Rand der Lagune fuhr.
Als sie die Ladungen vorbereiteten, äußerte Mason Bedenken. »Glaubt ihr, dass wir weit genug entfernt sind? Nicht, dass wir uns noch selbst in die Luft sprengen.«
»Es sind nur kleine Ladungen«, versicherte Hagen. »Ich will die Barkasse ja nur aufsprengen und nicht ganz in
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