Das dunkle Haus: Kriminalroman (Ein Erik-Winter-Krimi) (German Edition)
sagte er.
»Was sagen die Leute um sie herum?«, fragte sie.
»Wer um sie herum?«
»Na ja, Kollegen, Nachbarn.«
»Dem gehen wir gerade nach. Sie hatten nicht viele Freunde. Scheinen isoliert gelebt zu haben.«
»Und der Mann nicht da.«
»Ja, der Mann nicht da.«
»Wie ist er?«
»Ich weiß es nicht, Angela. In dieser Situation ist es sehr schwer, einen Menschen einzuschätzen.«
»Du hast im Traum etwas von einem Nuckel geschrien«, sagte sie. »Was hat das zu bedeuten?«
»Der Mörder hat den Nuckel der Jüngsten, Greta, mitgenommen. Er hat sie nicht getötet, aber er hat den Nuckel mitgenommen.«
»Bist du dir sicher?«
»So sicher, wie ich im Augenblick eben sein kann.«
»Seltsam. Irgendwie unheimlich.«
Winter stand auf und ging zur Musikanlage, die auf dem Mosaikfußboden stand, und schaltete die Musik mit dem eigentümlichen Text an: a love supreme, a love supreme, a love supreme, a love supreme .
Auf dem Pflaster vom Opaltorget gab es keine Blutspuren, jedenfalls nicht so einen Fleck. Vor Willys stand eine Gruppe Jungen, doch keiner von ihnen sah verletzt aus. Sie starrten Halders und Djanali an, als wären die Alten im Begriff, in ihr freies Leben einzudringen.
Die beiden gingen auf die Gruppe zu.
»Alles unter Kontrolle?«, sagte Halders.
Niemand antwortete. Einige Jungen wollten sich verdrücken. Irgendetwas an dem langen weißen Schweden und der schwarzen Tussi war ihnen nicht geheuer.
»Wir würden uns freuen, wenn ihr einen Moment alle zusammenbleiben würdet«, sagte Djanali und hielt ihren Ausweis hoch. Halders zeigte seine Erkennungsmarke.
»Was liegt an?«, sagte der Junge, der ihnen am nächsten stand, ein großer Kerl, dunkel, trägt etwas, das man Duffelcoat nannte, als ich jung war, dachte Halders.
»Habt ihr kürzlich mit jemandem Zoff gehabt?«, fragte er.
»Wieso?«, gab der Junge zurück.
»Habt ihr Ärger mit einem Mann gehabt?«
»Wo?«
»Irgendwo«, sagte Halders.
»Was ’n für ’n Mann?«
»Ein großer Schwede. Hat euch so einer angegriffen, zum Beispiel hier auf dem Platz, vor gar nicht langer Zeit?«
»Ha, ha, einer, der uns angreift! Soll das ’n Witz sein?«
»Ich frage.«
Djanali und Halders sahen die Jungen lächeln. So etwas konnte nie passieren. Das Gegenteil könnte der Fall sein.
»Jemand, der euch angeschrien hat? Bedroht hat?«
»Höchstens ’n Bulle«, sagte der lange Scheißer.
»Na klar«, sagte Halders, »aber mal abgesehen von dem.«
»Es gibt einen Irren«, ertönte eine Stimme aus dem Haufen.
Der Lange drehte sich um.
»Wer hat das gesagt?«, fragte Djanali. »Kannst du bitte mal vorkommen?«
Ein kleinwüchsiger Junge trat hervor. Er trug eine Kopfbekleidung, die aussah wie eine aufgekrempelte Strumpfmaske, hatte zarte Gesichtszüge wie ein Mädchen. Seine dünne Lederjacke sah teuer aus, geklaut, aber nicht auf dem Opaltorget, wahrscheinlich nicht einmal auf dem Frölunda torg.
»Wie heißt du?«, fragte Djanali.
»Spielt das ’ne Rolle?«
»Nur den Vornamen.«
»Åke.«
Einige in der Clique lachten. Das klang wirklich witzig.
»In Schweden gibt es niemanden unter neunundfünfzig, der Åke heißt«, sagte Halders.
»Mich gibt’s«, sagte Åke.
»Wer ist der Irre?«, fragte Djanali.
»Der Irre ist … der Irre.«
»Was macht er?«
»Er taucht hier manchmal auf und marschiert rum wie ein Soldat oder so was.«
»Trägt er eine Uniform?«
»Er sieht aus, als würde er eine tragen. Aber er hat keine Uniform an.«
»Hat er sich mit euch angelegt?«
»Das würde der sich nie trauen.«
Die Hose des Untersuchungsgefängnisses war weicher, als er geglaubt hatte, wahrscheinlich bekamen alle die gleiche, Angeklagte, Festgenommene, das spielte keine Rolle mehr. Er zog die Hose aus, erwog, auch die Unterhose zu zwirbeln, aber das wäre sinnlos, genauso sinnlos wie Anlauf zu nehmen und den Schädel in die Wand zu rammen, die vielleicht zu weich war, er würde nur eine Chance bekommen und die wäre ineffektiv, eine plumpe Art eben, wie wenn man versuchen würde, ein Einmalmesser zu verstecken, das nicht mehr funktioniert, das hatte nie funktioniert, hatte er gehört, die Hose war die sicherste Methode. Er riss sie im Schritt auf, kein Problem für den, der sich entschieden hatte, er wickelte sie sich um den Hals, zu locker, es kam darauf an, so lange stark zu bleiben, dass die Bewusstlosigkeit nicht zu früh eintrat, am liebsten hätte er einen Stock oder irgendetwas gehabt, um die Hose darum zu zwirbeln, nun musste er
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