Das dunkle Labyrinth: Roman
einen Teil vom Preisgeld überlassen.«
Jetzt war keine Zeit mehr, die möglichen Folgen zu erwägen. »Ich bezweifle, dass Mr. Argyll mir auch nur für einen Teil von dem, was ich bisher ermittelt habe, Geld geben würde«, entgegnete er trocken. »So wie es aussieht, hat er selbst Havillands Tod verursacht.«
»Ja?« Clactons helle Augenbrauen schossen in die Höhe. »Aber Sixsmith is’ derjenige, den Sie verhaftet haben. Warum wohl, wollen Sie mir das sagen? Sollen da vielleicht ein paar Beweise verdreht werden?«
Monk fröstelte noch immer, und er spürte die Strapazen in den Knochen, aber jetzt packte ihn zusätzlich die Angst. Er durchschaute die Tücke und den Hass des jungen Mannes. Darin war keine Treue zu Durban oder sonst jemandem enthalten, es war reines Eigeninteresse. Clacton war gefährlich.
»Trauen Sie sich denn zu, die in Rede stehenden Beweise zu finden?«, fragte er unverblümt.
Clactons Augen verengten sich. »Setzen Sie etwa darauf, dass ich das nich’ schaffe?«
»Im Gegenteil! Sie würden mich glücklich machen, wenn Sie mir den Beweis liefern. Ich will Argyll!«
Zum ersten Mal verlor Clacton den Faden. »Das is’ doch Unsinn! Wer bezahlt Sie dafür?«
»Ihre Majestät. Hinter Havillands Tod steckt eine Verschwörung. Tausende von Pfund sind in den Kanalbau geflossen, und man kann sehr viel Macht dabei gewinnen. Gehen Sie unbedingt zu Mr. Farnham und sagen Sie ihm, was Sie vermuten. Aber machen Sie jetzt besser mit Ihrer Arbeit weiter, und seien Sie froh, dass Sie noch eine haben.«
Clacton schien völlig verwirrt. Jetzt war er derjenige, der abwägen musste. Ohne dass er es hatte kommen sehen, hatte sich das Blatt gewendet, und das machte ihn wütend. »Ich weiß trotzdem, dass Sie Dreck am Stecken haben!«, stieß er zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. »Eines Tages kriege ich Sie schon noch!«
»Nein, das werden Sie nicht!«, hielt ihm Monk entgegen. »Sie werden über Ihre eigenen Füße stolpern. Und jetzt raus!«
Langsam, als wäre er sich nicht sicher, ob er nicht vielleicht doch noch einen Pfeil im Köcher hatte, ging Clacton hinaus. Diesmal ließ er die Tür hinter sich offen. So konnte Monk sehen, wie er wieder zu stolzieren anfing, sobald er sich im Flur befand.
Inzwischen war Monks Tee kalt geworden. Die Lust auf neuen war ihm allerdings vergangen. Seine Hand zitterte, und sein Atem ging ruckartig. Mit allem hatte er bei Clacton gerechnet, aber nicht mit einer derart hinterhältigen Unterstellung.
Am nächsten Morgen begab er sich als Erstes in Sir Oliver Rathbones Kanzlei. Monk war bereit, so lange zu warten, wie es eben notwendig war, doch bereits nach einer Stunde wurde er hineingebeten. Rathbones Kleidung war elegant wie immer; er trug einen grauen Wollanzug sowie einen schweren Überzieher als Schutz gegen den schneidenden Wind. Über Monks Besuch schien er überrascht, aber durchaus erfreut. Seit er sich im Klaren darüber war, wie sehr er Margaret Ballinger liebte, hatte sich seine Rivalität Monk gegenüber gelegt. Es war, als hätte er endlich zu innerer Ruhe gefunden und das Sanfte in sich entdeckt.
»Monk! Wie geht es Ihnen?« Er sah ihm mit festem, offenem Blick in die Augen. Rathbone war, anders als Monk, ein Mann, der eine hervorragende Ausbildung genossen hatte und mit sich im Reinen war. Seine Eleganz wirkte völlig natürlich.
Monk lächelte. Am Anfang hatte er sich Rathbone gegenüber unbehaglich gefühlt. Zeit und Erfahrung hatte ihn jedoch gelehrt, die Menschlichkeit hinter der Fassade zu erkennen, sodass er längst alle Befangenheit abgelegt hatte. »Ich brauche Ihre Hilfe in einem Fall.«
»Aber natürlich! Warum würden Sie sonst am Vormittag bei mir hereinschneien?« Rathbone machte keine Anstalten, seine Belustigung und sein Interesse zu verbergen. Wenn Monk juristisch nicht mehr weiterwusste, dann bedeutete das für ihn einen interessanten Fall, und solche Gelegenheiten waren ganz nach seinem Geschmack. »Setzen Sie sich und schießen Sie los.«
Monk ließ sich nicht lange bitten. Mit kurzen Worten umriss er Mary Havillands und Toby Argylls Sturz von der Brücke, James Havillands vorausgehenden Tod und den Verlauf seiner Ermittlungen, die zu Aston Sixsmith’ Verhaftung geführt hatten.
»Aber Sie wollen doch sicher nicht, dass ich Sixsmith verteidige?«, rief Rathbone ungläubig.
»Nein … zumindest nicht offiziell«, erwiderte Monk. Allmählich fragte er sich, ob das, worum er den Anwalt bitten wollte, nicht unmöglich
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