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Das dunkle Labyrinth: Roman

Das dunkle Labyrinth: Roman

Titel: Das dunkle Labyrinth: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Taschentuch, um sein Lachen zu verbergen.« Sie bekam einen Schluckauf, den sie ignorierte und versuchte, die Augen auf Hester zu richten, was ihr nicht ganz gelang. »Aber das können Sie nicht verstehen. Sie haben zu viel Zeit bei der Armee verbracht.«
    »O Gott!«, stöhnte jemand.
    Jemand anderer begann zu kichern und konnte nicht mehr aufhören. Im Gegenteil, es wurde zu einem hysterischen und immer schrilleren Lachen.
    Rose war sturzbetrunken. Sie musste mehr in sich hineingekipppt haben, als Hester mitbekommen hatte. War das die schreckliche Schwäche, vor der Morgan Applegate sie zu bewahren versucht hatte? Hatte er eine Vorstellung davon, wie sie sein konnte? Was sie da so entsetzlich laut von sich gab, war einfach verheerend! Und das Schlimmste war, dass es natürlich zutraf und jeder insgeheim dasselbe dachte.
    Rose klemmte sich wieder die Geige unters Kinn. Die Pianistin wartete mit halb bestürzter, halb verzückter Miene. Diesen Abend würde sie wahrscheinlich ihr Leben lang nicht vergessen.
    Hester war verzweifelt. Der Abend war völlig außer Kontrolle geraten, und trotzdem verbiss sie sich nur mit Mühe ein Lachen. Sie platzte nur deshalb nicht los, weil sie wusste, dass Roses Ruf zerstört war. Sie riss ihr den Bogen aus der Hand, wobei sie ihn nicht gerade behutsam anfasste, und legte ihn zur Seite. Die Geigerin lag immer noch ohnmächtig auf dem Boden. Jemand wedelte mit einem Fächer erfolglos vor ihrem Gesicht. Die Cellistin hatte sich in Luft aufgelöst.
    »Sie gehen jetzt heim, weil Sie hier nicht mehr willkommen sind«, befahl Hester Rose, so streng sie konnte. »Legen Sie diese Geige hin und hängen Sie sich bei mir ein. Tun Sie, was Ihnen gesagt wird.«
    »Ich dachte, wir könnten ein Spiel spielen«, protestierte Rose. »Farce, zum Beispiel – was meinen Sie? Oder vielleicht doch nicht. Das spielen wir ja ohnehin die ganze Zeit. Dann lieber Blinde Kuh? Wir könnten uns alle anfassen, aneinanderstoßen und uns die Hübschesten oder Reichsten schnappen … Nein, das kennt man auch … Wird ja ständig gemacht. Was schlagen Sie also vor?« Erwartungsvoll strahlte sie Hester an.
    Der wurde es heiß um die Ohren. »Kommen Sie jetzt mit nach Hause«, stieß sie zwischen den Zähnen hervor. Plötzlich packte sie eine unbändige Wut, weil hier auf so sinnlose Weise ein Ruf ruiniert wurde. »Sofort!«
    Nicht so sehr die Worte, als vielmehr der Ton schüchterte Rose ein. Sie gehorchte widerstrebend.
    Hester legte einen Arm um Rose und ergriff sie mit der freien Hand am Unterarm. Auch wenn es unbeholfen aussah, gelang es ihr, sie zum Rand des Podests zu führen. Dort aber schätzte Rose die Entfernung zur Stufe falsch ein, stolperte über ihren Rock und kippte vornüber. Sie riss Hester mit sich und streckte im letzten Moment vor dem Aufprall die Arme aus, sodass der Sturz ein wenig abgefangen wurde.
    Hester krachte auf den Boden und fühlte alle Luft aus den Lungen entweichen. Mehrere Sekunden lang blieb sie keuchend liegen – ein Umstand, der sie davor bewahrte, einen Ausdruck zu benutzen, der ihr seit ihrer Zeit bei der Armee nicht mehr über die Lippen gekommen war. Schließlich war sie so weit, die Röcke zu entwirren und sich aufrappeln zu können, ohne sich in Roses Kleidern zu verheddern und gleich wieder hinzufallen. Zum Lachen war ihr nicht mehr zumute. »Aufstehen!«, befahl sie wütend.
    Langsam wälzte sich Rose auf die Seite und setzte sich auf. Einen Moment lang wirkte sie benommen, dann brach sie erneut in Lachen aus.
    Hester beugte sich über sie, packte sie an der Hand und zog mit einem festen Ruck. Rose rutschte vor, blieb aber sitzen.
    Jetzt löste sich Alan Argyll aus der Menge. Alle taten so, als wäre nichts geschehen, wobei sie entweder verstohlen zu dem Spektakel herüberschielten oder es krampfhaft vermieden hinzuschauen.
    »Um Himmels willen, bringen Sie sie hier raus!«, knurrte Argyll Hester an. »Stehen Sie nicht so da. Auf die Füße mit ihr!« Er beugte sich über Rose und zerrte sie hoch. Als ihre Knie einsackten, warf er sie sich kurzerhand über die Schultern und trug sie zur Tür. Hester blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen.
    Draußen war es ein Leichtes, nach Roses Kutscher zu schicken. Zehn Minuten später verfrachtete Argyll sie ins Innere ihrer Kutsche.
    »Ich nehme an, dass Sie mitfahren?« Er maß Hester mit einem verächtlichen Blick. »Sie scheinen ja auch mit ihr gekommen zu sein. Jemand muss das ihrem Mann beibringen. Sie kann das unmöglich

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