Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das dunkle Labyrinth: Roman

Das dunkle Labyrinth: Roman

Titel: Das dunkle Labyrinth: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
Vom Netzwerk:
hinter ihm an Land.
    Der Mann lief die Mole in Richtung Greenland Dock hinunter. Es war dunkel, und der Wind trug den Geruch von Regen heran. Vereinzelt wurden Straßenlaternen angezündet. In mancherlei Hinsicht war es um diese Tageszeit am schwierigsten, jemanden im Auge zu behalten. Die Schatten waren trügerisch. Man glaubte, jemanden zu sehen, doch plötzlich war er weg. Es gab beleuchtete Stellen und Wege, die in tiefer Düsternis lagen. Überall um sie herum gab es Geräusche, Bewegungen und das unruhige Auf und Ab des vom Wasser reflektierten Lichts.
    Monk, Jones und Butterworth gingen getrennt, um so das Risiko, den Dieb aus den Augen zu verlieren, zu mindern. Natürlich wäre es sicherer, ihn auf der Stelle zu verhaften und die Figurine zu bergen. Aber dann wäre der ganze Aufwand umsonst gewesen. Nachdem sie ihre Karten bisher so gut gespielt hatten, durften sie das Spiel nicht mehr aus der Hand geben.
    Sie liefen nun wieder in Richtung Süden. Orme und seine Männer mussten sich mit ihren Booten auf gleicher Höhe befinden.
    Aus der Dunkelheit tauchte jetzt ein anderer Mann auf. Monk blieb abrupt stehen, weil er fürchtete, er könnte den Dieb einholen und gesehen werden. Zu spät merkte er, dass er das nicht hätte tun dürfen. Damit lenkte er nur Aufmerksamkeit auf sich. Er ging ein paar Schritte zurück und bückte sich, als hätte er etwas verloren. Dann setzte er seinen Weg fort. Der Neue war mit dem Dieb nun auf gleicher Höhe. Im Licht einer Laterne waren seine Konturen zu sehen. Etwas daran kam Monk bekannt vor. Er war klein und dick, trug einen langen Mantel sowie einen randlosen Hut. Er war ebenfalls auf dem Boot gewesen. Also auch ein Dieb?
    Als die beiden nach rechts abbogen, hatte sich ein Dritter dazugesellt. Sie erreichten eine alte Treppe, unter der ein Boot wartete. Gleich darauf wurden sie von der Dunkelheit verschluckt.
    Monk blieb stehen. Nervös verlagerte er das Gewicht von einem Fuß auf den anderen und hielt verzweifelt nach Orme Ausschau. Wo, zum Teufel, steckte er nur? Mehrere Barken glitten mit funkelnden Bootslampen stromaufwärts. Der eisige Wind heulte zwischen den Holzpfosten des Stegs.
    Monk hörte ein Geräusch in seinem Rücken. Er wirbelte herum. Keine drei Meter von ihm entfernt stand ein Mann. Er hatte ihn nicht kommen hören; das Klatschen des Wassers hatte seine Schritte übertönt. Monk war allein, hatte keine Waffe und stand mit dem Rücken zum Fluss.
    Ein Boot schlug gegen die Stufen. Er stakste hinüber und sah vier Männer, drei davon an den vier Rudern – die Formation der Wasserpolizei. Der Platz reichte noch für zwei mehr. Es wäre dann eng, aber nicht gefährlich. Orme stand im Heck. Monk konnte sein Gesicht nicht sehen, aber er erkannte ihn an seiner Haltung, ein schwarzer Schattenriss vor dem matten Widerschein des Lichts im unablässig schaukelnden Boot.
    So schnell es die nassen, schlammbedeckten Steinstufen zuließen, stieg Monk die Treppe hinab, wobei er mehrmals ins Rutschen geriet. Orme packte ihn unter dem Arm, als er auf der letzten Stufe abzurutschen drohte, und er landete unbeholfen im Boot, um sogleich zu einem freien Sitz zu stolpern. Gleich darauf schlossen sich seine Hände um ein Ruder, und er machte sich bereit, sich mit dem ganzen Gewicht dagegenzustemmen, sobald das Kommando ertönte.
    Nun kam Butterworth die Stufen herunter, stieg an Bord und kauerte sich ins Heck. Dann kam der Befehl. Sie bugsierten das Boot in die Strömung und legten sich in die Riemen, den Dieben hinterher.
    Keiner sagte ein Wort. Jeder lauschte dem Rhythmus der Ruder. Orme spähte angestrengt nach vorn, stabilisierte das Boot, wenn das Kielwasser all der Barken zu hoch schlug, und steuerte es geschickt an den vor Anker liegenden Kähnen vorbei, die darauf warteten, bei Tageslicht entladen zu werden.
    Wohin fuhren sie? Zur Jacob’s Island, schätzte Monk. Er versuchte, die Gestalten am Ufer zu identifizieren, ein Chaos aus Schemen in der Dunkelheit. Was da schwarz vor dem Hintergrund der Stadt in den Himmel ragte, waren Kräne und Schiffsmasten. Weiter hinten tat sich zwischen den Dächern eine Lücke auf, als wäre dort eine Einfahrt zu einem Dock, dann kamen wieder Lagerhallen, nur hatten sie jetzt teilweise schiefe Mauern, die im Schlamm eingesunken waren. Monk hatte sich nicht getäuscht: Das war Jacob’s Island.
    Zehn Minuten später befanden sie sich alle am matschigen, mit Unrat übersäten Ufer und tasteten sich Schritt für Schritt vorwärts, erkundeten

Weitere Kostenlose Bücher