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Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)

Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)

Titel: Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimee Agresti
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wer mit Jacke gekommen war, hatte sie ausgezogen und zeigte nun perfekt geformte, stählerne Muskeln. Die Frauen tanzten mit den höchsten Absätzen, die ich je gesehen hatte, und wirkten dabei völlig locker und trittsicher. Ich achtete genau auf jedes Detail: den Schnitt der Kleider, wie sie ihr Haar gescheitelt hatten, die Länge der Wimpern. Eine der Frauen wirbelte herum und kam mit dem Rücken vor mir zum Stehen. Sie trug ein pflaumenfarbenes Kleid mit nur einem Träger, das auf Oberschenkellänge endete. Als sie ihre glänzenden, rotbraunen Locken schüttelte, konnte ich einen Blick auf ihre bloße Schulter erhaschen: Sie schien zurückzustarren. In die Haut war ein so lebensechtes Auge eintätowiert, dass ich das Gefühl hatte, es würde gleich blinzeln. In der weißen Pupille thronte als Iris ein schwarzes Pentagramm, und das Auge war von orangefarbenen und roten Wimpern umgeben, die an lodernde Flammen erinnerten. Irgendwie kam mir das Motiv bekannt vor. Ein Blick in die Menge machte mir schnell klar, warum: Ich bemerkte eine weitere dieser Zeichnungen auf dem Bizeps eines Typen, sie lugte unter seinem Ärmel hervor, und noch eine auf dem Fußgelenk einer blonden Frau mit ellenlangem Haar.
    Die Frau mit dem Knöcheltattoo und der unglaublichen Mähne ließ die Gruppe langsam hinter sich und kam rüber zu meinem Tisch. Ich versuchte, sie nicht anzustarren, als sie eine offene Champagnerflasche aus einem Eiskübel zog und nach einem Sektkelch griff, der im hinteren Bereich des Tisches zusammen mit anderen Gläsern sauber aufgereiht war. Ich erkannte sie aus den Artikeln über das Hotel wieder, die ich gegoogelt hatte: Raphaella. Sie war ein Model und It-Girl, das immer zu den tollsten Partys ging und mit wichtigen Leuten fotografiert wurde. Wenn ich jetzt so darüber nachdachte, waren mir bei meiner Recherche so einige dieser Gesichter untergekommen. Über die mit der Schultertätowierung, Calliope, hatte etwas in einem Kunstmagazin oder so gestanden.
    Mit zierlichen Fingern hielt mir Raphaella ein Glas hin. »Prost!«, rief sie. »Das ist flüssiges Gold. Aurelias Lieblingsgetränk. Was Besseres wirst du nicht finden.« Die Geste war herzlich, der Tonfall jedoch nicht. Es kam mir eher so vor, als gehöre das zu ihrem Job. Ich wies mich selbst zurecht, bevor ich mich zu sehr in die Sache verrannte – Haven, nicht so empfindlich, okay? – und griff nach dem Glas in Raphaellas Hand.
    »Wow, danke.« Obwohl sie sich so kühl gab, war es doch irgendwie nett. Ich fand es schön, mit einbezogen zu werden, selbst wenn ich das Zeug nun wirklich nicht trinken wollte. Ich sah zu Lance hinüber. Er hatte seinen Drink nicht mehr angerührt, saß beinahe unsichtbar da und nahm hinter seinen Brillengläsern alles in sich auf. Seine Haare waren von dem Nickerchen noch ganz verstrubbelt. Wie zwei Buchstützen rahmten wir die wilde Party zwischen uns ein.
    Raphaella goss sich selbst ein Glas Champagner ein und ließ sich neben mir nieder. Sie schlug ihre endlosen Spinnenbeine übereinander und nippte anmutig an ihrem schlanken Glas. Ich beschloss, es mit freundlicher Konversation zu versuchen: »Sie sind Raphaella, stimmt’s?« Sie nickte und lächelte mich sanft an. Ihre mit Kajal umrahmten Augen waren wie zwei wunderschöne blanke Knöpfe. »Ich habe Sie in Zeitschriften und so gesehen. Sie müssen als Model ja wirklich ein aufregendes Leben führen. Sind Sie oft hier? Ich fange gerade mein Praktikum an und finde das alles so spannend.« Mir wurde klar, dass ich jetzt nur noch vor mich hinplapperte. Dann herrschte lange peinliches Schweigen.
    »Ohne Aurelia und das Syndikat wäre ich gar nichts«, erklärte Raphaella schließlich in etwa so gleichgültig, wie sie auch »Hier in Chicago ist es im Winter kalt« hätte sagen können. Es klang wie eine offensichtliche und banale Tatsache, die sie schon tausendmal wiederholt hatte.
    »Aurelia hat ja angedeutet, dass uns der Aufenthalt hier viele Türen öffnen kann. Das hat sie dann wohl ernst gemeint.«
    »Hat sie, das kann ich dir versichern.« Diese Worte klangen eindringlich, so als wolle Raphaella sichergehen, dass ich auch wirklich zuhörte. Dann lächelte sie wieder und nahm noch einen Schluck.
    »Das ist gut zu wissen. Stehen bei Ihnen denn bald wieder tolle Projekte an?«
    »Ja, nächsten Monat bin ich in der Sonntagsbeilage der Chicago Tribune auf dem Titel, dann mache ich noch die Frühlingsmoden-Sonderausgabe von Chicago und Doppelseiten in Glamour und Seventeen

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