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Das dunkle Fenster (German Edition)

Das dunkle Fenster (German Edition)

Titel: Das dunkle Fenster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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dreimal über den Weg läuft. Vielleicht trifft sie sich sogar genau in diesem Hotel mit Geschäftsleuten, um etwas zu besprechen.“
    Rafiq wiegte den Kopf. „Was ist, wenn er gar nicht nach Beirut fährt?“
    „Dann müssen wir uns was anderes ausdenken. Wir müssen flexibel sein.“
    „Na gut. Und wenn er Kontakt mit ihr aufnimmt?“
    „Dann wissen wir schon mal, dass es wirklich Nikolaj Fedorow ist. Das ist dann immerhin ein Anfang.“ Katzenbaum schüttete Zucker in seinen Kaffee und rührte mit einem kleinen Silberlöffel darin herum. Hinter ihnen entstand Unruhe. Ein paar Studenten standen von ihrem Tisch auf, jemand lachte, Worte wurden hin und her geworfen. Es war kurz vor vier Uhr, die Straßen füllten sich allmählich.
    „Carmen wird sich natürlich sehr freuen, Fedorow zu sehen“, fuhr Katzenbaum nach einer Pause fort. „Sie hat ihn fünfzehn Jahre lang für tot gehalten. Sicher wird er eine geeignete Erklärung für sein Verschwinden damals parat haben. Die beiden werden sich zum Essen verabreden und Carmen wird ihren Charme spielen lassen, um so schnell wie möglich ein Vertrauensverhältnis aufzubauen.“
    „Du meinst, sie soll mit ihm vögeln?“ Rafiq wusste, dass seine Aggressivität unangebracht war. Sie hatten sich von jeglichen gegenseitigen Verpflichtungen entbunden. Keiner durfte Zurückhaltung vom anderen erwarten.
    Katzenbaum runzelte die Stirn. „Hast du ein Problem damit?“
    Das weißt du genau, dachte Rafiq. „Nein“, sagte er.
    „Gut.“ Katzenbaum legte den Löffel beiseite. „Ehrlich gesagt ist mir egal, wie sie an ihre Informationen kommt.“
    „Wenn er wirklich so gut ist, dann gibt er sich keine Blöße. Dann kann sie lange suchen.“
    „Mal sehen.“ Der Katsa gestattete sich ein dünnes Lächeln. „Alte Bande können erstaunliche Dinge bewirken.“
15 Jerusalem | Israel
     
    David Liberman organisierte seine Tage nach einem streng festgelegten Zeitplan. Er stand jeden Morgen um sechs Uhr auf, nahm ein Frühstück zu sich, das nur aus Früchten und einem Glas Milch bestand, las dabei die ersten drei Seiten der Jerusalem Post und stieg dreißig Minuten später in den Dienstwagen, um sich zu seinem Büro im Knessetgebäude fahren zu lassen.
    Zwischen Liberman und seinem Fahrer bestand ein langjähriges Vertrauensverhältnis, obwohl sie kaum je ein Wort wechselten, das über dienstliche Belange hinausging. Der Fahrer ahnte Libermans Wünsche, bevor er sie aussprach. Er wusste um die Vorliebe seines Dienstherrn für penible Pünktlichkeit und behandelte die gelegentlichen Ausflüge zu einer Adresse in einem Jerusalemer Vorort mit Diskretion. Selbst seine Seitensprünge plante der Abgeordnete mit der Präzision eines Uhrwerks. Jeden ersten und dritten Dienstag im Monat ließ er sich in die Nakhon-Straße fahren. Er blieb dort nie länger als drei Stunden, so dass er stets vor Mitternacht wieder zu Hause war.
    An diesem Abend gab es in Jerusalem ein Gewitter mit Sturmböen und einem heftigen Platzregen. Wasserfäden liefen über das kugelsichere Glas der Autoscheiben. Der Himmel sah grau aus wie ein zerfasertes Laken. Liberman hatte auf dem Rücksitz neben sich einen Stoß Unterlagen ausgebreitet. Er überflog einen Antrag der Arbeitspartei auf eine Gesetzesänderung im Handelsrecht. Seine Frau ging wie immer davon aus, dass er an einer Sitzung des Komitees für Innere Sicherheit teilnahm. Oder vielleicht wusste sie auch von seiner Affäre und es kümmerte sie nicht. Eva war Rechtsanwältin und lebte ihr eigenes Leben. Sie führten eine pragmatische Ehe. Liberman schätzte das.
    Als sie am Universitätsgebäude vorbeifuhren, klingelte Libermans Telefon. Er betrachtete die Nummer, während das Display blinkte und überlegte einen Moment, ob er abnehmen sollte. Shimon Cohen, der Direktor des Mossad – das war dienstlich, mit Sicherheit. Schließlich presste er das Telefon ans Ohr.
    „David Liberman. Guten Abend?“
    Cohens Stimme am anderen Ende klang seltsam. „Wir müssen uns so schnell wie möglich treffen“, begann er, ohne den Gruß zu erwidern. „Am besten jetzt gleich.“
    Liberman legte die Papiere zur Seite und richtete sich in den Sitzpolstern auf. „Das passt mir gerade schlecht. Ich bin jetzt gleich zum Essen verabredet und ...“
    „Dann lass die Kleine warten“, fiel Cohen ihm grob ins Wort. „Sie wird’s überleben.“
    Liberman schluckte eine heftige Entgegnung herunter. So hatte er seinen Geschäftsfreund lange nicht erlebt. Es musste etwas

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