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Das dunkle Haus: Kriminalroman (Ein Erik-Winter-Krimi) (German Edition)

Das dunkle Haus: Kriminalroman (Ein Erik-Winter-Krimi) (German Edition)

Titel: Das dunkle Haus: Kriminalroman (Ein Erik-Winter-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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gab keine Vorschrift, dass man sich nicht privat mit jemandem treffen durfte, den man in einer Voruntersuchung vernommen hatte, einen von tausend. Das Verhör hatte ja nicht im Untersuchungsgefängnis stattgefunden, und sie hatte ihn danach nicht erst in eine Kneipe und dann mit nach Hause genommen.
    Sie würde Jens nicht mit nach Hause nehmen, hör auf.
    Sie würde nicht mit Jens nach Hause gehen, hör auf.
    Jetzt trank sie ihren Tee. Im Hintergrund murmelte das Radio, nur eine Geräuschkulisse, beruhigend, sie hatte immer das Radio an, hörte nie zu.
    Eine Straßenbahn schnaufte den Sannabacken herauf, beruhigend. Gegen die Fensterscheiben schlug Abendregen, beruhigend. Ihr wurde klar, dass sie nicht an Amundövik dachte, wenn sie an Amundövik dachte, ihre Gedanken hatten eine Pause gemacht, eine beruhigende Pause.
    Man kann niemandem einen Schlag auf den Kopf versetzen, indem man direkt von Anfang an Text skandiert – der Zuhörer muss sich an den Prozess gewöhnen – wir verstehen allmählich, dass sich hinter der ungewöhnlichen Lautstruktur in dem Stück Methode verbirgt – Coltranes Musik ist nicht abstrakt, aber sie wird teilweise von Mitteilungen gelenkt, die er vermitteln möchte.
    Coltrane hatte sein Mantra in der Reichweite des Mikrofons begonnen: … supreme … love supreme … a love supreme , der Produzent richtet das Mikrofon, wir hören alles, das spontane Geleier nach der Stimme des Tenorsaxophons, Coltranes eigene plötzlich einsetzende Stimme, als wäre dies die einzige Logik, die einzige logische Fortsetzung.
    Dröhnend füllte die Musik die Wohnung, laut und klar, gesteuert von Botschaften, denen Winter nachlauschte. Er hatte das auch schon früher gemacht. Früher war es gelungen.
    Sein Handy blinkte. Er stellte die Musik leiser.
    »Angela.«
    »Wie geht es dir?«
    »Ich bin gerade nach Hause gekommen.«
    »Danach habe ich nicht gefragt.«
    »Alles okay.«
    »Ich war heute mit den Kindern auf dem Virgen del Carmen.«
    »Gut.«
    »Es wird gut«, sagte sie. »Der Friedhof ist immer noch genauso hübsch wie damals.«
    »Jetzt sind wir wohl an Marbella gebunden. Gibt es schon eine Entscheidung vom Gericht?«
    »Morgen.«
    In Spanien wurden formelle Beschlüsse über Beerdigungen vom Gericht getroffen. In Spanien wehte nun ein anderer Wind als während der lang zurückliegenden dreißig Jahre. Siv würde es gut haben auf dem Cementario Virgen del Carmen, in einem Pinienhain nördlich der Stadt, näher am weißen Berg.
    »Ich meine, John im Hintergrund zu hören«, sagte sie.
    »Hier sind nur er und ich.«
    »Und Mr. Glenfarclas, 21  Jahre jung.«
    »Noch ein Kind«, sagte Winter. »Der reinste Kinderpopo.«
    »Dann lass es doch«, sagte sie.
    »Absolut«, sagte er.
    »Wie viele Fingerbreit hast du heute Abend getrunken?«
    »Gar keine. Ich hab doch gesagt, dass ich gerade nach Hause gekommen bin.«
    »Bleibst du bis spät in die Nacht auf?«
    »Es ist schon spät.«
    »Bleib nicht zu lange auf.«
    »Irgendetwas wird passieren«, sagte er.
    »Heute Nacht?«
    »Bald. Wieder etwas Gewaltsames.«
    »Es gefällt mir nicht, dass du dort bist«, sagte sie. »Ich möchte, dass es ein Ende nimmt.«
    »Bald«, sagte er, »sehr bald.«
    Er gab Szenarien auf seinem Laptop ein, Dokumente übereinander, nebeneinander, Dateien, Namen. Die Chronologie. Es floss ineinander, aber nicht aus stimmigen Gründen, nicht, weil die Teile zusammengehörten. Ihm fiel das Sehen zunehmend schwerer.
    In seinem Kopf rauschte es stärker. Es war nicht die Musik. Das war er selber. In seinem Kopf herrschte konstantes Gebrüll.
    Er goss sich noch einen Whisky ein, nur eineinhalb Fingerbreit, das war so gut wie nichts. Die paar Tropfen würden für Ruhe in seinem Schädel sorgen. Er trank, es schmeckte nach Honig und Sherry, es könnte Sevilla sein, er könnte auf einem Balkon in Sevilla während der Semana Santa stehen, voller Liebe zu allem, Siv an seiner Seite auf dem Balkon, sie würden beide dem Volk dort unten zuwinken, das nun ihr Volk war, sie war jetzt eine von ihnen, in derselben Erde, Mutter, Mama, er brachte es kaum über die Lippen, hatte es fast nie gedacht, Mutter, »Siv« war leichter, war immer leichter gewesen. Er nahm noch einen Schluck, sie würden sich wiedersehen, der Abschied auf dem Friedhof war nur ein Beginn, dead is not the end , es gab einen Gott, warum sollte es keinen Gott geben, in Spanien war er sogar größer, genau wie die Sonne dort größer war als irgendwo sonst auf der Welt. Siv

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