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Das dunkle Labyrinth: Roman

Das dunkle Labyrinth: Roman

Titel: Das dunkle Labyrinth: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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lösen. Ihm war nur zu klar, dass er diese Sache alles andere als endgültig erledigt hatte. Clacton beobachtete ihn, lauerte auf seine Chance, ihn bei der nächsten Schwäche oder einem Irrtum zu ertappen. Und dabei ging es ihm offenbar um mehr als Geld. Seine eigene Beförderung? Wollte er jemanden beeindrucken? Oder wollte er einfach nur einen neuen Kommandanten, einen, den man leichter manipulieren konnte?
    Der Grund tat nichts zur Sache. Diese Angelegenheit durfte einfach nicht länger unerledigt bleiben. Zumindest erwartete Orme von ihm, dass er handelte. Und mit ihm vielleicht auch die anderen. Hatte Runcorn ihn, Monk, damals genauso gefüchtet, in ihm eine Bürde gesehen, die man als leitender Polizist erdulden musste, bis sich eine Gelegenheit ergab, sie loszuwerden? Er verzog bei dieser Vorstellung das Gesicht.
    Der Fluss war kalt, das Wasser von der schnell hereinströmenden Flut aufgewühlt, und er musste seine ganze Konzentration auf einen Lagerhausdiebstahl richten. Um halb sieben war der Fall geklärt, und Monk stand allein auf einem alten Pier hinter den King Edward’s Stairs. Dort, im Schatten einer zur Hälfte abgebrannten Lagerhalle, war es stockdunkel. Im unruhigen Wasser schimmerten verschwommen die Lichter vom anderen Ufer. Unter ihm riefen Leichterschiffer einander irgendetwas zu, das von den Windböen verweht und bis zur Unkenntlichkeit verzerrt wurde.
    Dann hörte er das Patrouillenboot gegen die Kaimauer sto ßen und jemanden die Steinstufen erklimmen. Gleich darauf zeichnete sich vor dem matten Licht auf dem Wasser Ormes massive Silhouette ab.
    Monk trat ihm entgegen. »Wir haben die Ladung«, sagte er leise. »Haben Sie das Boot, das sie benutzt haben?«
    »Ja, Sir. Butterworth is’ drüben und hilft den anderen. Ich hab gehört, dass die Kollegen von der Met Sixsmith geschnappt haben. Stimmt das? Ich muss sagen, ich dachte, es wäre Argyll. Bin wohl doch nich’ so schlau, wie ich dachte.«
    Monk nickte. »Ich war ganz Ihrer Meinung. Und bin es immer noch.« Er erklärte Orme in knappen Worten seine Absicht, den Mörder zu stellen.
    Orme war skeptisch. »Sie werden sich glücklich schätzen, wenn Sie den Mörder nie zu Gesicht bekommen, Mr. Monk. Aber ich werde alles tun, um Ihnen zu helfen. Wenn ihn jemand kennt, dann die Männer, die am Fluss arbeiten, oder Leute, die in den Tunneln oder auf Jacob’s Island leben. Könnte natürlich auch ein Seemann sein, der schon wieder auf dem Weg nach Burma oder in den Fieberdschungel von Panama oder dem Kap der Guten Hoffnung is’.«
    »Das war kein Seemann«, sagte Monk im Brustton der Überzeugung. »Blasses Gesicht, dünn, und er benutzte eine Pistole. Tatsächlich war es offenbar sogar Havillands eigene Waffe, mit der er ihn erschoss. Trotzdem war das Ganze sorgfältig geplant. Vielleicht hatte also gar nicht Havilland die Waffe in dem Pfandhaus gekauft, sondern er. Ich glaube, Mord ist sein Beruf.«
    »Solche Leute gibt es«, bestätigte Orme.
    Sie wandten sich wieder der Planung ihrer Strategie zu, die sie so gestalten wollten, dass sie nicht nur die Diebe auf den Passagierbooten erwischten, sondern auch zu dem verborgenen Drahtzieher geführt wurden. Monk und Orme hofften beide von ganzem Herzen, dass es Fat Man war.
    »Es wird aber gefährlich«, warnte Orme. »Könnte ein hässliches Ende nehmen.«
    Monk lächelte. »Ja, gut möglich. Diese Geschichte hatte von Anfang an etwas Hässliches an sich.«
    Er rechnete mit einer Antwort, vielleicht sogar einem Widerspruch, doch Orme blieb stumm. Warum? Verstand er nicht, worauf Monk angespielt hatte, oder wusste er bereits die Antwort? Warum sollte er Monk, einem Neuling bei der Wasserpolizei, trauen? Er kannte ihn ja so gut wie nicht. Noch nie hatten sie sich gemeinsam einer echten Gefahr gestellt – es hatte ein wenig aufgewühltes Wasser gegeben, gelegentlich eine führerlose Barke, die Arbeit bei Nacht, wenn ein Fehltritt in der Dunkelheit tödliche Folgen haben konnte. Doch das alles reichte nicht, um den Mut und die Verlässlichkeit eines Mannes auf die Probe zu stellen. Vertrauen musste man verdienen, und nur ein Dummkopf legte sein Leben blind in die Hände eines anderen.
    Oder schützte Orme am Ende jemanden? Wollte er, dass Monk spektakulär scheiterte, damit er an seine Stelle rücken konnte? Verdient hätte Orme das auf jeden Fall. Die Männer vertrauten ihm. Durban hatte ihm vertraut. Und das brachte Monk wieder auf die alte Frage: Warum hatte Durban ihn und nicht Orme für

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