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Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)

Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)

Titel: Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimee Agresti
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hab mich nur gefragt, also, wenn es nicht zu viel Aufwand ist, ob du eventuell … ich meine, du hast doch Photoshop und so, oder?«
    »Habe ich.« Ich führte den Gedanken für ihn zu Ende. »Und ich kann die gern wegretuschieren. Wenn du das möchtest.«
    Wieder fuhr er sich im Nacken durch die Haare, und er wirkte erleichtert. »Das wäre wirklich toll, wenn du die einfach wegmachen könntest. Die stört mich irgendwie.« Er sah hoch. »Danke.«
    »Jederzeit. Ich kann das gut verstehen«, erwiderte ich feierlich. Ich überlegte sogar, ihm von meinen Narben zu erzählen, war mir dann aber doch nicht so sicher, ob ich es tun sollte. Vielleicht irgendwann mal.
    »Danke. Das ist wirklich toll«, meinte er wieder. »Ich, hm«, er zeigte auf die Tür, »ich lass dich dann mal wieder arbeiten.«
    Sobald er verschwunden war, sah ich mir seine Bilder an. Wie ich längst vermutet hatte, waren die ohne Brille bei weitem die besten. Sie zeigten in seinem Gesicht Ecken und Kanten, auf die man sonst kaum achtete, zum Beispiel seinen markanten Kiefer. Auf den Bildern war nicht zu erkennen, wie ungelenk er sich bewegte. Und dass er die Augen – in einem tiefen, schmelzenden Braun – ein ganz kleines bisschen zusammenkniff und angestrengt nach der Kamera suchte, ließ ihn besorgt und ernst, sogar fürsorglich wirken. Ich beschloss, dass mir seine klobige Brille dann am besten gefiel, wenn sie ihm am Hemdkragen hing. Dort sah sie so viel besser aus als auf seiner Nase, wo sie das Gesicht völlig verdeckte.
    Nachdem ich das Foto ausgesucht hatte, zoomte ich mich an mein Ziel heran und vergrößerte die Narbe, um sie mir mal genauer anzusehen. Ich fragte mich, wie er wohl dazu gekommen war. Die Textur war ähnlich wie bei mir, seine Narbe sah ebenfalls aus wie eine Verbrennung, war jedoch viel blasser und bestand nur aus einem einzigen Streifen, nicht aus einem unschönen Trio wie bei mir. Haben eigentlich immer alle das Gefühl, dass es sie schlimmer getroffen hat als den Rest? Aber er hatte die Narbe ja auch mitten im Gesicht und wurde trotz der Brille sicher ständig daran erinnert. Er war so höflich gewesen, nicht nach meiner Schramme zu fragen. Jetzt verstand ich auch, warum.
    Leises Klopfen ertönte an der Tür, und ich fuhr zwar wieder zusammen, aber wenigstens blieb mir dieses Mal nicht das Herz stehen wie noch Minuten zuvor. Ich machte Fortschritte.
    »Da ist aber plötzlich jemand anspruchsvoll«, rief ich, während ich mit der Maus husch, husch, husch das Bild wieder kleiner klickte – Lance musste ja nicht wissen, dass ich mir seine Narbe aus nächster Nähe angesehen hatte. »Also, was soll ich jetzt noch ändern?«
    »Na ja, meine Manieren zum Beispiel. Die könnten wirklich mal überholt werden.«
    Das war nicht die Stimme von Lance.
    Ich fuhr auf meinem Stuhl herum. Lucian stand auf der Türschwelle, er trug wieder einen Anzug und eine diesmal perfekt sitzende Krawatte.
    »Hi … hi«, stammelte ich. Ich konnte meine Überraschung nur schwer verbergen.
    »Tut mir leid, wenn ich störe.« Er trat einen Schritt ins Innere der Galerie. »Aber ich glaube, nein, ich weiß, dass ich dir noch eine Entschuldigung schulde.« Er ging neben mir in die Hocke, und mich umfing sein Moschus- und Zederngeruch.
    »Ach, echt? Ich weiß nicht, was du meinst«, versuchte ich, mich cool zu geben.
    »Gestern Abend …« Er verstummte bedeutungsschwer. »Ich musste mich da um eine Angelegenheit kümmern, und die Sache hat einfach kein Ende gefunden. Es tut mir sehr leid.« Seine grauen Augen umfingen mich, packten mich und ließen mich nicht wieder los.
    »Oh, das war doch keine große Sache.« Ich zuckte mit den Achseln.
    »Na ja, ich glaube trotzdem, dass ich dir was schuldig bin.«
    Ich sah keinen Grund, ihm das auszureden. »Na ja, ich lasse eigentlich jedem gern seinen Glauben.«
    Er lächelte. »Gut zu wissen.« Sein Blick wanderte zum Schreibtisch hinüber und blieb an dem Stapel Fotos hängen, den ich bereits ausgedruckt hatte. Er stand auf, griff über mich hinüber und nahm sie in die Hand.
    »Ich bin aber noch nicht fertig.« Ich fuchtelte wild herum, um die Aufnahmen wieder an mich zu bringen, er hielt sie aber einfach weiter weg.
    »Ist meins schon dabei? Habe ich denn gar kein Vetorecht?«
    »Ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass die kreative Kontrolle hier ganz bei mir liegt«, bemerkte ich mit genau dem richtigen scherzhaften Unterton.
    »Ach, tatsächlich? Tja, das wird sich zeigen.« Mir zugewandt lehnte er sich

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