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Das dunkle Labyrinth: Roman

Das dunkle Labyrinth: Roman

Titel: Das dunkle Labyrinth: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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vor zwei Tagen gestorben, und wir alle sind zutiefst bestürzt und auch empört. Ich habe nie geglaubt, dass ihr Tod so einfach gewesen sein soll, wie es dargestellt wird. Sie wäre zu so etwas nicht bereit gewesen. Nie.«
    »Meine Liebe …«, begann Applegate.
    Sie fuhr ihm nicht mit einem »Schscht!« über den Mund, aber es lief darauf hinaus. Man konnte sehen, dass er ihr ergeben war und sie sich ihm nicht beugen würde, wenn sie etwas mit Leidenschaft verfolgte.
    Die Erkenntnis traf Hester wie ein Blitz. »Mary Havilland!«, rief sie. »Sprechen Sie von Mary Havilland?« Nach dem Wenigen, was ihr Monk über die Toten am Fluss erzählt hatte, deutete alles darauf hin.
    Morgan Applegate und Rose wechselten einen entsetzten Blick, dann sahen sie wieder Hester an. Rose war blass geworden, ihre braunen Augen verrieten Sorge. »Hat sich die Nachricht so schnell verbreitet?«, flüsterte sie.
    Applegate legte ihr in einer beschützenden Geste zärtlich eine Hand auf den Arm.
    »Nein«, antwortete Hester und senkte sogleich die Stimme, weil sie bei dem Ehepaar echten Schmerz spürte, der noch lange nicht verheilt war. »Ich weiß es nur, weil mein Mann bei der Wasserpolizei arbeitet und sogar mit eigenen Augen zusehen musste, wie es geschah.«
    Rose schnappte unwillkürlich nach Luft, und Applegate drückte ihren Arm fester. Hester sah, dass ihnen noch mehr Fragen auf der Zunge lagen, die sie jedoch aus Angst vor einer Antwort, die jede Hoffnung ausschloss, nicht zu stellen wagten.
    »Er ist sich nicht sicher, was genau geschehen ist«, fuhr Hester fort. »Aus der Entfernung konnte er es nicht richtig erkennen. Und außerdem musste er nach oben schauen.«
    Sie wusste, warum es Monk so sehr widerstrebte, den Fall als gelöst zu betrachten, aber sie konnte diesem Paar unmöglich von ihrem eigenen Verlust erzählen. Sie hatte gedacht, der Schmerz sei überstanden, solange sie nicht an der Wunde rührte. Sie hatte sich alle Mühe gegeben, sich nicht an das Gesicht ihres Vaters zu erinnern. Das hatte sich erst geändert, als ihr klar geworden war, dass Monk sie tief genug liebte, um die Furcht vor den klaffenden Abgründen des Unbekannten in sich selbst abzuschütteln und sich ihm wie auch den damit verbundenen Gefahren zu stellen. So etwas wie Sicherheit gab es nicht, es sei denn, man ließ nichts an sich heran, was einem Schmerzen oder auch Freude bereiten konnte. Und jetzt kehrten plötzlich Erinnerungen zurück, ein Wort, ein Tonfall, eine Geste, und sie war wieder in der Vergangenheit, und ihr Vater war noch am Leben.
    »Er versucht, die Wahrheit herauszufinden«, erklärte sie. »Falls es eben doch nicht so einfach war, wie es schien.«
    Rose blinzelte. »Sie meinen … dass es vielleicht doch nicht als Selbstmord bewertet wird?« In ihren Augen leuchtete Hoffnung auf. »Nie und nimmer hätte sie sich umgebracht! Dafür lege ich meine Hand ins Feuer!«
    »Rose …«, begann Applegate.
    Sie schüttelte ihn ungeduldig ab, ohne den Blick von Hester zu wenden. »Wenn Sie Mary gekannt hätten, brauchte ich Ihnen das nicht zu sagen. Sie hatte zu viel Mut, um aufzugeben. Dazu war sie einfach nicht bereit! Sie war zu … zu wütend, um sie damit davonkommen zu lassen!«
    Hester sah Applegate zusammenzucken. Gleichwohl wurde immer deutlicher, dass dieser Mann nichts gegen die Leidenschaftlichkeit seiner Frau ausrichten konnte und auch gar nicht wollte. Wenn sie ihrer Meinung so lebhaft Luft machte, dann lag das an ihrem Temperament und war Teil dessen, was er an ihr liebte. »Worauf war sie wütend?«, fragte Hester. »Auf die Umstände oder auf Menschen? Der Big Stink war entsetzlich. So etwas dürfen wir nicht noch einmal zulassen! Und noch schlimmer war das Typhusfieber. Viele unserer Soldaten sind auf der Krim daran gestorben. Ich würde es nicht mal dem Teufel wünschen!«
    »Ach, ich weiß, warum wir die neuen Abwasserkanäle bauen müssen«, stimmte Rose zu. »Aber Mary war sich sicher, dass einige der Maschinen ohne Rücksicht auf die Sicherheit der Arbeiter eingesetzt werden. Manche Leute sind so darauf versessen, schneller zu arbeiten als ihre Konkurrenten, dass sie die Vorschriften nicht mehr einhalten. Früher oder später werden ihre Männer den Preis dafür bezahlen müssen. Sie wissen über den Einsturz am Fleet-Kanal Bescheid? Aber natürlich. Es stand ja in allen Zeitungen. Das wird nichts im Vergleich zu dem sein, was passieren kann, wenn...«
    »Rose, das weißt du doch nicht!« Zum ersten Mal schnitt ihr

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