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Das dunkle Labyrinth: Roman

Das dunkle Labyrinth: Roman

Titel: Das dunkle Labyrinth: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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das Gelände erst vorsichtig mit der Fußspitze, ehe sie ihn aufsetzten. Die verfaulten Holzplanken konnten leicht durchbrechen, und überall ragten scharfe Splitter aus dem Schlamm. Die Diebe vor ihnen hatten festen Boden erreicht. Es waren insgesamt zehn.
    Monk hatte jetzt einen Dolch. Orme hatte ihn ihm in die Hand gedrückt. Die Waffe fühlte sich fremd, aber äußerst beruhigend an. Er hoffte bei Gott, er würde damit umzugehen wissen, wenn er dazu gezwungen war.
    Sie setzten ihren Weg fort, acht Männer von der Wasserpolizei bei einem Schlag gegen eine unbekannte Zahl von Dieben und möglicherweise auch deren Hehler. Inzwischen hatten sie die ersten Gebäude erreicht, die Reste verlassener Lagerhäuser, deren Keller längst überflutet waren. Der säuerliche Gestank von Schlamm, Kot, Müll und toten Ratten setzte sich in den Atemwegen fest und verursachte einen Brechreiz. Alles schien sich zu bewegen; um sie herum tropfte und knarzte es, als würde das Gebäude unerbittlich langsam im Schlamm versinken.
    Eine Ratte huschte vorbei, ihre Krallen kratzten auf den Planken, dann plumpste sie in eine Pfütze, und die leeren Geräusche der Nacht umgaben die Männer wieder. Hier gab es kein lebendiges Plätschern von Wasser, nur das Stöhnen auseinanderbrechender und immer weiter absackender Holzbalken.
    Von vorn drangen Lichter und Stimmen zu ihnen. Mit dem Dolch in der Hand stand Monk hinter dem Türpfosten und versuchte, etwas zu sehen. Er konnte die Umrisse von neun kauernden Gestalten erkennen, die in der Dunkelheit kaum von irgendwelchen Mauerresten zu unterscheiden waren, aber den Burschen mit der Elfenbeinschnitzerei sah er trotzdem.
    Monk erstarrte und wagte kaum noch zu atmen. Die Worte waren nicht zu verstehen, aber dass die Beute aufgeteilt wurde, war klar. Er spürte einen Knoten im Magen, als er sah, wie viel die Männer vor sich liegen hatten – mehr, als er sich hätte vorstellen können.
    Er wartete. Orme war irgendwo links von ihm, Butterworth stand zu seiner Rechten, Jones und die anderen waren in gro ßem Bogen um die Versammlung geschlichen, um sie einzukreisen.
    Die Diebe stritten darüber, wie die Elfenbeinschnitzerei verkauft werden sollte. Eine Einigung schien nicht in Sicht. Es waren insgesamt neun, nicht zehn Männer. Monk musste sich vorhin verzählt haben. Die Kälte drang ihm bis in die Knochen, seine Füße waren taub, und er klapperte mit den Zähnen. Die Anzahl der Männer sprach gegen sie. Er hatte nur sieben Polizisten. Aber die Diebe waren auch nicht so wichtig. Die Figurine war alles, worauf es ankam. Sie und Fat Man.
    Monk unterdrückte ein Husten. Er erstickte schier an dem fauligen Gestank des Schlamms.
    Warum einigten sich die Kerle nicht auf das Naheliegende und überreichten die Schnitzerei Fat Man? Er war der König unter den Hehlern. Er würde ihnen den besten Preis zahlen, weil er in der Lage war, einen Käufer zu finden.
    Aber jetzt stimmten sie doch tatsächlich dagegen! Sie wussten, dass er die Hälfte für sich behalten würde, und darum wollten sie sich selbst um den Verkauf kümmern! Das würde heißen, dass Monk nur die Schnitzerei zurückbekäme und sich mit ein paar Handlangern zufriedengeben müsste. Damit wäre den Räubereien für ein, zwei Wochen ein Ende gesetzt, aber was war das schon wert? Unwillkürlich wandte er sich zu Orme um. Für einen kurzen Augenblick sah er im matten Licht der Kerzen, die die Diebe aufgestellt hatten, sein Gesicht. Es war vor Enttäuschung zusammengekniffen, als fühlte Orme sich persönlich für die Niederlage verantwortlich.
    Wieder rannte eine Ratte vorüber. Und plötzlich war noch ein anderer Laut zu vernehmen, gedämpfter und schwerer. Monks Herz pochte zum Zerspringen. Orme drehte sich im selben Moment um wie er, und sie sahen den Schatten eines Mannes mit den schiefen Mauern verschmelzen und sich im Dunkeln auflösen.
    Monk wirbelte in die andere Richtung herum. Fünf Meter weiter rechts stand Butterworth wie zur Salzsäule erstarrt da. Auch er hatte etwas gehört und lauschte angestrengt, allerdings nicht in die Richtung, in die Monk den Mann hatte verschwinden sehen.
    Monk fror. Seine Hand, die den Messergriff umklammert hielt, fühlte sich an wie ein Eisklumpen. Er zitterte am ganzen Körper.
    Er hatte sich also doch nicht getäuscht. Es waren zehn gewesen, aber einer hatte sich entfernt, um seine Gefährten zu verraten. An wen?
    Die Antwort zeichnete sich bereits im flackernden Licht der Kerzen ab. Ein grotesk fetter

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