Das dunkle Fenster (German Edition)
aufgestockt hatte. Der Mann hatte wirklich Angst, und das erklärte auch, dass er sich so ereifert hatte. Dennoch konnte Kusowjenko seinen Ärger nicht ganz abstreifen. Verstimmt schob er das Telefon zurück in die Jackentasche.
Er war sich inzwischen unschlüssig, wie er in dieser Sache weiter vorgehen sollte. Zwei Versuche, Fedorow zu töten, waren gescheitert. Das hatte ihn zuerst wütend gemacht, dann aber in eine nachdenkliche Stimmung versetzt. Das Telefonat mit Cohen schürte seine Zweifel noch. Warum zur Hölle konnten sie den Mann nicht einfach in Ruhe lassen? Er würde irgendwo untertauchen und niemandem mehr im Weg stehen, davon war Kusowjenko überzeugt. Cohen und Liberman wurden zunehmend lästig. Und das Geld, das sie ihm zahlten, war nun wirklich nicht der entscheidende Punkt. Kusowjenko hielt sich für wohlhabend, und diese Summe machte keinen großen Unterschied. Nicht, dass er leichtfertig auf das Geld verzichtet hätte, aber ein Mann musste wissen, wann er besser einen Rückzieher machte. Vielleicht war es an der Zeit, Loyalitäten neu zu bewerten. Eine Entscheidung stand an und er würde sie sorgfältig abwägen.
Sehr sorgfältig.
55 Tel Aviv | Israel
Liberman hatte sich auf einen der beiden Stühle im Zimmer gesetzt, während Cohen zunehmend lauter am Telefon wurde. Er fühlte sich ausgelaugt. Vielleicht war er einfach zu alt für diese Dinge.
Cohen knallte den Hörer auf die Gabel und drehte sich um. Er war hochrot im Gesicht, wie immer, wenn etwas ihn in Rage versetzte.
„Ich traue ihm nicht“, knurrte er voll unterdrückter Wut. „Ich traue ihm einfach nicht. Ich glaube, er spielt sein eigenes Spiel.“
Liberman starrte ihn an. „Ich habe dir gesagt, dass wir Schwierigkeiten kriegen werden.“
„Hör bloß damit auf“, fuhr Cohen ihn an. „Du klingst wie ein zahnloser Greis. Sieh dich doch an! Wenn du etwas tust, dann musst du auch zu den Konsequenzen stehen.“
„Das habe ich immer getan. Und ich finde immer noch, dass wir richtig gehandelt haben.“
Cohen lachte auf, ein bitterer Laut. „Darum geht es aber nicht. Was ist denn richtig? Ihr wolltet eine Wahl gewinnen, das ist aus deiner Sicht bestimmt richtig. Aber hätten das die Linken auch so gesehen? Ich glaube nicht.“ Er machte einen Schritt auf Liberman zu. „Rosenfeldt ist im Dienst einer höheren Sache gestorben. Erleichtert das dein Gewissen? Rosenfeldt war eng befreundet mit meinem Vorgänger, Ephraim Seltzer, wusstest du das eigentlich? Seltzer ist kein Hitzkopf, und er wollte Frieden mit den verdammten Arabern schließen. Er hätte Operation Wüstenwind niemals genehmigt, wenn er bei klarem Verstand gewesen wäre. Aber Rosenfeldts Tod hatte seinen Rachedurst geweckt und wir konnten Nägel mit Köpfen machen. Ob das jetzt richtig oder falsch ist, will ich lieber nicht beurteilen. Es war nützlich, soviel ist sicher.“
Liberman schüttelte den Kopf. Er hasste es mit Cohen zu diskutieren, wenn der in dieser Stimmung war.
„Frieden zwischen Juden und Arabern“, sagte Cohen, „ist eine Illusion, aber das begreifen viele nicht. Solange wir sie in diesem Land dulden, so lange wird es keine Ruhe geben. Wir hätten sie damals schon rauswerfen sollen, nach dem Sechs-Tage-Krieg. Die einzige Sprache, die sie wirklich verstehen, ist die Sprache des Schwertes.“
„Wie soll es deiner Meinung nach jetzt weitergehen?“, fragte Liberman unbehaglich.
„Mit Fedorow?“
Liberman nickte.
„Ich traue diesem Kusowjenko nicht“, knurrte Cohen. „Ich habe ein ganz schlechtes Gefühl bei dem Kerl.“
„Vielleicht“, sagte Liberman vorsichtig, „war es nicht besonders klug, ihm offen zu drohen.“
Cohen starrte ihn an, seine Wangenmuskeln zuckten.
Liberman fühlte sich erbärmlich. Eigentlich hätte er in diesem Moment einer wichtigen Abstimmung beiwohnen müssen. Stattdessen hockte er mit Cohen in dieser angeblich sicheren Wohnung, einem Loch am Stadtrand von Tel Aviv, das mit nicht mehr als einem abhörsicheren Telefon, zwei Holzstühlen und einem zerkratzten Tisch ausgestattet war. Und die Sache mit Fedorow drohte zunehmend aus den Fugen zu geraten. Liberman hatte sich noch nie wirklich mit der Frage beschäftigt, was passieren würde, falls seine Beteiligung in der Rosenfeldt-Affäre auffliegen sollte. Vor ihm ragte eine schwarze Wand auf, die ihn mit nichts als bloßem Entsetzen erfüllte. Und Cohen machte alles nur noch schlimmer, statt die Angelegenheit zu richten, wie Liberman es sich insgeheim erhofft
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