Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)
Samtbezug und eine Kommode mit vier Schubladen und diesen Klauen als Beinen, die man manchmal bei alten Möbeln sah. Am anderen Ende des Raumes gab es einen Einbauschrank von der Größe einer Telefonzelle und ein nicht viel größeres Bad.
Die Farben waren denen der größeren Suiten nachempfunden, die wir vorher besichtigt hatten: Lavendel und Grün von der Tapete über den abgetretenen Teppich mit Hotellogo bis hin zur geblümten Bettdecke und den Gardinen, die einen weißen, fensterlosen Bereich an der Wand einrahmten. (Warum man sich diese Mühe gemacht hatte, war mir allerdings schleierhaft.) Aurelia hatte uns darüber informiert, dass es sich dabei um die Originalfarben des Lexington handelte, dass nun aber nur noch ein einziger Raum pro Stockwerk so gestaltet worden war – der Rest hingegen in opulenterem Weinrot, Schwarz und Gold. Es war schön, in meiner Unterkunft ein wenig Geschichte zu atmen, auch wenn sie nicht so schick war wie die restlichen renovierten Zimmer im Gebäude. Das ganze Untergeschoss war gar nicht so schlimm, wie ich mir das vorgestellt hätte. Der Teppichboden und die Tapete an der oberen Hälfte der Wand waren in denselben Farben gehalten, die untere Hälfte bedeckte eine Holzvertäfelung aus Mahagoni, wie in einer Mondscheinkneipe.
Ich schob den Fuß in die Schlaufe einer Reisetasche und zog sie dann über das Bett zu mir heran. Es sprach schließlich nichts dagegen, schon mal meine Sachen auszupacken. Ich hatte gerade angefangen, Pullover, Jeans und zusammengerollte Socken hervorzuholen, als hastiges Klopfen mich zusammenfahren ließ und mir die Tür dann quasi entgegenkam, als ich aufmachen wollte. Dante stürmte herein und ließ sich aufs Bett plumpsen.
»Ich fasse es nicht, dass du deine eigene Junggesellinnenbude hast, während Lance und ich uns ein Zimmer teilen müssen«, klagte er schmollend.
»Sorry … so leid tut’s mir dann aber auch wieder nicht.« Ich lächelte.
»Wusstest du, dass dieser Typ bei den SAT-Prüfungen beinahe 2400 Punkte abgesahnt hat?«
»Warum ist das eigentlich immer die erste Frage, die du allen stellst? Wenn du nicht so ein charmantes Kerlchen wärst, würden die Leute dich wirklich hassen.«
»Lass es gut sein, 1500.«
»Ich bin eben nicht gut in Prüfungen. Und du bist gemein.«
»Also bitte, du vergötterst mich doch. Ich habe gerade ein paar von diesen Glamazonen in der Eingangshalle gesehen. Vielleicht könnten wir uns noch mal drüber austauschen, warum hier alle so umwerfend aussehen?«
»Die tun bestimmt irgendwas ins Wasser.«
»Na, hoffentlich. Dann trink mal schön, Schwester.«
»Du sagst es. Aber jetzt im Ernst, was ist los mit denen?«
»Da bin ich überfragt. Außerdem sind sie vielleicht sexy, aber absolute Langweiler. Ich habe das Gefühl, unter der schönen Fassade verbirgt sich wirklich null Persönlichkeit.«
»Das sollte ich mir vielleicht merken: Persönlichkeit wird überbewertet.« Kopfschüttelnd leerte ich eine Reisetasche und griff dann nach der zweiten. Ich breitete alles um Dante herum auf dem Bett aus, der einfach nur dalag und sich nicht an den wachsenden, schwankenden Wäschebergen um ihn herum störte. Dann nahm ich mir einen Armvoll Klamotten, kniete mich auf den Fußboden und begann, sie in Schubladen einzuordnen.
»Wer braucht schon Persönlichkeit, wenn er so aussieht?«, sinnierte er. »Ich wusste nicht einmal, dass sie so etwas im Mittleren Westen überhaupt noch herstellen. Wenigstens ist da der eine oder andere Augenschmaus für mich dabei, und für dich auch, je nachdem, wie die ticken.«
Ich musste lachen, das liebte ich so an Dante. Er hatte sich im ersten Highschooljahr geoutet – er behauptete gern, dass es ja gute Gründe haben musste, wenn er sich nicht in mich verliebt hatte. Das war zwar reine Koketterie, aber das störte mich nicht. Natürlich trug sein offener Umgang mit seiner sexuellen Orientierung nicht gerade zu seiner Popularität bei. Es gab bei uns an der Schule nicht viele Jungen mit seinem Selbstbewusstsein. Aber uns schweißte das nur noch enger zusammen – wir konzentrierten uns auf die Schularbeit und auf unsere Freundschaft. Der Mangel an sonstigen Freizeitaktivitäten brachte uns näher zusammen.
Plötzlich kam mir Lucian in den Sinn, auch wenn ich diesen Gedanken lieber schnell verdrängte. Das war einfach keine gute Idee. Er sah zwar aus, als würde er in die Highschool gehören, aber er hatte hier diese unglaubliche Verantwortung, einen echten Klassejob. Vielleicht
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