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Das dunkle Labyrinth: Roman

Das dunkle Labyrinth: Roman

Titel: Das dunkle Labyrinth: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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hatte; in den Jahren seither hatte er das jedenfalls nie tun müssen. Als Detective war er ein höherer Beamter, kein Polizist in Uniform. Doch jetzt war es zu spät, sich zu fragen, ob er dieser Sache gewachsen war, ob er stark genug, schnell genug war, ob er überhaupt mit einem Dolch umgehen konnte.
    Er folgte den Männern in den kalten Wind hinaus. Jeder kannte sowohl seine Aufgabe als auch den groben Plan und war auf Überraschungen vorbereitet. Sie waren startklar. Mehr gab es nicht zu sagen.
    Am Kai verteilte Orme die bewaffneten Männer auf drei Boote, in denen sie f lussaufwärts losruderten. Monk und die anderen zwei als Zivilisten ausstaffierten Beamten nahmen einen Hansom nach Westminster, von wo sie an Bord der nächsten Fähre nach Greenwich gingen.
    Die Strömung war träge, aber der Wind eisig. Als die Fähre ablegte, rettete sich Monk nur zu gerne mit den anderen Passagieren in die überfüllte Kabine unter Deck. Mindestens fünfzig Personen waren an Bord: Männer, Frauen und mehrere Kinder. Alle waren in dicke Wintermäntel und Schals gehüllt, die reichlich Platz boten, um die Beute aus geplünderten Taschen zu verstecken. Ein korpulenter Herr trug seinen mit Pelz besetzten Mantel offen, sodass die Schöße beim Gehen wippten. Er hätte mindestens ein halbes Dutzend Zuckertüten an sich verbergen können, ohne dass etwas aufgefallen wäre.
    Eine dünne Frau mit mächtigen Schals schimpfte drei Kinder aus, die ihr gefolgt waren. Sie sah aus wie eine völlig normale Hausfrau, doch Monk war sich dessen bewusst, dass sie genauso gut eine Helfershelferin sein konnte, die von einem Taschendieb unauffällig Waren zugesteckt bekam, bis er in Sicherheit war und die Beute zurücknehmen konnte. Sie würde später ihren Anteil erhalten.
    Falls niemand Monk auf dem Weg nach Greenwich bestahl, sah der Plan vor, dass er mit einem der als Passagiere gekleideten Polizisten ein Gespräch beginnen und ihm die Schnitzerei zeigen sollte, als hätte er die Absicht, sie ihm zu verkaufen. Der Polizist sollte dann mangelndes Interesse erkennen lassen, und Monk würde nach Westminster zurückfahren. Alles hatten sie bedacht, nur eines weigerte sich Monk in Betracht zu ziehen: dass Diebe die Figurine unbemerkt einsteckten und damit entwischten.
    Das Boot hielt an mehreren Stegen, an denen immer wieder jemand aussteigen und verschwinden konnte. Wenn die Diebe zu früh festgenommen wurden, war die ganze Operation fehlgeschlagen. Die Polizei hätte zwar die Missetäter – die Handlanger -, nicht aber den Kopf der Bande.
    Ein Mann stieß mit Monk zusammen, murmelte eine Entschuldigung und entfernte sich.
    Monks Hand wanderte zur Tasche. Die Schnitzerei war noch da.
    Dasselbe geschah in der drangvollen Enge der Kabine wieder und wieder. Monk war inzwischen so nervös, dass seine Finger ganz steif waren und zitterten.
    Butterworth lief in ihn hinein und entschuldigte sich. Dabei benutzte er das Codewort, das Monk zu verstehen gab, dass er ausgeraubt worden war. Warum war die Figurine noch nicht weg? Ohne sie würden sie Fat Man nicht finden!
    Mittlerweile hatten sie die Surrey Docks hinter sich gelassen und hielten auf Limehouse Reach zu.
    Zehn Minuten später war Monks Tasche leer, und er hatte nichts gespürt! Panik schlug wie eine Welle über ihm zusammen, er brach in Schweiß aus, der ihn erst frösteln ließ und dann auf der Haut brannte. Er hatte keine Ahnung, wer ihm die Schnitzerei gestohlen haben könnte, nicht einmal, ob es ein Mann oder eine Frau gewesen war. Er wirbelte herum. Wo steckte Butterworth?
    »Dünner Mann, Schnauzer, trauriges Gesicht, wie eine Ratte«, raunte Constable Jones, der dicht neben ihm stand. »Dort drüben, bei den Stufen zum Deck.«
    Monk stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Auf einmal fehlte ihm die Kraft, seine Lungen mit genügend Luft zu füllen. Sollte er vorgeben zu wissen, wer es gewesen war? Doch die Lüge erstarb ihm auf den Lippen. Jones würde ihm anmerken, dass das nicht stimmte. So sagte er nur: »Danke. Auf ihn müssen wir achten. Die anderen sind nicht wichtig.«
    Butterworth stand knapp zwei Meter von dem Mann mit dem Schnauzer entfernt. Er tat so, als suche er etwas in der Manteltasche, doch seine Augen waren auf den Mann gerichtet. Er hatte es auch gesehen. Er und Jones waren beide gut und schneller als Monk.
    Das Boot erreichte die Dog and Duck Stairs, und der Mann mit der Schnitzerei stieg aus. Monk, Jones und Butterworth und ein halbes Dutzend anderer Männer gingen

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