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Das dunkle Labyrinth: Roman

Das dunkle Labyrinth: Roman

Titel: Das dunkle Labyrinth: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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diese Stelle empfohlen? Das ergab doch wirklich keinen Sinn. Während er im böigen Wind in der Dunkelheit dastand und das Wasser gegen die Steinstufen klatschte, fühlte er sich schutzlos wie jemand, der nackt dem Licht ausgesetzt ist.
    Dennoch wagte er die Frage: »Wer hat das Gerücht ausgestreut, dass wir korrupt sind? Von irgendjemandem muss es doch stammen.«
    »Keine Ahnung, Sir.« Ormes Stimme war leise, doch hart. »Aber ich werde es todsicher rausfinden!«
    Sie hörten das Boot gegen die Stufen schlagen. Es war höchste Zeit, die Patrouille fortzusetzen. Keiner sagte etwas. Der Plan sollte am nächsten Nachmittag in die Tat umgesetzt werden. Sie hatten noch vieles zu überprüfen und vorzubereiten.
     
    Damit sie Fat Man überführen konnten, mussten sie ihn mit irgendetwas ködern. Dazu mussten die Diebe zunächst etwas stehlen, das sie weder – wie Geld – untereinander aufteilen noch – wie ein Schmuckstück – auseinanderbrechen konnten, um die Edelsteine einzeln zu verkaufen. Vielmehr musste es etwas sein, das nur als Ganzes von Interesse war und zugleich so ungewöhnlich und wertvoll, dass ein einfacher Dieb keinen Käufer dafür finden würde.
    Monk und Orme hatten Farnhams Genehmigung erhalten, eine exquisite, mit Gold besetzte Elfenbeinschnitzerei auszuleihen. Unversehrt war sie ein Vermögen wert, zerbrochen nur noch das Goldgewicht, und das war erstaunlich wenig. Ein Taschendieb würde auf den ersten Blick erkennen, dass er für lange Zeit ausgesorgt hatte, wenn er beim Hehler einen guten Preis aushandelte.
    Farnham hatte darauf bestanden, dass Monk die Schnitzerei am eigenen Leib trug.
    »Ihr Äußeres passt ja dazu«, sagte er und kräuselte die Lippen, als er ihm die in weiches Chamoisleder gehüllte Figurine überreichte. Seine Augen wanderten über Monks edel geschnittenes Jackett und das weiße Hemd mit dem um den Kragen geschlungenen Seidentuch, um sich auf die Hose und die polierten Stiefel zu senken. Kleider wie diese waren ein Erbe aus Monks früheren Jahren vor dem Unfall, als er den größten Teil seines Geldes beim Schneider gelassen hatte. Sie entsprachen nicht irgendeiner kurzlebigen Mode, sondern zeugten von zeitloser Eleganz und altem Geld, kurz, von einem Geschmack, der angeboren war und nicht dazu diente, andere zu blenden. Farnham mochten zwar die Begriffe für diese Kleidung fehlen, aber er verstand, was sie ausdrückte. Dass ein Untergebener so etwas trug, gehörte sich nicht, und deshalb wurde Monk bei seinem Lächeln unbehaglich zumute. Dann fiel ihm ein, dass auch Runcorn seine Ausstattung verabscheut hatte, woraufhin er noch unruhiger wurde.
    »Danke, Sir.« Er nahm die Schnitzerei entgegen und steckte sie in die Innentasche seines Jacketts. Es entstand eine kleine Ausbeulung, sodass der Stoff nicht mehr ganz so tadellos aussah.
    »Passen Sie gut darauf auf, Monk!«, warnte ihn Farnham. »Wenn Sie das verlieren, wird die Wasserpolizei ohne viel Federlesens aufgelöst! Da wir ohnehin schon im Gerede sind, wird uns niemand mehr glauben, dass wir es nicht selbst gestohlen haben!«
    Monk hatte ein flaues Gefühl im Magen. Lief er sehenden Auges in eine Falle und war zu dumm, sie zu vermeiden? Oder war er schon so sehr in die Enge getrieben worden, dass er ihr gar nicht mehr ausweichen konnte?
    »Ja, Sir«, krächzte er mit zugeschnürter Kehle.
    »Orme wird Ihnen nachher noch einen Dolch geben«, erklärte ihm Farnham. »Wir können Sie nicht mit einer Pistole losgehen lassen. Ein Dieb würde das bemerken und sofort wissen, dass was nicht stimmt. Wirklich ein Jammer, dass Sie so angreifbar sind. Aber das lässt sich nun mal nicht vermeiden.« Um seinen Mund spielte immer noch dieses schmallippige Lächeln, das seine Zähne so gut wie nicht entblößte. »Viel Glück.«
    »Danke.« Monk drehte sich um und ging ins Vorzimmer, wo die anderen Männer auf ihn warteten. Zwei waren wie Passagiere gekleidet und sollten die Diebe unbemerkt beobachten. Die anderen sollten in ihren Booten in der Nähe bleiben, damit sie sofort die Verfolgung aufnehmen konnten, falls jemand über Wasser zu entkommen suchte.
    Orme nickte seinen Männern zu und gab das Zeichen zum Aufbruch. Monk bekam jäh einen trockenen Mund, als er sah, dass jeder einen Dolch unter dem Gürtel stecken hatte. Drei trugen zusätzliche Waffen, die sie den Kollegen in Zivil geben sollten, falls die Operation eskalierte. Monk konnte sich nicht erinnern, ob er in der Zeit vor seinem Unfall je Mann gegen Mann gekämpft

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