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Das dunkelste Blau

Das dunkelste Blau

Titel: Das dunkelste Blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Chevalier
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zum ersten Gottesdienst gehe und die anderen sehe, daß ich in der Sonne gehe, dachte sie. Ich werde nicht mehr erwarten.
    Nach dem Morgengottesdienst in Saint Pierre wandte Etienne sich einfach in Richtung von Gaspards Haus, ohne mit Isabelle zu sprechen; der Rest der Familie ging hinterher. Pascale ging neben ihr her und lächelte.
    – Ich bin froh, daß du zum zweiten Gottesdienst kommst, flüsterte sie. Es ist gut, daß du heute hier bist.
    Im Haus saß sie neben Pascale am Feuer und hörte dem Klatsch vom Winter zu, von dem sie nichts erfahren hatte.
    – Aber sicher weißt du das alles! rief Gaspard jedesmal, wenn er eine neue Geschichte erzählte. Hannah muß doch davon gehört haben, als sie zum Brotbacken kam, sicher hat sie dir davon erzählt! – Oh! Er legte die Hand auf den Mund, zu spät, um die Worte aufzuhalten, und sah zu Hannah, die neben Etienne auf der anderen Bank saß und die Augen geschlossen hielt. Sie öffnete sie und sah Gaspard an, der nervös lachte.
    – Eh, Hannah, sagte er schnell, du weißt doch jeden Klatsch, n’est-ce pas? Du kannst hören, auch wenn du nicht sprechen kannst.
    Hannah zuckte die Achseln und schloß die Augen wieder.
    Sie wird alt, dachte Isabelle. Alt und müde. Aber sie kann immer noch sprechen, da bin ich mir sicher.
    Petit Jean verschwand bald mit einem Nachbarssohn, aber Jacob und Marie blieben da; sie waren unruhig und hatten glänzende, erwartungsvolle Augen. Schließlich sagte Pascale mit einer hohen Stimme: – Kommt, ich zeige euch die jungen Zicklein. Du nicht, Isabelle. Nur die beiden. Sie führte die beiden Kinder in den Stall.
    Als sie wiederkamen, kicherten sie, besonders Marie. Mit erhobenem Kopf, als trüge sie eine Krone, ging sie im Raum umher.
    – Wie waren die Zicklein? fragte Isabelle.
    – Weich, erwiderte Jacob, und er und Marie brachen in Gelächter aus.
    – Komm her, petit souris , sagte Gaspard, oder ich werfe dich in den Fluß!
    Marie kreischte, als er sie im Zimmer umherjagte und sie kitzelte, nachdem er sie gefangen hatte.
    – Wenn du das machst, wird sie während des Gottesdienstes nie still sein, sagte Etienne steif.
    Gaspard ließ Marie abrupt los.
    Pascale kam zurück und setzte sich wieder neben Isabelle. Sie hatte ein Lächeln im Gesicht, das Isabelle nicht verstand. Sie fragte nicht. Sie hatte gelernt, nicht zu fragen.
    – Also werdet ihr bald einen Kamin haben, sagte Pascale.
    – Ja. Etienne wird den Herd nach dem Säen setzen, mit Gaspards Hilfe natürlich. Der Granit ist so schwer. Dann wird er den Kamin bauen.
    – Kein Rauch mehr. Pascale klang neidisch, und Isabelle lächelte.
    – Nein, kein Rauch mehr.
    Pascale senkte die Stimme.
    – Du siehst besser aus als letztes Mal.
    Isabelle sah sich um. Etienne und Gaspard waren in ein Gespräch vertieft; Hannah schien zu schlafen.
    – Ja, ich war mehr draußen, erwiderte sie vorsichtig. Ich hatte frische Luft.
    – Das ist es nicht. Du siehst glücklicher aus. Als ob dir jemand ein Geheimnis erzählt hätte.
    Isabelle dachte an den Schäfer.
    – Vielleicht hat mir jemand ein Geheimnis erzählt.
    Pascale weitete die Augen und Isabelle lachte.
    – Es ist nichts, sagte sie. Nur der Frühling und der Kamin.
    – Also haben die Kinder dir nichts gesagt.
    Isabelle setzte sich auf.
    – Was sollen sie gesagt haben?
    – Nichts. Wir sollten jetzt essen. Es ist bald Zeit, nach Chalières zu gehen. Pascale stand auf, bevor Isabelle antworten konnte.
    Nach dem Essen wanderten sie in einer kleinen Prozession zur Kirche: Etienne und Gaspard gingen voran, Hannah an Etiennes Arm, dann folgten die Frauen mit Marie an Isabelles Hand, und Petit Jean und seine Freunde kamen in einem wildenHaufen hinterher, sich gegenseitig stoßend und laut rufend. Hinter allen folgte Jacob für sich allein, hatte die Hände in den Taschen und lächelte.
    Sie kamen früh an; die Kirche war erst halb voll, und sie konnten weit genug vorne stehen, um den Prediger deutlich zu sehen. Isabelle hielt die Augen auf den Boden gesenkt, stellte sich aber so hin, daß sie die Jungfrau sehen konnte, wenn sie es wagte aufzusehen. Marie stand neben ihr, schlang die Arme um ihren Körper und kicherte.
    – Maman, flüsterte sie. Gefällt dir mein Kleid?
    Isabelle sah auf sie hinab.
    – Dein Kleid ist ordentlich und anständig, ma fille . Das Richtige für die Heiligen Tage.
    Marie kicherte, biß sich dann auf die Lippe, als Jacob die Stirn runzelte.
    – Ihr spielt doch etwas, ihr zwei, erklärte Isabelle.
    – Ja, Maman,

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