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Das dunkle Fenster (German Edition)

Das dunkle Fenster (German Edition)

Titel: Das dunkle Fenster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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uns nicht leisten. Nicht jetzt jedenfalls.“
    Agenten des Mossad hatten in Paris einen Mann beschattet, den sie für Nemr Abou-Obud hielten, einen hohen Funktionär der Abu Nihal Organisation. Der Plan sah vor, ihn zu kidnappen und nach Israel zu bringen, damit dort Anklage gegen ihn erhoben werden konnte. Rafiq war klar, dass auch bei bester Planung ein Einsatz nie hundertprozentig abgesichert werden konnte. Es gab immer die Möglichkeit, dass etwas Unvorhergesehenes passierte, und so war es auch dort gewesen. Statt Abou-Obud zu fassen, waren zwei Mitglieder des Mossad-Teams von der französischen Gendarmerie festgenommen worden. Der angebliche Abu Nihal—Offizier hatte sich als Pariser Geschäftsmann entpuppt und der Mossad hatte plötzlich eine Menge ungewollter Publicity am Hals gehabt. Und eine ausgewachsene politische Affäre darüber hinaus, die sich nur mit weit reichenden Zugeständnissen und viel Geld hatte bereinigen lassen.
    Katzenbaum zündete sich eine Zigarette an. Er raucht jetzt mehr als früher, dachte Rafiq, es waren gut zwei Schachteln am Tag. Der Kellner tauchte auf und brachte ihr Essen. Lustlos stocherte der Katsa in seinem Gurkensalat.
    „Was soll das heißen?“, fragte Rafiq. „Was erwarten die genau?“
    „Eine eindeutige Identifizierung.“ Katzenbaum zog eine Grimasse. „Wir müssen sicherstellen, dass Nicolá Martin auch wirklich unser Killer ist. Und nicht einfach nur ein Geschäftsmann aus Marseille, der sein Unternehmen verkauft hat und ausgestiegen ist.“
    Das Dossier war vor zwei Stunden per Fax gekommen, ein paar knappe Zeilen, die den Hintergrund des Nicolá Martin beleuchteten.
    „Die Jungs haben keine Ungereimtheiten gefunden“, fuhr Katzenbaum fort. „Die Firma in Marseille hieß Tritec, wurde 1998 von Martin gegründet und spezialisierte sich auf Datenbankprogrammierung. Die Tritec-Aktien schossen nach oben, Martin hat den Laden aber kurz vor dem Börsencrash für knapp sechs Millionen Euro verkauft. Vier Monate später waren die Aktien nichts mehr wert. Tritec wurde abgewickelt und war Geschichte.“
    „Und Martin?“
    „Nahm das Geld und ging zurück in den Libanon, um sich dort seinen Traum zu erfüllen und mit Anfang Dreißig in den Ruhestand zu treten. Er kaufte das Grundstück in Hawqa und zog sich vom Weltgeschehen zurück.“
    „Kann man Ex-Mitarbeiter von Tritec ausfindig machen, die Martin persönlich kannten?“
    Katzenbaum lächelte grimmig. „Wir sind schon auf der Suche. Aber das kann dauern.“
    „Mal abgesehen davon, sollten die ihren ehemaligen Boss nicht wiedererkennen, sagt das erst mal wenig aus. Dann wissen wir lediglich, dass es nicht Nicolá Martin ist. Aber damit muss er ja nicht automatisch Fabio sein.“
    „Nein“, sinnierte Katzenbaum. Er drückte seine Zigarette aus und griff nach dem Wasserglas. „Wir durchsuchen sein Haus in Hawqa. Ich bezweifle aber, dass wir dort belastendes Material finden werden. So dumm ist er nicht.“
    „Schnappen wir ihn einfach und suchen dann in Ruhe nach unseren Beweisen“, schlug Rafiq vor. Er registrierte, dass er das nur zur Hälfte ironisch meinte. „Und sagen wir Cohen einfach nichts davon.“
    Katzenbaum lachte. Es war ein kurzes, trockenes Geräusch. „Die Zeiten sind seit den Siebzigern vorbei“, sagte er. „Es geht um Politik, und immer wenn politische Interessen ins Spiel kommen, wird es heikel. Solange wir Cohens Genehmigung nicht haben, können wir nur beobachten, sonst gar nichts.“
    Nikolaj erreichte Tripoli am frühen Nachmittag und checkte im Al Naour Hotel ein. Das Haus lag an einer belebten Straße, zwei Querstraßen von der Corniche entfernt. Sein Zimmer im vierten Stock besaß einen schmalen Balkon mit hübschen schmiedeeisernen Gittern. Nikolaj stellte die Klimaanlage ab, zog die Vorhänge auf und öffnete die Fenstertüren. Ein leichter Wind bauschte den Stoff und drückte warme Luft in den Raum. Rasch durchsuchte er Schlafzimmer und Bad nach Abhörelektronik. Er rechnete nicht damit, etwas zu finden. Jetzt noch nicht. Heute Abend würde er die Prozedur wiederholen. Danach duschte er und zog frische Kleidung an. Er packte den Reiseführer, einen Notizblock und ein paar Stifte in seine Ledertasche und ging hinunter in die kolonial anmutende Hotellobby. Er suchte sich einen Platz in einer der holzvertäfelten Sitznischen, von der aus er den Eingang und die Aufzüge gleichermaßen im Blick hatte. Dann begann er den Plan der Altstadt zu studieren.
    „Aber wir drehen uns im

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