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Das dunkle Fenster (German Edition)

Das dunkle Fenster (German Edition)

Titel: Das dunkle Fenster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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würde und zeigte ihnen, wo sie schlafen konnten.
    Carmen warf ihre Jacke auf das schmale Bettgestell, dann nahm sie sich ein Glas Wasser und ging damit hinaus auf den Balkon. Sie ließ sich von den Geräuschen einlullen – dem Fernsehsprecher, der in leierndem Arabisch die Spätnachrichten vortrug, den Schritten der Fußgänger unter ihrem Fenster, den entfernten Verkehrsgeräuschen aus der Rue de Monot.
    Frühjahr 1990, dachte sie, eine Waffenlieferung für Tel al-Zatar, ihr Basislager vor der Trümmerkulisse von Beirut. Sie hatte gerade ihren einundzwanzigsten Geburtstag gefeiert und war ein paar Wochen zuvor der PFLP beigetreten, einer militanten Splittergruppe der PLO. Anders als die islamistisch geprägten Gruppen wie Hisbollah oder Heiliger Jihad waren die Ziele der PFLP nicht religiös motiviert. Viele ihrer Mitglieder vertraten marxistisch-leninistisches Ideengut, dem auch Carmen anhing. Das mochte auch damit zusammenhängen, dass viele der PFLP – Mitglieder aus der europäischen Linksszene stammten, so wie auch sie selbst.
    Das Ticket nach Beirut hatte sie ohne Rückflug gebucht, und ohne zu wissen, was sie eigentlich erwartete. Nach ein paar Wochen in einem Trainingslager in der Bekaa-Ebene, in denen sie eine überraschend anstrengende Grundausbildung im bewaffneten Kampf erhielt, wurde sie zusammen mit anderen Rekruten in das Lager Tel al-Zatar gebracht. Schon ein paar Tage später war sie einem Trupp zugeteilt worden, der zwei LKWs voller Waffen an der syrischen Grenze übernehmen und über die Berge nach Beirut schaffen sollte. Ihre Arabischkenntnisse waren damals noch dürftig gewesen, deshalb hatte sie sich gefreut, dass zwei Männer in ihrer Gruppe auch Englisch sprachen. Sie waren genauso jung wie sie selbst, aber schon eine Zeitlang dabei und besaßen etwas Erfahrung mit dieser Art von Kurierfahrten.
    Rafiq und Nikolaj, zwei Freunde, die sich so nahe standen wie Brüder.
    Die Übernahme der LKWs klappte reibungslos. Es waren tschechische Tatras, alte T805-Modelle, die wahrscheinlich über Russland und die Türkei ihren Weg hierher gefunden hatten. Unter der Plane waren vernagelte Holzkisten festgezurrt, von denen die vorderen zwei Reihen bis oben hin mit Orangen gefüllt waren.
    Sie hatten sich als muslimische Bauern verkleidet und fuhren abseits der großen Straßen. Kurz vor Beirut wurden sie von einer syrischen Militärstreife angehalten. Carmen hatte auch später nicht verstanden, was schief gelaufen war. Eigentlich hatte die PLO keine Probleme mit den Syrern. Damaskus unterstützte sie zwar nicht direkt, duldete aber ihre Aktivitäten. Deshalb war es umso merkwürdiger, dass die Situation eskalierte.
    Offenbar gab es einen heftigen Wortwechsel zwischen ihrem Wortführer Khamal und dem Offizier der syrischen Patrouille. Carmen, die zusammen mit Nikolaj und Rafiq im zweiten LKW saß, fragte, worum es ging. Plötzlich fielen Schüsse. Der syrische Offizier wurde getroffen und ging zu Boden. Die drei anderen Soldaten begannen nun ebenfalls zu schießen. Carmen duckte sich in den Fußraum. Sie bekam kaum etwas vom darauf folgenden Feuergefecht mit. Sie wusste nur, dass sie eine Scheißangst hatte, wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Querschläger prallten von den Türblechen ab, ein Feuerstoß zertrümmerte das Seitenfenster auf der Fahrerseite.
    Am Ende waren zwei der Syrer tot, die anderen beiden schwer verwundet. Carmen hatte nur ein paar Schnitte von den Glasscherben davongetragen, aber der Anblick des eigenen Blutes versetzte sie dennoch in Panik. Rafiq hatte sie festgehalten und ihr versichert, dass alles wieder in Ordnung kommen würde. In Tel al-Zatar hatte man sie als Helden gefeiert, auch wenn Carmen später Gerüchte gehört hatte, dass Khamal Ärger mit der Führung bekommen hatte, weil er sich von den Syrern hatte provozieren lassen. Jedenfalls war das der Abend gewesen, an dem sie mit Nikolaj und Rafiq Bruderschaft getrunken hatte und an dem sie eine Freundschaft besiegelt hatten, die unter anderen Umständen ein Leben hätte halten können.
12 Wadi Qadisha | Libanon
     
    Nikolaj machte kein Geheimnis um seine Abreise. Tatsächlich wollte er auf keinen Fall den Eindruck eines heimlichen oder überstürzten Aufbruchs erwecken. Ohne Eile verstaute er die Reisetasche und die Hüllen mit den Bildern im Pickup. Er setzte sich in den Wagen und ließ den Motor an. Sein Blick glitt über die Hauswand mit den blau gestrichenen Holzläden, über die Zitronen- und Apfelbäume.
    Mit einem Ruck

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