Das dunkle Haus: Kriminalroman (Ein Erik-Winter-Krimi) (German Edition)
am Hals auf und fühlte die Knöpfe wie ausgeschlagene Zähne in der Hand, zog den Mantel aus, strich sich die Haare aus den Augen, öffnete den Knopf des Jacketts, der eleganteste Läufer aller Zeiten auf Stora Amundö. Wenn er das schaffte, mussten sie in Sachen Läuferausrüstung umdenken.
Vor ihm leuchteten Felsen dumpf schimmernd auf. Jetzt stand der Mond am Himmel, Winter warf einen Blick nach oben, der Mond war voll, voller ging es nicht mehr, es würde eine Nacht für Werwölfe werden, sie hatte bereits begonnen. Er spürte sein Handy in der Brusttasche hämmern, es hämmerte in seinen Ohren, rauschte, das Adrenalin strömte zurück in seinen Kopf. Es war das Adrenalin, das ihn vor bald zwei Jahren fast umgebracht hätte, und er hoffte, dass es ihm jetzt helfen, ihn noch einige Schritte weitertragen würde. Er hatte schon die Bucht erreicht, stand an dem kleinen Strand, an dem er mit Elsa und Lilly Treibholz gesammelt hatte. Das Mondlicht wurde mit jeder Sekunde heller, das Eis glitzerte wie Silber, und da draußen bewegte sich nichts, es war wie ein leergefegter Meeresboden. Winter drehte sich zum Wald um, aber auch dort rührte sich nichts, er drehte sich wieder zur Eisfläche, und jetzt sah er weit draußen eine Silhouette, schwarz gegen all das Weiß und Silber, auf dem Weg in Richtung Lilla Amundö.
Winter stolperte aufs Eis hinaus, schlidderte vorwärts. Wenn er das hier schaffte, mussten sie auch in Sachen Hockeyausrüstung umdenken. Es waren hundert Meter bis zu der Gestalt, die sich auf die gleiche Art bewegte wie er, zwei Schritte vorwärts, einen rückwärts, einen seitwärts. Der Wind hatte das Eis wie für ein Schlittschuhrennen poliert. Der andere hatte einen Vorsprung, wenn er das Land erreichte, könnte er verschwinden, während Winter auf das Ufer zustolperte. Vielleicht hatten sie sein Auto, aber das konnte ebenso gut gestohlen sein.
Plötzlich blieb der andere da vorn stehen. Etwas bewegte sich über das Eis. Der Hund! Er hatte sich offenbar losgerissen, lief hin und her wie im Spiel, dies war kein Spiel. Winter glitt weiter, schob sich vorwärts wie ein Schlittschuhläufer, er hatte seine Technik gefunden, und die Silhouette vor ihm wurde zu einem Mann, der weiter auf die Insel zuging. Bis dorthin war es nicht weit, um den Hund kümmerte er sich nicht mehr, aber er bewegte sich sehr schnell, um der Gefahr zu entkommen, die ihn verfolgte, machte einen Grätschschritt und fiel auf den Rücken, Winter lag nicht mehr weit zurück, dreißig Meter, zwanzig Meter, er sah, wie der Mann aufstand und weiterlief, sich umdrehte, jetzt noch zehn Meter, er war stehen geblieben, er hielt etwas in der Hand, das auch wie Silber im Mondschein glitzerte. Winter wusste, was es war. Er blieb einige Meter entfernt von dem Mann stehen und griff nach der Pistole in seiner Armhöhle, der Mann schnellte auf ihn zu wie vom Wind geschleudert, Winter gelang es, die Waffe herauszuziehen. Als sich die Messerschneide zischend näherte, schmetterte er die Pistole wie eine Keule gegen den Arm dieses Teufels. Der Kerl ließ das Messer mit einem Schrei fallen, Winter schlug noch einmal zu, hörte, wie etwas in dem Arm krachte, ein wunderbares Geräusch, er schlug dem Mann auf den Hinterkopf, der Mann taumelte und fiel, Winter machte einen Schritt rückwärts, trat ihm in die Seite, trat, trat, hörte ein Geräusch, als würde an einem späten Sommertag, wenn es Zeit ist, nach Hause zu gehen, die Luft aus einer Luftmatratze gepresst, wenn die ganze Familie auf der Luftmatratze sitzt und lacht und furzt, Papa, Mama, die große Schwester, der mittlere Bruder, die kleine, kleine Schwester.
Jovan Mars war blind für die Welt, in der er lebte, und blind für alles, was ihn in der Zukunft erwartete. So sah es aus. Aber Halders war nicht sicher, er war nie sicher.
Er hatte nach dem Datum gefragt. Er musste von einem Datum ausgehen.
»Was haben Sie an jenem Abend gemacht?«
»Nichts.«
»Waren Sie allein?«
»Ja.«
Mars akzeptierte alles. Vielleicht wollte er weg. Er hatte nicht gefragt, warum er noch in der Skånegatan saß. Vielleicht war ihm noch nicht einmal bewusst, wo er sich befand. Es gab viele Erklärungen.
»Haben Sie an dem Abend mit jemandem gesprochen?«
»Nein.«
»In der Nacht?«
»Nein.«
»Was haben Sie in der Nacht getan?«
»Geschlafen.«
»Allein?«
»Ja.«
»Wann an dem Abend haben Sie mit jemandem gesprochen?«
»Hab mit niemandem geredet.«
»Wann während des Tages?«
»Kann mich nicht
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