Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)
aus, als wären wir drin«, bemerkte ich.
»Die Streber machen einen drauf!« Triumphierend reckte er beide Arme in die Luft. Dann hielt er abrupt inne, ließ sich auf die plüschige Bank zurücksinken und nahm wieder seine Partypose ein.
»Okay, das Wichtigste ist jetzt nämlich, uns ganz cool zu geben und so auszusehen, als würden wir dazugehören«, witzelte ich.
»Das versteht sich doch von selbst.«
»Also, wie hast du das gemacht?«
»Ich hab einfach gefragt, und die haben mich nur wieder so angeguckt.« Er imitierte ihren typischen Blick, dieses leere Starren über meine Schulter. Mir entfuhr ein kurzes Lachen, und dann vergewisserte ich mich schnell, dass es niemand mitbekommen hatte. Aber es achtete sowieso keiner auf uns.
Lance erschien am oberen Rand der Treppe. Da wir zwischen dem Tisch auf meiner Seite und der Schaar langbeiniger Syndikat-Damen neben Dante eingeklemmt waren, suchte er sich einen Platz am gegenüberliegenden Rand des Kreises.
»Hier fehlen noch Requisiten«, fand Dante. »Tausch mal den Platz mit mir, dann mache ich mich mit der Bar vertraut.« Er stand auf, und ich rutschte rüber.
»Hm, ich denke nicht, dass wir …«
»Ganz locker, für dich keinen Alkohol. Hey, Lance!«, rief er durch die wogende See von Syndikat-Mitgliedern zu unserem Mitpraktikanten hinüber. Dante machte eine Trinkbewegung mit der leeren Hand und deutete dann auf Lance. »Auch was für dich?«
Unwillkürlich hielt ich mir die Hand vors Gesicht, als ob ich mich hinter dieser kleinen Geste verstecken könnte. Eigentlich dachte ich, wir sollten hier nicht zu viel Aufmerksamkeit erregen. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass Aurelia alles herausfinden würde, was heute Abend passierte. Das mit dem Alkohol war vermutlich nicht die beste Idee.
»Klar, danke. Ich lass mich überraschen«, rief Lance zu uns rüber. Er lehnte sich zurück und war schon damit zufrieden, dabei zuzusehen, wie es zwischen all den Menschen um uns herum knisterte.
Dante nickte im Takt und sah aus, als würde er im Chemieunterricht ein Experiment durchführen – er hielt ein Glas hoch, gab eine Flüssigkeit nach der anderen hinein und legte gedankenversunken den Finger an die Lippe, während er überlegte, was er als Nächstes hinzufügen sollte. Ich musste lachen, als ich ihn so ansah: In Wirklichkeit hatte er keine Ahnung, was er da machte. So etwas gehörte absolut nicht zu unseren üblichen Freizeitaktivitäten. Wir hatten schon früh beschlossen, dass wir einfach nicht zu diesen Kids gehören wollten, die sich am Wochenende gehen ließen und sich betranken. Unsere Wahl zu Mitvorsitzenden des Komitees von Schülern gegen selbstzerstörerisches Handeln hatte unser Schicksal nur besiegelt – ich hatte in meinem ganzen Leben nicht mehr als ein paar Schluck Alkohol getrunken.
Als Dante endlich mit seiner Rezeptur zufrieden war, schlängelte er sich zwischen all den schönen Menschen hindurch und reichte Lance das Gebräu – im hohen Glas leuchtete eine bernsteinfarbene Flüssigkeit. Lance nickte anerkennend, und Dante kehrte zu mir zurück. »Du bist als Nächstes dran!« Er zeigte mit Fingerpistolen auf mich.
Ich beobachtete, wie Lance auf der anderen Seite seinen Drink probierte. Er nahm einen ersten Schluck, spuckte ihn aber sofort wieder ins Glas. Dann zog er eine Grimasse und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. Als er meinen Blick bemerkte, schüttelte er nur den Kopf. Ich kicherte leise, und Dante hatte die Reaktion auf seine Künste als Barkeeper zum Glück gar nicht mitbekommen. Er ließ sich wieder auf der anderen Seite des Tisches nieder und mixte fröhlich weiter. Die nächste bernsteinfarbene Mischung nahm Form an, und er genehmigte sich einen tiefen Schluck. Dann sah er mich mit rollenden Augen an.
»Ich weiß schon, was du denkst. Aber schließlich soll man sich örtlichen Gepflogenheiten anpassen. Lass uns ausnahmsweise mal ein bisschen Spaß haben. Hier kennt uns doch niemand, das ist einfach Wahnsinn! Wir können ganz neu anfangen, Baby!«
Mit erhobenen Händen gab ich mich geschlagen. »Ich hab ja gar nichts gesagt.«
Ein Song mit hämmerndem Maschinengewehr-Beat erklang, und um uns herum begannen alle, sich mit wiegenden Hüften im Takt zu bewegen. Mit dem Glas in der Hand sprang Dante von seinem Platz auf und eroberte die Tanzfläche. Jetzt war er ganz in seiner eigenen Welt. Ich blieb allein zurück und betrachtete die Menge um mich herum. Einige der Männer hatten die Ärmel hochgekrempelt,
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