Das dunkle Fenster (German Edition)
passiert sein.
„Was ist?“
„Das sage ich dir nicht am Telefon“, stieß Cohen hervor. „Ich fahre jetzt los. Können wir uns bei mir zu Hause treffen? In vierzig Minuten?“
Der Fahrer hielt an einer roten Ampel und setzte den Blinker, um rechts in die Nakhon-Straße einzubiegen. Liberman gab ihm mit einem Zeichen zu verstehen, dass der Plan sich geändert hatte. Der Blinker erlosch.
„Na schön“, sagte er zu Cohen, „ich bin auf dem Weg.“
Shimon Cohen besaß eine Villa etwas außerhalb von Jerusalem. Als Liberman dort ankam, war es bereits dunkel, der Regen hatte nachgelassen. Es roch nach Erde und feuchtem Laub. Cohen kam ihm bereits an der Eingangstür entgegen. Er trug einen Mantel.
„Gehen wir ein Stück spazieren“, sagte er.
Nebeneinander liefen sie die platanengesãumte Straße hinunter. „Ich lasse das Haus regelmäßig nach Wanzen absuchen“, erklärte Cohen, „aber man weiß ja nie.“
„Was ist passiert?“
Cohen hustete. „Wir haben ein Problem. Unsere Leute haben Fabio aufgestöbert.“
„Was?“ Liberman blieb stehen. Die Luft fühlte sich plötzlich dünn an.
„Komm weiter“, mahnte Cohen. Er packte ihn am Ärmel.
Liberman gehorchte, aber seine Beine waren plötzlich steif. Kurz hatte er den Eindruck, sich außerhalb seines Körpers zu bewegen. „Mein Gott“, murmelte er, „ich dachte, Fabio ist tot? Du hast es doch selbst gesagt, und ich ...“
„Wir haben es nur vermutet, David“, fiel Cohen ihm ins Wort, „aber gewusst haben wir es nie. Er war verschwunden – genauso gut hätte er auch tot sein können.“
„Aber was tun wir jetzt?“
„Zuerst einmal verlieren wir nicht die Nerven“, sagte Cohen. „Noch haben sie ihn ja nicht gefasst. Im Moment beschatten sie ihn nur.“ Er stopfte seine Hände in die Manteltaschen. „Er ist im Libanon und das ist feindliches Territorium. Bevor unser Team zuschlagen kann, braucht es erst mal meine Unterschrift. Ich kann sie noch ein Weilchen hinhalten, aber das wird nicht ewig funktionieren. Der Mann muss beseitigt werden, und zwar schnell.“
„Kannst du die Operation nicht einfach abbrechen? Du bist der Direktor, verdammt.“
„Und wie soll ich das begründen?“ Cohen ließ ein abgehacktes Lachen hören. „Auch der Direktor ist nicht allmächtig, vor allem nicht, wenn er dem Mossad vorsteht. Die können sich kaum halten vor Freude, den Kerl aufgespürt zu haben. Wie soll ich die Ermittlungen absägen, ohne mich selbst verdächtig zu machen?“ Er hustete abermals. „Ehrlich gesagt, ich habe gehofft, du könntest unseren russischen Kontakt aktivieren. Der soll sich um das Problem kümmern. Er hat’s schließlich versaut.“
„Kusowjenko?“ Liberman hatte immer noch das Gefühl, dass ihm der Boden unter den Füßen weggezogen wurde.
„Ruf ihn an. Sag ihm, er hätte jetzt die Chance seinen Vertrag zu erfüllen, wir haben das Ziel für ihn ausfindig gemacht.“
Liberman schluckte.
„Falls er noch mal Geld will“, fügte Cohen hinzu, „soll’s daran nicht scheitern.“
16 Prag | Tschechische Republik
Viktor Kusowjenko befand sich auf dem Weg in einen Club, als sein Handy klingelte.
„Da?“
„Viktor, sind Sie das?“, fragte der Anrufer. Er sprach ein akzentuiertes Englisch. Kusowjenko erkannte die Stimme. Augenblicklich verschlechterte sich seine Laune.
„Was gibt es?“, fragte er barsch. „Warum rufen Sie auf dieser Nummer an?“
„Weil es ein Notfall ist“, erwiderte David Liberman. „Wie geht es Ihnen?“
„Wenn es ein Notfall ist, dann müssen wir keine Zeit mit Floskeln verschwenden.“ Er winkte seinem Fahrer, am Straßenrand zu halten. Der Mann bremste. Kusowjenko öffnete die Tür und stieg aus. Seine beiden Leibwächter wollten es ihm gleichtun, aber er bedeutete ihnen, im Fahrzeug sitzen zu bleiben. Sein Blick schweifte über die Plakate, die direkt vor ihm auf die Hauswand geklebt waren.
„Fabio ist wieder aufgetaucht“, stieß Liberman hervor. Seine Stimme wurde durch kurze atmosphärische Störungen unterbrochen. „Und der Mossad steht kurz davor, ihn hochzunehmen.“
Kusowjenko antwortete nicht. Er las die Ankündigung eines Rammstein-Konzerts, während er die Information verdaute und gleichzeitig darüber nachdachte, was das für ihn bedeutete.
„Hallo?“, fragte der Israeli. „Sind Sie noch da?“
Kusowjenko verstand nun auch den panischen Unterton in der Stimme des Mannes. Liberman stand wahrscheinlich kurz davor, die Nerven zu verlieren. Das war nicht
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