Das dunkle Fenster (German Edition)
dass sie ihm offenbar immer noch an den Fersen haftete. Er beobachtete, wie der Checkpoint im Rückspiegel verschwand. Die Straße hinter ihm blieb leer.
13 Beirut | Libanon
„Seit wann?“, fragte Katzenbaum. Er presste das Handy fest ans Ohr. Seine Stimme hatte einen scharfen Ton angenommen, er redete jetzt schnell und abgehackt.
„Dann besorgt euch andere Fahrzeuge, verdammt!“ Er begann im Wohnzimmer hin und her zu gehen, während er dem Wortschwall seines Gesprächspartners lauschte. „Ich weiß nicht ... “ Pause. „Ich weiß nicht, wie schnell ich das andere Team organisieren kann. Ich habe ... Was? Ja natürlich haben wir Leute in Tripoli, aber das sind keine Agenten.“
Er blieb einen Moment vor den geöffneten Balkontüren stehen. Rafiq hockte auf dem Sofa, zusammen mit Alex und Sami, den beiden Technikern, die gestern Nacht aus Paris angekommen waren. Alexander Pavlov kannte er bereits von einem früheren Einsatz. Der hellhaarige junge Mann wirkte in jeder Hinsicht durchschnittlich, war aber ein begabter Abhörtechniker und kannte sich überdies mit Computern und Bomben aus. Rafiq hielt das für eine praktische Mischung. Der andere, Sami, war ein paar Jahre älter als Alex. Katzenbaum bezeichnete ihn als Chamäleon – was immer das heißen mochte.
Sofia hatte Falafel und Fladenbrot besorgt. Zwischen fettigen Servietten und den Papierstapeln auf dem Couchtisch stand eine Thermos-kanne mit Kaffee.
„Was ist?“, fragte Tal kauend.
Rafiq warf ihm einen kurzen Blick zu.
Tal Gerson war ein paar Stunden vor den Technikern eingetroffen. Der Mann sagte nicht viel. Er wirkte die ganze Zeit angespannt, wie jemand, der jeden Moment mit einem Angriff rechnet. Rafiq hatte noch nie mit ihm gearbeitet, kannte aber die Geschichten, die beim Dienst über ihn kursierten. Tal war der Mann fürs Grobe, wie Carmen es einmal ausgedrückt hatte. Der, den sie ins Feld schickten, wenn subtilere Methoden versagt hatten.
Katzenbaum, setzte sich wieder in Bewegung. „Gut“, sagte er. „Lasst zwei Leute da, die die Wohnung untersuchen sollen und dann ...“ Er verstummte abrupt, dann nahm er in einer heftigen Bewegung das Handy herunter.
„Was ist passiert?“, fragte Rafiq.
Katzenbaum schob das Telefon in seine Hosentasche. Umständlich zündete er eine Zigarette an. Rafiq spürte, dass Lev nervös war. Das überraschte ihn. Katzenbaum war sonst der Letzte, der die Nerven verlor. Er dachte daran, wie Lev ihn vor zwei Tagen am Flughafen abgeholt hatte. An die Müdigkeit in Levs Augen und das Gefühl von Alter, das er früher nie an ihm bemerkt hatte. Vielleicht war es ja so, dass man eines Tages einfach genug hatte. Dass nach dreißig Jahren Agentenarbeit sich plötzlich etwas änderte, dass man von einem auf den anderen Tag nicht mehr weitermachen konnte. Rafiq hatte von solchen Fällen gehört. Aber dann drängte er den Gedanken zurück. Lev war ein bisschen nervös. Na und? Hier ging es schließlich darum, Fabio zu fassen. Da war es legitim, sich Sorgen zu machen.
„Er hat heute morgen Hawqa verlassen“, sagte Katzenbaum.
„Hat er unsere Leute bemerkt?“, fragte Rafiq.
„Sie wissen es nicht.“ Katzenbaum lehnte sich gegen die hölzerne Kommode neben der Balkontür. „Er hat sich allerdings auch keine Mühe gegeben, seine Spur zu verwischen.“
„Beschatten sie ihn noch?“
„Nein.“ Katzenbaum zog an der Zigarette. „Das Risiko, entdeckt zu werden, ist ihnen zu hoch. Aber wir wissen ja, wo er hin will.“
„Wenn es keine Finte ist“, sagte Alex kauend.
„Werden wir sehen“, murmelte Rafiq. Er griff nach seinem Kaffee. „Das ist ein kleines Land. Wir finden ihn schon wieder.“
Katzenbaum warf ihm einen schwer zu deutenden Blick zu. Dann sah er Alex und Sami an. „Ihr beide nehmt den Wagen und fahrt nach Tripoli. Wenn die Straßen frei sind, braucht ihr nicht länger als eine Stunde. Ich melde mich, wenn ich weiß, wie es weitergeht.“
II Die Falle
14 Beirut | Libanon
„Was ist jetzt?“, fragte Rafiq. „Was hat er gesagt?“
Katzenbaum hatte den ganzen Weg zum Café mit Binyamin Shalev telefoniert. Er sah nicht glücklich aus. Die Schatten unter seinen Augen wirkten noch dunkler als zuvor.
„Wir müssen erst sicherstellen, dass es wirklich Fabio ist“, murmelte er. Seine Stimme klang belegt. Rafiq wusste nicht genau, ob das unterdrückter Ärger war oder einfach nur Müdigkeit. „Cohen fordert eine Bestätigung. Er sagt, noch so eine Aktion wie Paris können wir
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