Das dunkle Haus: Kriminalroman (Ein Erik-Winter-Krimi) (German Edition)
allein?«
»Ja.«
»Okay«, sagte Winter.
»Du weißt, wer das ist?«
»Robert Krol.«
»Und das weißt du, obwohl du nicht hier bist?«
»Hundertprozentig sicher.«
»Der Kerl hat was Zwanghaftes an sich.«
»Etwas stimmt nicht mit dem.«
»Wir sind nicht mehr lange hier. Dann kann Krol sich ausruhen.«
»Hm.«
»Genau wie du, mein Freund.«
»Das hast du schon mal gesagt. Guten Abend, Torsten.«
Winter wählte wieder Krols Nummer. Keine Antwort. Er blieb mit dem Telefonhörer in der Hand sitzen, lauschte auf die fernen Signale, bis sie vor Erschöpfung erstarben.
39
Es war ein langer Abend, das Licht wollte den äußersten Rand der Welt nicht verlassen, nicht ins Meer fallen, nicht vom Himmel verschluckt werden. Diesmal hatte er Jana angeleint, bloß keine Unfälle, nicht hier.
Sie waren eben einem Auto begegnet, aber sonst rührte sich nichts.
Das Haus lag im Dunkeln, nirgends Licht, er war seitdem nicht mehr hier gewesen, warum war er jetzt hier, hierher sollte er nicht gehen, sie sollten zur Insel hinübergehen, Jana liebte die Insel. Als ob sie wüsste, dass der Frühling unterwegs war, Tiere wussten das vielleicht, die brauchten keinen Meteorologen, der im Fernsehen vor einer Wetterkarte stand und das Wetter zu erraten versuchte, mit den Händen über Computerbildern fuchtelte, vage auf das innere Norrland zeigte und über Öland redete, ja jesses.
Er war allein auf der Straße, besser gesagt nur der Stummel einer Straße, eine kleine Schleife vor einer größeren Schleife, hübsch erleuchtete Häuser, er hatte sie kaum bemerkt, als er im Januar hier gewesen war, es konnte irgendwo sein, aber es war nicht irgendwo, es würde nie ein Irgendwo werden.
Der Abend war schön, aber niemand hielt sich draußen auf. So war es vielleicht, seit die Morde passiert waren. Er war an einem Spielplatz vorbeigekommen, den er sich schwerlich voller Kinder vorstellen konnte. Er dachte an Miros. Vielleicht würde er ein Star in der polnischen Nationalmannschaft werden, die schwedische würde er verlassen.
Schwedisch ist kein big deal , dachte er. Was ist eigentlich schön am Schwedischen?
Das Haus war wie ein schwarzes Loch im Abend, eine Erinnerung an die Hölle. Ein anderes Gebäude auf der Anhöhe daneben zeichnete sich wie eine Silhouette gegen den roten Himmel weit im Westen ab. Es sah aus wie ein Spielzeughaus, etwas, das die Kinder vergessen hatten, als sie am Abend reinkommen mussten.
A love supreme, a love supreme, a love supreme , Winter saß mit leerem Blick regungslos da. Die Balkontür stand offen, draußen die Geräusche des Abends, eine Heimat, Coltranes Stimme wie ein Gruß durch die Jahrzehnte, 1964 , vier oder auch drei Jahre später war Coltrane tot, 1967 , Leberkrebs. »Ich bekenne mich zu allen Religionen der Welt«, hatte er ein Jahr vor seinem Tod gesagt.
Das Handy begann wie ein Skorpion über den Couchtisch zu kriechen, Augen blinkten ihn an.
»Ja?«
»Torsten hier.«
»Das sehe ich.«
»Auf dem Weg zurück. Wir haben etwas. Ich musste nur ein paar Sachen im Auto untersuchen.«
»Was haben wir?«
»Fingerabdrücke im Zimmer des Jungen an der Unterseite vom Fensterbrett. Im Obergeschoss. Scheint ein identifizierbarer Abdruck zu sein.«
»Fingerabdruck?«
»Letztes Mal war er nicht da. Der ist doch nicht von dir? Unterseite vom Fensterbrett?«
»Nein.«
»Wir haben auch ein LCN gemacht, aber das braucht Zeit, wie du weißt. Den Fingerabdruck kannst du morgen Nachmittag haben. Es handelt sich um einen Mittelfinger, das ist oft so. Der gedankenloseste Finger.«
»Prima, Torsten.«
»Deine Intuition war richtig.«
Winter antwortete nicht. Er dachte an das Fenster, an die Fenster. Beim ersten Mal hatte er an dem Fenster gestanden und gedacht, dass er dort irgendwann Antwort bekommen würde.
»Ich habe einen Typ mit Hund getroffen«, sagte Öberg.
»Ja?«
»Unser Freund aus dem Untersuchungsgefängnis, dein Kumpel Runstab.«
»Runstig.«
»Ja. Er ist die Schleife mit seinem Hund gegangen. Wohnt der jetzt hier?«
»Soviel ich weiß nicht.«
»Und wenn, dann würdest du es wissen.«
»Wohin ist er gegangen?«
»Weiß ich nicht, aber er war unterwegs in die Richtung, aus der ich kam.«
»Interessant.«
»Nun kann man also sagen, dass ich zum Dezernat für Schwerstverbrechen gehöre«, sagte Öberg.
»Du kriegst aber kein doppeltes Gehalt, Torsten. Danke für alles. Wir sprechen uns morgen.«
Sie hatte den Käse gekauft, den besten, den sie in dem kleinen
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