Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)
würde.
Wir warteten eine angemessene Uhrzeit ab – Dante zufolge war das so gegen elf –, um im Tresor die Party zu stürmen. In der Zwischenzeit schlugen wir bei mir die Zeit tot, während Lance im Zimmer der Jungen ein Nickerchen machte. Dante hatte sich vor einer Weile hineingeschlichen, während Lance – mit der Brille auf der Nase – im unteren Teil ihres Hochbetts geschlafen hatte, und den versprochenen Gürtel geholt. Er war aus dickem, abgewetztem schokoladenbraunem Leder und hatte eine fette Schnalle, auf der in Glitzersteinen DANTE stand.
»Ist das dein Ernst?«, fragte ich, als er mich mit dem Gürtel ausstattete und ihn durch die Schlaufen meiner Jeans schob.
»Der sieht richtig verwegen aus«, beteuerte er.
Bei ihm vielleicht, aber ich war in Modedingen nicht so abenteuerlustig. »Das kommt mir vor wie einer von diesen Gepäckanhängern: Im Falle des Verlustes bitte zurückgeben an …«
»Na ja, du hast mich doch gebeten, dich nicht alleinzulassen, oder?«, lachte er. Dass das so gar nicht mein Stil war, fand er unglaublich amüsant. »Du siehst toll aus!«
Schließlich holten wir Lance ab. Ich wartete an der Tür, während Dante seinen Zimmergenossen knuffte. Er bekam ganz schön was ab, bevor er endlich aufschreckte, wild mit den Armen um sich schlug und aus dem Bett rollte. Er landete zu unseren Füßen, und wir versuchten erfolglos, ein Kichern zu unterdrücken.
»Hoch mit dir, du Sonnenschein, jetzt ist Partytime!«, rief Dante.
Lance setzte sich auf und rieb sich erst die Augen, dann den Ellbogen. Er war wohl auf dem Musikknochen gelandet, aber er lachte auch.
»Danke auch. Au«, maulte er und beugte den Arm.
Da er weitaus weniger Aufwand als Dante und ich betrieb, war er im Handumdrehen fertig – er rollte buchstäblich einfach nur aus dem Bett und war startklar. Dante hingegen hatte ein rosafarbenes Hemd angezogen und seine beste Jeans, die enge dunkelblaue, die er sich für besondere Gelegenheiten aufsparte. Wir drei machten uns auf den Weg zum Aufzug ganz hinten in der Lobby, fuhren schweigend hinunter und malten uns aus, was wir dort unten wohl vorfinden würden.
Die Musik umfing uns, noch bevor sich die Türen wieder öffneten, sie waberte die Liftkabel entlang und erfüllte pulsierend die Kabine. Als das Maul des Aufzugs endlich aufriss, schickte es uns hinaus zu dieser imposanten Stahltür. Da wir direkt aus dem Hotel kamen, brauchten wir nicht anzustehen. Die meisten Clubgäste mussten sich draußen auf der Straße zwischen Müllcontainern und der ein oder anderen Ratte in die Schlange einreihen und wurden dann zu einem anderen Lift gebracht, der sie hinunterbeförderte – wir hatten den Eingang bei unserem Rundgang gesehen, und er war nicht besonders einladend. Trotzdem ging die Schlange manchmal um den ganzen Block herum.
Der Aufzug vom Straßeneingang öffnete sich nun und spuckte ein paar Partygänger aus – drei Frauen mit Stöckelschuhen und kurzem Rock sowie zwei Männer im Blazer und mit offenem Hemdkragen. Alle flirteten miteinander, flüsterten sich gegenseitig ins Ohr und machten sich Komplimente über ihre Klamotten. Die waren allerdings nur ein Vorwand, um die Pailletten am Kleid zu berühren, über den Aufschlag eines Jacketts zu streichen oder frech einen Hemdknopf zu öffnen. Dante, Lance und ich wechselten Blicke. Wir wurden ebenfalls gemustert, aber es sagte niemand etwas. Die Gruppe passierte die Kontrolle und wurde in den Hauptraum gelassen – Musik schwappte zu uns heraus, als sich die Türen öffneten und der Club die Truppe verschluckte.
Ich konnte spüren, wie der Beat meinen Herzschlag dominierte und ihm einen neuen Rhythmus aufzwang. Mit diesen synkopischen Tönen hatte mein Körper so seine Probleme. Irgendwie schien meine Lunge plötzlich vergessen zu haben, wie man atmete, erinnerte sich dann zu spät wieder daran, und ich holte keuchend Luft. An der Tür stand die blonde Frau, die uns vorhin die Geschenktüten gereicht hatte, mit einem Klemmbrett in der Hand. Neben ihr thronte ein makelloses männliches Syndikat-Mitglied. Bislang hatte ich nicht einmal gewusst, dass solche Wesen außerhalb von Kino und Zeitschriften überhaupt existierten. In der Schule brauchte man viel weniger, um etwas Besonderes zu sein. Inzwischen hatte ich das Gefühl, dass ich längst nicht mehr so eingeschüchtert wäre, wenn ich nun in ein Klassenzimmer mit all den Schulkameraden zurückkehren würde, die ich zuvor für so perfekt gehalten hatte. Denn diese
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