Das dunkle Haus: Kriminalroman (Ein Erik-Winter-Krimi) (German Edition)
Blick ab, das war eine lange Zeitspanne.
»Sind Sie hergekommen, um mir das zu sagen?«
»Ja.«
»Ich hab mich schließlich allen Tests unterzogen, die Sie mir zugemutet haben. Haben Sie einen Beweis, dann her damit, sonst scheren Sie sich dahin, wo der Pfeffer wächst.«
Krol setzte sich wieder in Bewegung. Winter legte eine Hand auf seinen Arm.
»Herr Krol.«
»Ja, was ist?«
»Verbergen Sie etwas?«
»Nein, nein, nein.«
»Sie kennen Sandra ja ein wenig. Hat sie irgendetwas gesagt?«
»Was zum Beispiel?«
»Dass sie Angst hatte.«
»Hatte sie Angst? Wann?«
»In der Zeit vor den Morden. Kurze Zeit davor.«
»Davon hab ich nie was gehört. Zu mir hat sie garantiert nichts gesagt.«
»Okay.«
»Von dort drin etwas zu hören war nicht leicht«, sagte Krol. Winter sah den Schatten eines Lächelns auf seinen Lippen. »Oder etwas zu sagen.«
»Wie meinen Sie das?«
»Es ging manchmal ziemlich lebhaft zu in dem Haus, wenn man es so ausdrücken darf, vielleicht etwas unangebracht nach allem, was passiert ist. Aber der Junge ist die Treppe rauf- und runtergelaufen und, tja … Kinder eben.«
Winter nickte.
»Draußen war’s ruhiger.«
Winter nickte wieder.
»Muss jetzt gehen. Meine Frau wartet mit dem zweiten Frühstück.«
Sie trafen sich auf eine Tasse Kaffee in einer Bar.
»Ein bisschen zu früh für Bier«, sagte er. »Und Sie sind im Dienst.«
»Sie arbeiten doch wohl auch?«
»Klar.«
»Was wollten Sie mir erzählen, Herr Likander?«
»Ich hatte den Eindruck, dass es ihr … Sandra … nicht gutging.«
»Was hat Sie veranlasst, das zu glauben?«
»Ein Gefühl. Da stimmte etwas nicht … ich weiß nicht.«
»Können Sie nicht etwas konkreter werden?«
»Eigentlich nicht.«
»Standen Sie sich so nah, dass Sie diesen Eindruck bekommen konnten?«
»Ich bin wahrscheinlich sensibel.«
»Soll das ein Scherz sein?«
»Nein.«
Er sah ernst aus.
»Hat sie etwas in die Richtung geäußert?«
»Eigentlich nicht richtig.«
Hoffner nickte.
»Könnte es trotzdem hilfreich sein?«, sagte er.
»Vielleicht.«
»Sagen Sie mir, wenn es … albern war, Sie anzurufen.«
»Es war nicht albern.«
»Seit … unserem Treffen habe ich viel über Sandra nachgedacht … oder vielmehr über alles, was passiert ist … und dann habe ich an Sie gedacht.«
»Ach? Und was haben Sie gedacht?«
»Dass Sie den Fall bearbeiten und dass es gefährlich sein könnte.«
»Daran denke ich nicht.«
»Wirklich nicht?«
»Es ist fast nie gefährlich.«
»Was für eine Antwort.« Er lächelte. »Das wird ein Klassiker.«
»Wann?«
»Wenn wir zurückblicken«, sagte er und lächelte wieder.
Winter sah ihn über den Parkplatz kommen, der Hund lief zehn Schritte vor ihm her. Als er Winter entdeckte, kehrte er um und rannte blitzschnell zu seinem Herrchen zurück.
»Darauf programmiert, vor Gefahr zu fliehen«, sagte Winter.
Sie waren voreinander stehen geblieben.
»Ich hatte auch Lust zu rennen«, sagte Runstig.
»Das haben Sie schon einmal gemacht.«
»Sie auch«, sagte Runstig.
»Ich bin mit friedlichen Absichten hier«, sagte Winter.
»Mit welchen?«
»Kann ich nicht erklären.«
»Gibt es etwas zu erklären?«
»Ich glaube ja. Zum Beispiel, warum Sie hier sind.«
»Ist mir der Zutritt zur Amundö verboten? Das wusste ich nicht.«
»Ich bin nur erstaunt«, sagte Winter. »Ich hatte geglaubt, dies wäre der letzte Ort auf Erden, zu dem es Sie zurückzieht.«
»Fragen Sie Jana.« Runstig schaute auf den Hund hinunter. Er saß brav an seiner Seite.
»Ich frage Sie, Herr Runstig.«
»Jana gefällt es hier. Ich … es ist okay hierherzukommen. Es geht nicht um mich. Ich habe vergessen, um was es geht.«
»Das glaube ich nicht.«
»Was mich betrifft. Ich habe es vergessen.«
»Und was tun Sie, wenn Sie nicht mit Jana Gassi gehen?«
»Nichts Besonderes.«
»Sind Sie wütend?«
»Nicht besonders.«
»Gut.«
»Ich habe gestern eine Negerfamilie gesehen und dabei nichts Besonderes empfunden.«
Jana hatte sich von ihnen entfernt, lief auf die Insel zu, sie drehte sich um. Ihr Blick war eindeutig.
»Wir müssen wohl gehen«, sagte Runstig.
»Wir seh’n uns«, sagte Winter.
»Hoffentlich nicht.«
34
Sie waren auf dem höchsten Punkt, von wo aus er alles überblicken konnte. Er wusste nicht, wie viel Jana sah, aber ihm war wichtig, was er sehen konnte. Draußen auf dem Meer gibt es so viel zu sehen, Gold und Silber und Eisen, all das unberührte Schöne, dachte er.
Er sah die Häuser
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