Das dunkle Herz Kashas
musste.“
„Wenn du mich nicht bis in diese Höhle begleiten kannst, werde ich sie eben ohne dich aufsuchen“, erklärte ich fest entschlossen, dieser Weissagung, die möglicherweise mich betraf, auf den Grund zu gehen. „Lass uns dorthin aufbrechen, wenn die Sonne das nächste Mal aufgeht.“
Xerus nickte. „Gut. Brechen wir gleich morgen dorthin auf. Ich hoffe nur, mein Bruder weiß nichts von dieser Weissagung und der Höhle – ansonsten hat er die Bilder längst zerstören lassen.“
„Das werden wir sehen, sobald wir sie erreichen.“
„Damit dürftest du Recht haben“, Xerus lachte.
Ich war erleichtert, dass ich in aus seiner finsteren Stimmung gerissen hatte und fragte ihn nicht weiter nach der Weissagung und seinem Bruder. Stattdessen bat ich ihn, mir den Ort an dem wir – mit etwas Glück – mehr über die Weissagung erfahren würden, genauer zu beschreiben.
Kapitel 4: Verloren
Bei Sonnenanbruch des nächsten Morgens machten wir uns auf den Weg in die schwarze Kieselwüste. Mehrere Tage gingen wir durch die mir inzwischen so vertrauten Nebelwälder. Jede Nacht fanden wir in einem anderen Unterschlupf meines Begleiters Zuflucht; Xerus schien in jedem Winkel der Wälder Orte zu haben, an denen er sicher die Nacht verbringen konnte. Was wenig erstaunlich war in Anbetracht der Tatsache, dass sein Bruder, der Herrscher über die Kasha schon einmal versucht hatte, ihn wieder in seine Gewalt zu bringen. Xerus war dieses Mal noch schweigsamer als sonst. Er schien tief in Gedanken; dennoch entging ihm kein Rascheln und kein Knacken im Unterholz.
Nach dreizehn Tagen wurde der graue Erdboden zunehmend von Steinen abgelöst bis wir schließlich auf scharfkantigem schwarzen Stein liefen. Aus irgendeinem Grund war ich davon ausgegangen, dass es in der Wüste heller sein würde als in den Nebelwäldern. Doch auch die Gegend, durch die wir jetzt liefen, war in dichten Nebel gehüllt. Ab dem fünfzehnten Tag wurde der Weg immer steiler. Wir kamen nur langsam voran – auch deshalb, weil Xerus bei jedem Schritt vorsichtig darauf achtete, wie nahe wir der Grenze des Kernlandes schon waren.
Je höher wir kamen, desto rissiger wurde der Fels. Vorsichtig setzte ich meine Füße auf die Felsbrocken, die noch am festesten aussahen – doch wiederholt kippte ein Block zur Seite weg oder zerbrach knirschend unter meinem Gewicht. Dass alles um uns in dichtem Nebel versank, war auch nicht gerade hilfreich.
„Bist du sicher, dass diese Höhle hier irgendwo ist?“ fragte ich atemlos.
„Ich hoffe es“, entgegnete Xerus.
„Und es ist keine Gefahr für dich, weiterzugehen?“ fragte ich weiter, denn mein Begleiter hatte schon eine ganze Zeitspanne früher mit besorgter Miene geäußert, dass wir der Grenze des Kernlandes bedenklich nahe waren.
Xerus zögerte, ehe er mit unsicherer Stimme antwortete: „Wir sind dicht an der Grenze; sehr, sehr dicht. Ich kann schon spüren, wie sie an meinen Kräften zehrt. Doch ich möchte dich so nah wie möglich an diese Höhle heranbringen. Wir wissen nicht, was dich in ihr und in ihrer Umgebung erwartet. Mein Bruder könnte Wachen aufgestellt haben... Mein Herzschlag verlangsamt sich mit jedem Schritt. Doch noch kann ich weitergehen.“
Ich blieb stehen. „Willst du nicht lieber hier auf mich warten? Wenn du nicht bei Kräften bist, kannst du mir auch nicht beistehen, wenn es Wachen oder Gefahren im Umfeld der Höhle geben sollte...“
Wieder zögerte er. „Ich denke, ich werde es rechtzeitig merken, wenn es für mich zu gefährlich wird, mich der Grenze weiter zu nähern.“
„Das hoffe ich!“
Langsam und ohne ein weiteres Wort bewegten wir uns bergauf. Einige Schritte weiter oben sank Xerus jedoch lautlos zu Boden. ' Die Grenze! ' schoss es mir durch den Kopf. Wir mussten ihr näher gekommen sein als es für meinen Begleiter gut war... Sofort eilte ich an seine Seite, so schnell es der unsichere Boden zuließ. Sobald ich ihn erreicht hatte, zog ich Xerus mit aller Kraft einige Schritte den steilen Hang hinab und kniete mich dann neben ihn. Sein Herzschlag war kaum noch zu spüren, seine Atmung war unregelmäßig und flach.
„Xerus! Hörst du mich?“
Er antwortete nicht. Verzweifelt massierte ich seinen Brustkorb und seine Schläfen, wie ich es bei Priesterin Tia gesehen hatte, wenn eine der Novizinnen in besonders heißen Sommern vor Anstrengung die Besinnung verloren hatte. Dabei fiel das schwarze Amulett, das ich noch immer um den Hals trug, auf Xerus'
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