Das dunkle Feuer der Nacht: Roman (German Edition)

retten.«
    »Wer bist du?« Sie schreckte in gespielter Panik vor ihm zurück und rang die Hände.
    Henric kam schlurfend näher, um sich an ihrer zunehmenden Furcht zu weiden. Für einen Moment senkte er den Blick auf seine Hände und lächelte, als seine Nägel sich zu rasiermesserscharfen Krallen verlängerten.
    Als er wieder aufblickte, hielt Solange die Armbrust in der Hand, und jetzt war sie es, die lächelte. »Dann sollte ich mich wohl besser selbst retten«, sagte sie, als sie den Pfeil abschoss.
    Henric versuchte noch, sich aufzulösen, aber sie war zu nahe. Der Pfeil durchbohrte sein Herz und trat fast aus dem Rücken wieder aus, als er sich entzündete. Henric, halb Substanz, halb Nebel, kreischte, heulte und fluchte. Er versuchte, den brennenden Pfeil herauszuziehen, der geradewegs durch sein verdorrtes Herz hindurchgegangen war, es aufgespießt hatte und an seinem Rücken feststeckte.
    Ruhig legte Solange einen weiteren Pfeil in die Armbrust, schoss ein zweites Mal und beobachtete mit unbewegter Miene, wie der Vampir zu Asche verbrannte. Erst dann holte sie tief Luft und ließ sie wieder entweichen.
    Sie sind tot, Dominic. Wo brauchst du mich jetzt?
    Und du bist nicht verletzt? Hast nicht mal einen Kratzer von dem Rennen durch den Wald?
    Sie hörte die Besorgnis in seiner Stimme und untersuchte sich schnell, um sicherzugehen, dass sie keine Schnitte oder Kratzer hatte. Nichts. Ich bin völlig unversehrt.
    Dann kehr zu deiner ursprünglichen Position zurück. Ich werde die Dinge hier ins Rollen bringen. Es ist alles bereit. Wenn die Hölle losbricht, solltest du versuchen, die Männer auszuschalten, die ich dir jetzt zeige.
    Solange betrachtete die Bilder in seinem Kopf. Giles und den geringeren Vampir an seiner Seite erkannte sie, aber Dominic machte sie auf vier weitere aufmerksam. Einer sah älter aus, was ungewöhnlich war, da Vampire sich normalerweise jünger zeigten, als sie waren, und dieser distinguiert aussehende, silberhaarige Herr trug darüber hinaus auch noch einen perfekt geschnittenen Geschäftsanzug.
    Er nennt sich Carlo, und er hat so lange in Sizilien gelebt, dass er glaubt, zur Mafia zu gehören.
    Das sah man ihm an. Auf jeden Fall wirkte er einschüchternd genug. Der zweite Mann war schlank und hatte die kalten, ausdruckslosen Augen eines Killers. Er trug legere Kleidung und ließ Solange – sicher nicht ganz ohne Grund – erschaudern. Sein Haar war länger und auf karpatianische Weise zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden. Er hatte ein ausgeprägtes Kinn und spielte mit einer Kette, die er in der Hand hielt. Mit wachsamem Blick stand er in einiger Entfernung von den anderen.
    Das ist Akos. Früher reiste er mit einem Falken. Es würde mich nicht wundern, wenn er einen Haubenadler benutzt, um den Himmel zu beobachten, warnte Dominic. Wo auch immer er auftaucht, richtet er ein Blutbad an.
    Na prima. Dann sind er und Brodrick sicher gut befreundet.
    Männer wie Brodrick und Akos haben keine Freunde, höchstens solche, die sie als Schachfiguren benutzen. Unterschätz ihn nicht. Wenn du die Chance hast, schieß, sobald die Raserei beginnt!
    Das Wort Raserei flößte Solange ein wenig Unbehagen ein. Was hast du vor, Dominic?
    Sie gegeneinander aufzubringen. Sobald Josef mir Bescheid gibt, dass der Virus sich in den Rechnern verbreitet, die Daten vernichtet und das Netzwerk angegriffen hat, werde ich auch das Labor zerstören.
    »Er wird sie gegeneinander aufbringen«, sagte Solange laut und hatte ein Bild von einander auffressenden Vampiren im Kopf.
    Sie stieg wieder auf den Baum hinauf und fand ihren bevorzugten Ruheplatz – zwei Äste, die eine hübsche kleine Wiege bildeten, in der sie sich ausstrecken und ihre Waffen in der Nähe haben konnte. Ihr Lieblingspräzisionsgewehr lag wartend da, und aus reiner Gewohnheit überprüfte sie es noch einmal. Niemand hatte ihr Versteck gestört, aber da sie immer auf der Hut vor den Jaguarmännern war, sah Solange sich nach Spuren um.
    Ich bin in Position. Sie benutzte das Teleskop, um einen besseren Blick auf ihre Ziele zu erhalten.
    Das dritte Bild, das Dominic ihr sandte, war das eines kleinen, stämmigen Mannes, der leicht als Jaguarmann durchgehen könnte. Er hatte den muskelbepackten Körper eines Bodybuilders.
    Sein Name ist Milan. Er wird versuchen, alle an Bösartigkeit zu übertreffen, nur um etwas zu beweisen. Falls du ihn nicht erwischen kannst, dann halte dich von ihm fern! Wenn du nur drei Schüsse hast, Solange, benutz auf